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Vergessener Jahrestag: 100 Jahre gesetzliche Zahlungsmittel

11.11.2009  |  Prof. Antal E. Fekete
Ansprache anlässlich eines Fund-Raising-Dinners zu Gunsten der Ficino School, Auckland, Neuseeland am 28. Oktober 2009

Das Jahr 2009 wird ganz sicher zu Ende gehen, ohne dass dem hundertsten Jahrestag eines der bedeutsamsten Ereignisse in der Geschichte gedacht wird - ein Ereignis, das als Hauptursache der Großen Finanzkrise des Jahrhunderts hervorsticht. Bei diesem Ereignis handelt es sich um die rechtliche Fixierung von sogenannten gesetzlichen Zahlungsmitteln im Jahr 1909. Die Banknoten der Banque de France und der Deutschen Reichsbank wurden per gesetzliches Dekret zum offiziellen Zahlungsmittel gemacht, zuerst in Frankreich und dann kurze Zeit später auch im kaiserlichen Deutschland. Der Rest der Welt folgte ihrem Beispiel. Auf diese Weise wurden alle Hürden beseitigt, um in der Folgezeit den anstehenden Weltkrieg über Kredite zu finanzieren und die resultierenden Schulden über die Ausgabe von Banknoten zu monetisieren.

Dies zog jedoch auch nicht beabsichtigte Folgen nach sich, denn damit wurden alle Anstrengungen zunichte gemacht, einen Krieg, das damit einhergehende schreckliche Blutvergießen und auch die Zerstörung von Eigentum durch wirksamere Diplomatie abzuwenden. Die Kriegsparteien in beiden Ländern hatten einen großen Sieg errungen. Friedensangelegenheiten erlitten eine entscheidende Niederlage.

Bitte beachten Sie, dass ich gerade "rechtliche Fixierung von sogenannten gesetzlichen Zahlungsmitteln" sagte, denn in diesem Kontext wurde die eigentliche Bedeutung der Formulierung "gesetzliches Zahlungsmittel" brutal verzerrt. Vor 1909 hatten gesetzliche Zahlungsmittel nicht Zwanghaftes an sich. Banknoten befanden sich als Geld im Umlauf, ihre Akzeptanz war jedoch vollkommen freiwillig. Die Menschen besaßen aber das uneingeschränkte Recht, diese Banknoten in die althergebrachte, landesübliche Währungsform einzutauschen - sprich in Goldmünzen. Konnte die Bank dies nicht gewährleisten, dann war sie technisch gesehen in Zahlungsverzug und musste die Konsequenzen dafür tragen.

Die ursprüngliche Bedeutung von "gesetzliches Zahlungsmittel" bezog sich einfach nur auf eine Toleranznorm, die hinsichtlich des Verschleißes von Goldmünzen galt. Münzen, die der Toleranznorm entsprachen, wurden entweder Stück für Stück abgezählt - ihr Wert richtete sich dann nach der abgezählten Menge - sehr vorteilhaft und zweckmäßig. Bei anderen umlaufenden Münzen war das Gewicht entscheidend: Jede einzelne Münze musste abgewogen werden - sehr unvorteilhaft und unzweckmäßig.

Diese Unterschiede waren jedoch von keinerlei rechtlichem Zwang begleitet. Die Prägeanstalt wechselte die Goldmünzen, die innerhalb dieser Toleranznorm lagen, gegen frisch geprägte, ganze Goldmünzen ein. Dem Empfänger entstanden dabei keine Kosten. Der Staat übernahm den Verlust und bestritt diesen aus seinen allgemeinen Einnahmen. Mit den entstehenden Kosten wurde nicht anders umgegangen als mit den Kosten, die dem Staat bei der Instandhaltung des nationalen Straßensystems entstanden. Nicht nur, dass die rechtlichen Bestimmungen zu gesetzlichen Zahlungsmitteln keinen Rechtszwang darstellten, eine öffentliche Dienstleitung wurde zudem auch noch gebührenfrei vom Staat übernommen. Das war die Bedeutung des Begriffes "gesetzliches Zahlungsmittel" vor 1909.

Führen Sie sich die heimliche Bedeutungsveränderung vor Augen, die mit der rechtlichen Fixierung von gesetzlichen Zahlungsmitteln im Jahr 1909 einherging. Ein öffentlicher Nutzen wurde durch einen öffentlichen Zwang ersetzt. Zwei Staaten mit dem größten Kriegspotential der Welt führten Zwang ein und nötigten ihre Untergebenen, Schulden als Geld zu akzeptieren. So etwas hatte es in der Geschichte zuvor noch nicht gegeben. Die Regierungen zwangen im Besonderen das Militär und auch ihre Beamten, die Papierversprechen als einziges Zahlungsmittel für die geleisteten Dienste zu akzeptieren.

Und natürlich ist der Begriff "gesetzliches Zahlungsmittel" in dieser Hinsicht ein Oxymoron. Ein Zahlungsversprechen, dass gleichzeitig auch endgültige Zahlungsform ist, ist kein Versprechen. Es ist ein Ukas. Hierbei handelte es sich um einen reaktionären Schritt, der darauf abzielte, die unbegrenzte Steigerung der monetären Umlaufsmengen zu vereinfachen - ungeachtet der Goldreserven. Das wiederum ermöglichte die Finanzierung der kommenden Kriege durch staatliche Kredite, von denen viele unverzinst waren und ohne Laufzeitbegrenzung. Ohne Übereinkunft wurden die entstehenden Lasten wurden auf die Schultern des Volkes abgewälzt.

Die Maßnahme wurde als unschuldige Änderung des Wirtschaftsgebarens ausgegeben. Über die Weisheit dieser Entscheidung gab es keine öffentlichen Debatten. Zur damaligen Zeit konnte keiner die Unheil bringenden Konsequenzen absehen. Niemand unterstellte dem Staat irgendwelche schlechten Absichten. Um guten Willen unter Beweis zu stellen, durften die Goldmünzen noch weitere fünf Jahre im Umlauf bleiben. Die Banken zahlten diese wie üblich aus - ohne Beanstandungen.

Das Horten von Goldmünzen stieg nicht merklich an; ein Zeichen dafür, dass das Volk seiner Regierung bedingungslos vertraute. Als 1914 schließlich der Krieg ausbrach, verkündeten die "August-Gewehrsalven" die Spätwirkungen der rechtlichen Fixierung gesetzlicher Zahlungsmittel. Mit einem Mal tauchten alle Goldmünzen unter. Die Banken lehnten jegliche Auszahlung in Gold ab. Ohne Einwände stimmten die Mitglieder der Legislative, einschließlich aller sozialistischen Abgeordneten, für die Kriegskredite, die Regierung gefordert hatte.




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