Dirk Müller: Wir befinden uns in der Endphase vor dem Reset
01.03.2012 | Harald Weygand
Dirk Müller spricht im Interview über die europäische Schuldenkrise, die Zukunft des Euro und darüber, dass der Bürger im bestehenden System "schlicht und ergreifend immer der Dumme“ ist.
Herr Müller, ist der Euro daran schuld, dass sich viele Länder nun in einer solch misslichen Lage befinden?
Hauptproblem ist die massive Überschuldung des gesamten Systems, weltweit. Wir in Europa haben mit dem Euro aber auch noch ein hausgemachtes Problem. Die Einführung des Euro ist ohne solides Fundament im Sinne einer gemeinsamen Steuer- und Finanzpolitik erfolgt und dahingehend ein Fehler gewesen. Die Wirtschaftskraft der Länder und deren nationale Währungen müssen im Einklang zueinander stehen. Der Euro ist für Deutschland ein bisschen zu schwach, für die Peripherie jedoch viel zu schwer. Wenn Länder in Eigenverantwortlichkeit handeln sollen, brauchen sie auch ihre eigene Währung.
Wie sehen Sie dann die Zukunft des Euro?
Momentan hält die Politik noch mit aller Macht am Euro fest. Die Gemeinschaftswährung war ja nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein politisches Vorhaben. Daher versucht man dieses nun noch so lange wie möglich am Leben zu erhalten. Allzu lange wird das aber nicht mehr dauern, denn dafür bräuchte man eine umfangreiche Transferunion, in der reiche Länder wie Deutschland jährlich Transferleistungen in zweistelliger Milliardenhöhe leisten müssten. Wirklich vorstellbar ist das nicht und gewollt schon gar nicht.
Die andere Variante wäre eine jahrzehntelang andauernde absolute Demokratisierung Europas durch neue Wahlen, Gesetze und Verträge, um so ein föderalistisches System zu schaffen - die "Vereinigten Staaten von Europa“. Das ist allerdings absolute Utopie, die sich niemals realisieren wird. So bleibt für mich nur die letzte Option: Eine Auflösung des Euro in seiner jetzigen Form und eine komplette oder teilweise Rückkehr zu nationalen Währungen.
Heißt das, wir würden also wieder unsere D-Mark zurückbekommen?
Vorstellbar ist das auf jeden Fall. Eine andere interessante Idee wäre ein Nord- oder Kerneuro mit Mitgliedsstaaten auf Augenhöhe. Hier ließe sich eine gemeinsame Wirtschaftspolitik einfacher durchsetzen und diese neu geschaffene Währung wäre dann auch eine der stabilsten der Welt.
Wäre das für Deutschlands Export nicht tödlich?
Dieses Argument kommt natürlich oft. Deutschland war aber auch schon zu Zeiten der sehr starken D-Mark Exportweltmeister. Wir produzieren High-Tech-Produkte, für deren Sicherheit und Qualität die Abnehmer wohl auch gerne bereit sind, ein paar Prozent mehr zu bezahlen. Auf der anderen Seite würde die Bevölkerung der Länder auch von einer Aufwertung ihrer Währung profitieren. Die Kaufkraft ihres Einkommens würde steigen.
Wir bleiben in einem Kerneuro und die Südländer bekommen ihre Drachmen, Peseten und Lire wieder - der Schuldenberg der Länder bleibt doch aber auch nach einem Austritt aus der Eurozone erhalten oder?
Richtig, es gibt für den Staat nur drei Möglichkeiten sich seiner Schulden zu entledigen, und in allen Varianten steht am Ende der Bürger als der Verlierer da. Erstens kann ein klarer Schnitt erfolgen, bei dem man einfach Schulden streicht, so wie jetzt in Griechenland zu sehen. In gleichem Maße werden dabei aber die Vermögen derer beschnitten, die griechische Anleihen halten. Zweitens gibt es die klassische Variante der Schuldenfinanzierung durch Steuererhöhungen. Auch hier steht als aller erstes der Bürger in der Schusslinie.
Die letzte und wahrscheinlich bequemste Variante ist die Entschuldung durch Inflation. Aber genau dafür braucht man eben eine eigene Währung, die man beliebig drucken und dadurch abwerten kann. Positiv gesehen kann man als Volkswirtschaft dadurch wieder ein eigenes Geschäftsmodell entwickeln - beispielsweise würde der Tourismus in den Peripherieländern wieder interessanter werden. Allerdings wird auch hier in erster Linie der Sparer enteignet - vor allem ältere Leute würden hierbei um ihre Altersvorsorge gebracht. Der Bürger ist in unserem System schlicht und ergreifend immer der Dumme.
Herr Müller, ist der Euro daran schuld, dass sich viele Länder nun in einer solch misslichen Lage befinden?
Hauptproblem ist die massive Überschuldung des gesamten Systems, weltweit. Wir in Europa haben mit dem Euro aber auch noch ein hausgemachtes Problem. Die Einführung des Euro ist ohne solides Fundament im Sinne einer gemeinsamen Steuer- und Finanzpolitik erfolgt und dahingehend ein Fehler gewesen. Die Wirtschaftskraft der Länder und deren nationale Währungen müssen im Einklang zueinander stehen. Der Euro ist für Deutschland ein bisschen zu schwach, für die Peripherie jedoch viel zu schwer. Wenn Länder in Eigenverantwortlichkeit handeln sollen, brauchen sie auch ihre eigene Währung.
Wie sehen Sie dann die Zukunft des Euro?
Momentan hält die Politik noch mit aller Macht am Euro fest. Die Gemeinschaftswährung war ja nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein politisches Vorhaben. Daher versucht man dieses nun noch so lange wie möglich am Leben zu erhalten. Allzu lange wird das aber nicht mehr dauern, denn dafür bräuchte man eine umfangreiche Transferunion, in der reiche Länder wie Deutschland jährlich Transferleistungen in zweistelliger Milliardenhöhe leisten müssten. Wirklich vorstellbar ist das nicht und gewollt schon gar nicht.
Die andere Variante wäre eine jahrzehntelang andauernde absolute Demokratisierung Europas durch neue Wahlen, Gesetze und Verträge, um so ein föderalistisches System zu schaffen - die "Vereinigten Staaten von Europa“. Das ist allerdings absolute Utopie, die sich niemals realisieren wird. So bleibt für mich nur die letzte Option: Eine Auflösung des Euro in seiner jetzigen Form und eine komplette oder teilweise Rückkehr zu nationalen Währungen.
Heißt das, wir würden also wieder unsere D-Mark zurückbekommen?
Vorstellbar ist das auf jeden Fall. Eine andere interessante Idee wäre ein Nord- oder Kerneuro mit Mitgliedsstaaten auf Augenhöhe. Hier ließe sich eine gemeinsame Wirtschaftspolitik einfacher durchsetzen und diese neu geschaffene Währung wäre dann auch eine der stabilsten der Welt.
Wäre das für Deutschlands Export nicht tödlich?
Dieses Argument kommt natürlich oft. Deutschland war aber auch schon zu Zeiten der sehr starken D-Mark Exportweltmeister. Wir produzieren High-Tech-Produkte, für deren Sicherheit und Qualität die Abnehmer wohl auch gerne bereit sind, ein paar Prozent mehr zu bezahlen. Auf der anderen Seite würde die Bevölkerung der Länder auch von einer Aufwertung ihrer Währung profitieren. Die Kaufkraft ihres Einkommens würde steigen.
Wir bleiben in einem Kerneuro und die Südländer bekommen ihre Drachmen, Peseten und Lire wieder - der Schuldenberg der Länder bleibt doch aber auch nach einem Austritt aus der Eurozone erhalten oder?
Richtig, es gibt für den Staat nur drei Möglichkeiten sich seiner Schulden zu entledigen, und in allen Varianten steht am Ende der Bürger als der Verlierer da. Erstens kann ein klarer Schnitt erfolgen, bei dem man einfach Schulden streicht, so wie jetzt in Griechenland zu sehen. In gleichem Maße werden dabei aber die Vermögen derer beschnitten, die griechische Anleihen halten. Zweitens gibt es die klassische Variante der Schuldenfinanzierung durch Steuererhöhungen. Auch hier steht als aller erstes der Bürger in der Schusslinie.
Die letzte und wahrscheinlich bequemste Variante ist die Entschuldung durch Inflation. Aber genau dafür braucht man eben eine eigene Währung, die man beliebig drucken und dadurch abwerten kann. Positiv gesehen kann man als Volkswirtschaft dadurch wieder ein eigenes Geschäftsmodell entwickeln - beispielsweise würde der Tourismus in den Peripherieländern wieder interessanter werden. Allerdings wird auch hier in erster Linie der Sparer enteignet - vor allem ältere Leute würden hierbei um ihre Altersvorsorge gebracht. Der Bürger ist in unserem System schlicht und ergreifend immer der Dumme.