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0,25% Zinserhöhung in China und der Finanzmarkt wird nervös, was für Profis ...

20.10.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.40 Uhr) bei 1.3770 nachdem gestern im europäischen Handel Höchstkurse bei 1.3958 und im asiatischen Handel Tiefstkurse bei 1.3699 markiert wurden. Der USD stellt sich gegenüber dem JPY auf 81.40. In der Folge notiert EUR-JPY bei 112.05, während EUR-CHF bei 1.3315 oszilliert.

Die "People's Bank of China" hat den Leitzins erstmalig seit 34 Monaten von zuvor 5,31% auf nun 5,56% angehoben. Der Habensatz wurde identisch von 2,25% auf nun 2,50% angepasst.
  • Diese Zinserhöhung ist einerseits Ausdruck einer angemessenen Bekämpfung inflationärer Tendenzen (siehe Chart)

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  • und andererseits Beleg des Willens der Kontrolle des unverändert hohen Wachstumspfads (siehe Chart).

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Der Aspekt, das Risiko an den Immobilienmärkten unter Kontrolle zu halten, spielt eine nicht unwesentliche Rolle.
  • Schlussendlich ist diese Politik auch Ausdruck einer Erhöhung der Attraktivität des Yuan und unterstreicht damit den sukzessiven, aber latenten Aufwertungsmodus des Yuan (siehe Chart USD-CNY). Daß diese Zinserhöhung vor dem G-20 Treffen in Seoul stattfindet, sollte nicht als Zufall interpretiert werden.

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Die Reaktion am Finanzmarkt ob dieser chinesischen Zinserhöhung ist Ausdruck von Nervosität. Der USD wird erst einmal gekauft. Warum?
  • Weil die USA im Zins ultimativ bei 0% bleiben,
  • die USD Liquidität aggressiv erhöhen
  • und der USD durch die Zinserhöhung der Chinesen attraktiver wird?

Genau das Gegenteil ist der Fall. Haben hier Geister antiautoritärer Finanzmarktphilosophie das Ruder übernommen?

Die Zinserhöhung ist Ausdruck der Stärke Chinas Wirtschaft und nicht Beleg von Schwäche:
  • Wieso werden dann sportlich Aktien abverkauft, obwohl aktuell die internationalen Unternehmensberichte latent positiv überraschen.
  • Noch sensationeller ist der Abverkauf im Edelmetallsektor und am Energiemarkt vor dem Hintergrund, daß China aus einer Position der Stärke agiert.

Das ökonomische Management in China ist nahezu Atem beraubend. Es zeichnet sich dadurch aus, daß der Konjunkturzyklus verstanden wird:
  • In der Krise wird massiv interveniert,
  • in der Erholung wird nicht zu früh die Stimulanz entzogen,
  • im belastbaren Aufschwung wird eine klare Exitstrategie gewählt.

Chinas Politik beweist, daß sie Opportunitäten erkennt.:
  • China hat den Rohstoffmarkt zu Ausverkaufspreisen 2009 (vom Westen …)aufgekauft.
  • China kann im Gegensatz zu Greenspan und Bernanke Risiken der Überhitzung erkennen und werden entsprechend verantwortungsvoll tätig.

  • Alle diese Maßnahmen sind geeignet, das hohe Wachstum Chinas zwischen 7% - 10% zu perpetuieren. Damit ist und bleibt China ein belastbarer Faktor für die weitere Expansion der Weltwirtschaft. Genau das hätte gestern von smarten Finanzmarktteilnehmern diskontiert werden sollen.

    Im Markt wurde kolportiert, daß die Zinserhöhung überraschend war. Vor dem dargestellten Hintergrund nehmen wir dieses Statement für uns nicht in Anspruch. Im Gegenteil war die Zinserhöhung höchste Zeit.

    Nun denn, wir nehmen die Marktreaktionen zur Kenntnis und sind "stolz" auf das Abstraktionsvermögen unserer "Profis" an Finanzmarkt. "Chapeau"!

    Der Chefökonom der Weltbank für den asiatisch-pazifischen Raum Vikram Nehru nahm das Argument Chinas auf und hat darauf hingewiesen, daß die durch die Geldpolitik der USA verursachte hohe Liquidität die realwirtschaftliche Stabilität in Asien bedroht. Wir freuen uns damit in unserer hier gestern dargelegten Einlassung von so hochrangiger Stelle bestätigt zu werden.

    Wenn es einen Angriff am Devisenmarkt gibt, kommt der aus den USA. Diese Umstände sind bedauerlich, da man von den Eliten, die die Weltleitwährung managen, mehr Verantwortungsbewusstsein erwarten sollte und darf.

    Es gilt für die Schwellenländer, aber auch den Rest der Welt, dafür zu sorgen, daß die US-Geldpolitik nicht nachhaltige Risiken für die globale Realwirtschaft generiert. Ergo sind unorthodoxe Sterilisierungen zulässig. Ansonsten würde mit den Erfolgen der globalen Reflationierung der Weltwirtschaft gespielt. Es gilt, das um jeden Preis zu verhindern!

    Die Leistungsbilanz der Eurozone wies per August eine Defizit in Höhe von -10,5 Mrd. Euro aus. Der Vormonatswert wurde von +3,7 auf +3,4 Mrd. Euro revidiert. Die Zahlenreihe ist volatil. Die Gesamtlage bleibt insgesamt unproblematisch.

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    Der deutsche ZEW-Index per Oktober überraschte bezüglich der Konsensusprognose leicht positiv.

    Der Sentimentindex sank von -4,3 auf -7,2 Punkte für Deutschland. Die Prognose lag bei -8,0 Zählern. Das aktuelle Ergebnis lieferte der schwächste Wert seit Anfang 2009.

    Nun denn, da haben die befragten Finanzanalysten halt einen "Blues" bei ihrem Sentiment. Genau dieser „Blues“ ist jedoch in der Bewertung der aktuellen Lage Deutschlands nicht ansatzweise erkennbar. Dort steigt der Index von 59,9 auf nun 72,6 Punkte und markiert damit das höchste Niveau seit September 2007.

    Der Sentimentindex für die Eurozone legt übrigens von -6,3 auf -1,1 zu und markiert damit den höchsten Stand seit Monaten. Sagt uns diese Umfrage, daß für den Fall, daß es der Eurozone besser geht, es Deutschland schlechter geht, weil vielleicht Europa Deutschlands größter Exportmarkt ist? (Ironie!) "Food for thought!" - Finanzprofis sind schon klasse …

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    Die Veröffentlichung der Neubaubeginne per September in den USA setzte gestern positive Akzente. Auf annualisierter Basis kam es zu 610.000 Neubaubeginnen nach 608.000 (revidiert von 598.000). Die Prognose lag bei 580.000. Im Jahresvergleich stellte sich ein Anstieg um 4,1% ein. Dagegen sanken die Baugenehmigungen von zuvor 571.000 auf nun nur noch 539.000. Ergo eröffnet sich hier ein Risiko für die weitere Entwicklung.

    Der Blick auf den Chart verdeutlicht, daß die leichte Erholung erfreulich ist, aber sie stellt noch keine nennenswerte Trendwende dar.

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    Zusammenfassend ergibt sich ein Szenario, das den Euro gegenüber dem USD favorisiert. Ein nachhaltiges Unterschreiten der Unterstützung bei 1.3480-1.3510 negiert den positiven Bias.

    Viel Erfolg!


    © Folker Hellmeyer
    Chefanalyst der Bremer Landesbank





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