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Weltwirtschaft im Aufschwung - Euro im Ausverkauf - S&P bemüht sich um ...

01.12.2010  |  Folker Hellmeyer
Weltwirtschaft im Aufschwung - Euro im Ausverkauf - S&P bemüht sich um Stimmungsmache …

Der Euro eröffnet heute (07.35 Uhr) bei 1.3035, nachdem Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.2970 im europäischen Handel markiert wurden. USD-JPY stellt sich aktuell auf 83.45. In der Folge notiert EUR-JPY bei 108.75, währende EUR-CHF bei 1.3080 oszilliert.

Bevor wir uns mit allen anderen wichtigen Themen auseinandersetzen, wollen wir einen Blick auf die Weltwirtschaft werfen.

Vor zwei Monaten gab es noch große Aufregung in meinem Berufsstand, daß die Weltwirtschaft sich zügig abschwäche. Ausgehend von schwächeren Daten aus China haben manche Kollegen Rezessionsgespinste thematisiert. Wir haben uns diesen Gedankengängen an dieser Stelle im Forex Report vehement widersetzt. Auch ein großer konjunktureller Aufwärtstrend teilt sich in kleinere Zyklen auf. Dieser Umstand ist manchen Ökonomen und Analysten wohl entfallen.

Die jüngsten Daten aus den USA belegen, daß sich selbst in strukturell geschwächten Ökonomien verstärktes Wachstum etabliert. In Deutschland markiert der IFO einen historischen Höchststand und überrascht die Mehrzahl der Kollegen seit Monaten. Erkennbar ist das an den zu negativen Einschätzungen in den Konsensusprognosen.

Wir sind heute sehr gespannt, in wie weit die Kollegen die heutigen Einkaufsmanagerindices aus China einer nachhaltigen Bewertung unterwerfen. In China legte der HSBC Einkaufsmanagerindex für den produzierenden Sektor von zuvor 54,8 per Oktober auf 55,3 Punkte im November zu.

Damit wurde das höchste Niveau seit acht Monaten markiert. Der offizielle chinesische Einkaufsmanagerindex per November nahm 54,7 auf 55,2 Punkte zu und übertraf die Erwartungen der Marktes.

Hier wird deutlich, daß in der Weltwirtschaft in der unterliegenden kleineren Zyklik die nächste Beschleunigungsphase eingeläutet ist.

Wenden wir uns vor diesem Hintergrund dem Thema der Staatsdefizite zu. Das Steueraufkommen eines Staates atmet in der Taktung der Wirtschaftslage, anders ausgedrückt die Konjunkturlage bestimmt die Fiskallage.

Derzeit spielt man nur auf die Eurozone bezogen das Thema Staatsdefizitproblematik und führt diverse Länder, die sich mutig markanten Reformen stellen, in die Nähe der Kapitalmarktunfähigkeit. Wäre das vor den Reformen passiert, wäre es ja noch halbwegs verständlich ….

Gerade die starke globale Expansion gibt Rückenwind für den potentiellen Erfolg der Reformländer. Diese Umstände sollten losgelöst von den kurzfristigen Wachstumseinbußen durch die Reformen unter antizipativen Gesichtspunkten, die Märkte grundsätzlich haben sollten, eine erhöhte Kapitalmarktfähigkeit forcieren. Die Länder, die sich nicht umstrukturieren, wären dagegen unter antizipativen Gesichtspunkten in diesem Punkt abzustrafen.

Das genau diese Reaktionen nicht gegeben sind (nein, massivste Defizitsünder USA und Japan sind Gewinner!), darf als impliziter Ausdruck entweder großer Unwissenheit für sachliche ökonomische Zusammenhänge am Finanzmarkt gewertet werden oder aber als Beleg, daß durch die Struktur der Bankenaristokratie und die Dominanz der Finanzplätze London und NY eine politische Agenda nicht ausgeschlossen werden kann.

Hier kommt Standard & Poors ins Spiel. Nicht erstmalig in der aktuellen Staatsdefizitkrise schütten Ratingagenturen mit US/angelsächsichem Hintergrund Öl in das ( zuvor spekulativ) entfachte Feuer.

Erst fordert man von dieser Seite lauthals Reformen unter Androhung von Herabstufungen, um dann bei Umsetzung markanter Reformen, die notwendig kurzfristig eine Verschärfung der Lage mit sich bringen, erneut Herabstufungen anzudrohen oder umzusetzen.

Die Ratingagentur S&P hat für die Bewertung Portugals eine Warnung ausgesprochen. Sowohl die kurz- als auch die langfristigen Ratings könnten herabgestuft werden. Wir nehmen das zur Kenntnis.

Weiterhin bestimmen die CDS-Märkte die Stimmung am Finanzmarkt. Entspannung ist in der Eurozone unverändert nicht erkennbar. Ergo blieb der Euro gestern unter Druck (Griechenland grün, Portugal rot, Spanien schwarz, Türkei ocker)

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Der deutsche Arbeitsmarktbericht per November lieferte ein positives Ergebnis, das jedoch die Konsensusprognose verfehlte. Ein möglicher Hintergrund ist ein Mangel an ausgebildeten Arbeitnehmern am deutschen Arbeitsmarkt.

Saisonal bereinigt sank die Arbeitslosenzahl um 9.000 auf 2.931.000. Die Prognose lag bei -20.000 und 2.920.000. Damit wurde der niedrigste Novemberwert seit November 1991 markiert. Wichtiger als dieser Wert ist jedoch die Tatsache, daß die Beschäftigung auf einen Rekordwert zulegte. Per Oktober nahm die Beschäftigung auf 40,9 Millionen Menschen zu. Das sind 405.000 mehr als im Vorjahreszeitraum und übertrifft den bisherigen Rekord per Oktober 2008 bei 40,77 Mio. Beschäftigten.

Die Beschäftigungsentwicklung gewinnt laut Bundesagentur deutlich an Breite und Qualität. Für 2011 wird ein Rückgang auf bis zu 2.700.000 Arbeitslose für möglich gehalten.

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Laut ersten Berechnungen stellt sich der Verbraucherpreisanstieg per November in der Eurozone auf 1,9% nach zuvor 1,9%. Seit Juli 2009 ausgehend von -0,6% kam es damit zu einem Anstieg der Verbraucherpreise um 2,5% in 15 Monaten. Das ist eine markante Beschleunigung der Preisentwicklung.

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Die Arbeitslosenrate der Eurozone entsprach per Oktober mit 10,1% exakt den Erwartungen. Positiv ist anzumerken, daß der Vormonatswert von 10,1% auf 10,0% revidiert wurde. Die Divergenz in der Eurozone ist nachhaltig. Während Deutschland in der Berechnung bei 6,7% liegt, ergibt sich in Spanien eine Quote in Höhe von 20,7%.

Die Reformländer erfahren Anpassungen, die wirtschaftliche Kontraktion in Richtung nachhaltiges Wachstumspotential mit sich bringen. Dieser „Schmerz“ ist groß, aber erfahrungsgemäß ist er auch ein temporäres Phänomen.

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Der „Case/Shiller Home Price Index” (20 Städtevergleich) sank per September unerwartet stark um -0,8% im Monatsvergleich. Analysten hatten lediglich -0,3% unterstellt. Der Vormonatswert wurde von -0,3% auf -0,5% revidiert.

Im Jahresvergleich übersetzte sich dieses Ergebnis in eine Zunahme um nur noch 0,6% (Prognose 1,1%) nach 1,7% im Vormonat.

Es wird deutlich, daß eine nachhaltige Trendwende am US-Wohnimmobilienmarkt unverändert nicht auf der Agenda steht.

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Das war es gestern mit dem negativen US-Datensatz. Der Rest war überraschend positiv. Das passt zu unserer Erwartungshaltung des weiteren US-Konjunkturverlaufs: Der Einkaufsmanagerindex aus Chicago ist per November von zuvor 60,6 auf 62,5 Punkte angezogen. Die Prognose war bei 60,0 Zählern angesiedelt. Damit wurde der höchste Wert seit April 2010 markiert.

Die Subindices spiegelten diese positive Entwicklung. Der Auftragsindex legte von 65,0 auf 67,2 Punkte zu. Der Produktionsindex verbesserte sich von 69,8 auf 71,3 Zähler und der Beschäftigungsindex nahm von 54,6 auf 56,3 Zähler zu.

Dieser Indexstand impliziert einen Mix zwischen starkem Aufschwung und Boom in der Region Chicago.

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Den Abschluss des Datenreigens machte das notorisch volatile US-Verbrauchervertrauen nach Lesart des „Conference Board“ per Berichtsmonat November. Hier kam es zu einem Anstieg des Index von zuvor 49,9 (revidiert von 50,2) auf 54,1 Punkte. Die Konsensusprognose lag bei 52,6 Zählern.

Die aktuelle Bewertung stellte sich auf 24,0 nach 23,5 Punkten und die Erwartungskomponente legte deutlich von 67,5 auf 74,2 zu.

Dieser Index hat damit den höchsten Stand seit Juni 2010 erreicht. Losgelöst von dem Anstieg ist das aktuelle Niveau unverändert unter historischen Gesichtspunkten als niedrig zu klassifizieren.

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Zusammenfassend ergibt sich derzeit ein Szenario, das den USD aus technischen und psychologischen Motiven gegenüber dem Euro favorisiert. Ein nachhaltiges Überwinden der Widerstandszone bei 1.3350-1.3370 dreht den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!

© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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