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Euro stabilisiert - EZB ohne Überraschung - US-Arbeitsmarkt im Fokus!

03.12.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.45 Uhr) bei 1.3220, nachdem Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3056 im europäischen Handel markiert wurden. USD-JPY stellt sich aktuell auf 83.60. In der Folge notiert EUR-JPY bei 110.50, währende EUR-CHF bei 1.3125 oszilliert.

In Folge der Pressekonferenz der EZB kam es zu volatilen Bewegungen. Der Euro sank auf 1.3056, um dann kurzfristig auf 1.3247 anzuziehen. Hintergrund dieser Bewegung war, daß der Markt eine aggressive Gangart in Richtung QE der EZB erwartete, die jedoch nicht erfüllt wurde.

Nein, die EZB liefert keinen Aktionismus. Sie zeigt sich sybillinisch. Sie steht zu ihren Programmen, die mit ruhiger und weitsichtiger Qualität umgesetzt werden. Sie lässt sich nicht vom Finanzmarkt im Gegensatz zur Fed in Berechenbarkeit zwingen. Das ist gut so. Genau diese Unsicherheit über die exakte Gangart der EZB, die mit sinkenden Risikoaufschlägen am CDS-Markt zufällig oder auch nicht einherging, war der Auslöser für den Anstieg des Euros.

Heute morgen legt Herr Trichet nach. Der Euro steckt nicht in einer Krise. Die Diktion ist klar und eindeutig. Auch die Einlassung, daß die Sparmaßnahmen in der Eurozone keine Rezession auslösen werden, ist angemessen. Europa hat massiv in der Krise subventioniert. Als Folge schossen die öffentlichen Defizite in die Höhe. In der jetzigen Erholung gilt es, die Staatshaushalte in ein Gleichgewicht zu bringen. Das findet in der Eurozone statt, entweder über die Konjunkturerholung die sich fiskalisch niederschlägt (D) oder durch die stringentesten Reformen in der Geschichte der Industrienationen. Das macht den Unterschied zu den USA aus.

Hier in Europa sind verstärkt selbsttragende Kräfte für die Expansion in der Gesamtheit verantwortlich. In den USA ist es weiterhin ein "gedoptes" Wachstum. Dieser Unterschied ist dramatisch. Doch er wird von den Profis der Analysten- und Volkswirtzunft in London und New York nicht angemessen erkannt. Hier stellte sich die Frage, wie London und New York reagieren würden, wenn das genau anders herum elagert wäre. Dafür gibt es übrigens ein Beispiel. Als unter Clinton das "Federal Budget" (Teilmenge der Gesamtverschuldung) Überschüsse auswies, wurde "Old Europe" mit Hohn ob unserer Defizite aus London und New York überschüttet. Hohn gibt es aus Europa nicht für die Defizitpolitik in den USA, aber es gibt sachliche Kritik.

Es ist schon bemerkenswert, wie kurz das Gedächtnis mancher Kollegen ist. Oder ist diese Diskrepanz Ausdruck einer politischen Agenda? Es scheint so, als ob wir es in der Eurozone unseren Freunden in New York und London nicht recht machen können, wenn es dort einen komparativen Nachteil gibt. "Food for thought!"

Wir tun gut daran, ein eigenständiges Selbstbewusstsein in der Eurozone zu entwickeln. Das, was uns aus anderen Zentren angedient wird, ist nicht notwendig sachlich orientiert und nicht in unserem eigenen Interesse. "Spin" ist fraglos eine Facette des Finanzmarkts, dem "Spin" helotisch zu folgen, ist eine andere und vor allen Dingen nicht notwendige Verhaltensweise!


Wenden wir uns den gestern veröffentlichten Daten zu:

Das BIP der Eurozone wurde per 3. Quartal mit einem Anstieg um 0,4% im Quartalsvergleich und einem Zuwachs von 1,9% im Jahresvergleich bestätigt. Der beigefügte Chart veranschaulicht die Erholung der Eurozone trotz aggressiver Reformprogramme in diversen Ländern.

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Die Erzeugerpreise der Eurozone verzeichneten einen Anstieg um 0,4% (Prognose 0,3%) im Monatsvergleich. Im Jahresvergleich stellte sich eine Zunahme um 4,4% (Prognose 4,3%) nach zuvor 4,3% (revidiert von 4,2%) ein. der Blick auf den Chart verdeutlicht den starken Anstieg innerhalb der letzten 12 Monate von mehr als -4,0% auf aktuell 4,4%. Hier wird klar, daß das Thema Deflation (vor 2-3 Monaten noch aus London und NY forciert 0 „Spin“) keine sachliche Fundierung besitzt!

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Die US-Arbeitslosenerstanträge stellte sich per Berichtswoche 27. November auf 436.000 (Prognose 425.000) nach zuvor 410.000 (revidiert von 407.000). Damit ist das Niveau der letzten beiden Wochen etwas höher als antizipiert.

Der Blick auf den Chart belegt jedoch andererseits, daß das aktuelle Niveau am unteren Rand der Bewegungsbandbreite liegt. Das ist unseres Erachtens die entscheidende Aussage.

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Die anhängigen Hausverkäufe in den USA setzten gestern einen markanten positiven Akzent. Per Oktober kam es zu einem unerwarteten Anstieg um 10,4%. Die Prognose lag bei -0,5%. Die Stimmungsaufhellung in den USA ist an vielen Daten ablesbar. Dass sich hier als Folge so zügig auch erste Anzeichen am Wohnimmobilienmarkt zeigen, ist erstaunlich.

Eine Schwalbe macht keinen Sommer. Die Gesamtwirtschaft hat jedoch eine Reihe frühlingshafter Knospen geliefert, die dieser Schwalbe etwas mehr Bedeutung zumessen lassen. Das Glas ist halbvoll!

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Heute steht der US-Arbeitsmarkt im Fokus. So wie in den letzten Wochen positive Überraschungen aus der US-Wirtschaft dominierten, so ist auch heute die Wahrscheinlichkeit als hoch einzustufen, daß sich das positive Gesamtbild weiter verstärkt!

Zusammenfassend ergibt sich derzeit ein Szenario, das den USD gegenüber dem Euro favorisiert. Ein nachhaltiges Überwinden der Widerstandszone bei 1.3350-1.3370 dreht den negativen Bias des Euros.

Viel Erfolg!


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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