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Euro in bekanntem Fahrwasser - Uneinigkeit in Europa

09.12.2010  |  Folker Hellmeyer
Der Euro eröffnet heute (07.45 Uhr) bei 1.3295, nachdem Tiefstkurse der letzten 24 Handelsstunden bei 1.3181 im europäischen Handel markiert wurden. USD-JPY stellt sich aktuell auf 83.90. In der Folge notiert EUR-JPY bei 111.55, währende EUR-CHF bei 1.3085 oszilliert.

Die Politik in der EU und Eurozone findet in der Sache derzeit nicht zueinander. Frau Merkel ist nicht bereit, sich auf gemeinsame Eurobonds einzulassen. Das ist aus deutscher Sicht verständlich. Der zu zahlende Zins wäre ein Mischzins und für Deutschland als Bonitätsprimus damit im Vergleich zu dem jetzigen Status unattraktiv.

Es gibt aber noch mehr Aspekte, die zumindest derzeit gegen einen Eurobond sprechen. Dabei geht es beispielsweise um die Frage, der geordneten Insolvenz eines Staates, die von der deutschen Bundesregierung richtigerweise eingefordert wird. Bevor ein Gemeinschaftsbond aus der Taufe gehoben werden kann, gibt es formale und rechtliche Fragen, die beordnet sein müssen. Es ist klug, nicht den dritten vor dem ersten Schritt zu machen. Der Umstand, daß sich die deutsche Regierung auch gegen eine Vergrößerung des Rettungsschirms wendet, kann kritischer betrachtet werden.

Herr Juncker zeigt sich in der Folge verschnupft. Ein Gemeinschaftsbond wäre derzeit bezüglich der spekulativen Attacken, denen die Eurozone ausgesetzt ist, Ausdruck dafür, daß die Eurozone homogen auftritt. Die politische Außenwirkung wäre fraglos hoch.

Frau Merkel ist jedoch bereits das ganze Jahr 2010 erpicht darauf, deutsche Positionen rigoros durchzusetzen. Es sei daran erinnert, daß sich an einem Montag im Frühjahr 2010 Herr Trichet (EZB) und Herr Strauss-Kahn (IWF) genötigt sahen, Frau Merkel einen Besuch abzustatten, um ihr aufzuzeigen, welche Folgen ihr Verhalten mit sich bringen könnte.

Wir scheinen in Berlin bisweilen auszublenden, dass die Eurozone für Deutschland das beste Geschäft ist. Die Tatsache, daß das Verhalten der deutschen Bundesregierung im Frühjahr mit dazu geführt hat, daß sich die Spekulation gegen die Eurozone massiv verschärfte und in der Folge die Kapitalmarktfähigkeit einiger europäischer Länder beeinträchtigt wurde, wird nicht schnell vergessen werden. Hier sind ein paar Rechnungen aufgemacht worden. Die werden auch in der Zukunft beglichen.

Die jetzige Stärke Deutschlands muss kein Dauerzustand sein. Hat Herr Schröder nicht gerade vorgestern das ordnungspolitische Niveau des Maastricht Vertrags mit der Solidarität anderer Länder der Eurozone nivelliert, um deutsche Strafzahlungen zu verhindern?

Isolierung ist Deutschland in den letzten 100 Jahren nie gut bekommen. Die aktuelle Ausrichtung der Politik beinhaltet Merkmale, die eine solche Isolierung provozieren könnten.

Was war Bismarck doch für ein toller Politiker …

Nach unserer Einschätzung ergibt sich eine äußerst hohe Wahrscheinlichkeit, dass weder eine Erhöhung des Rettungsschirms noch ein Gemeinschaftsbond wirklich notwendig ist. Wir teilen die Sichtweise Chinas. Wir erinnern an die Berechnungen des IWF zur Schuldentragfähigkeit. Europa reformiert sich, wir machen unsere Hausaufgaben. Der Erfolg wird sich einstellen.

Gestern stand lediglich die deutsche Industrieproduktion per Oktober auf der Agenda. Das war einmal mehr eine fulminante Überraschung für den Markt. Es kam zu einem Anstieg um 2,9% im Monatsvergleich! Die Prognose lag bei lediglich 1,0%. Ein Tropfen Wasser in den Wein war die Revision des Vormonatswerts von -0,8% auf -1,0%.

Insgesamt ist in der Zweimonatsbetrachtung das positiv überraschende Element deutlich dominierend. Im Jahresvergleich stellte sich eine Zunahme um 11,7% nach zuvor 7,7% ein. Der Chart belegt, dass aktuell das Niveau der Produktion auf dem Niveau Ende 2006 - Frühjahr 2007 liegt. Anders als 2007/2008 ist die Qualität des aktuellen Wachstums ungleich besser. Reale Nachfrage und nicht die Hoffnung auf reale Nachfrage ist der wesentliche Treiber im aktuellen Umfeld.

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Zusammenfassend ergibt sich derzeit ein Szenario, das eine neutrale Haltung in der Parität EUR-USD favorisiert. Ein nachhaltiger Ausbruch aus der Bandbreite 1.2950 - 1.3450 eröffnet neue Opportunitäten.


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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