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Finanzmarktausblick 2011: Prognosen - Chancen - Risiken

22.12.2010  |  Folker Hellmeyer
Die Globalisierung verändert ihr Gesicht!

Im Jahre 1990 fiel der Kommunismus als Gesellschafts- und als Wirtschaftssystem. Die Länder, die in diesem System verfangen waren, sahen sich abrupt einer neuen Situation ausgesetzt. Der "Eiserne Vorhang" war gelüftet.

Damit waren aber auch die inneren ökonomischen Systematiken dieser Wirtschaftsräume hinfällig. Die Produktivitätsdefizite im Vergleich zu den Industrienationen waren in diesen Ländern ausgeprägt. Als Folge ergab sich neben dem konjunkturellen Schock, der mit dieser Veränderung einherging, eine massive Divergenz in der Honorierung des Produktionsfaktors Arbeit. Auch der Produktionsfaktor Boden war ausgesprochen billig. Umweltstandards und Rechtsgrundlagen waren lax. Diese Aspekte waren weitere Katalysatoren unter Kostengesichtspunkten, die für Unternehmen die Attraktivität dieser Standorte hervorhoben, und damit die Investitionstätigkeit westlicher Unternehmen in diesen Regionen unterstützten.

Diese Konstellation der ehemaligen Ostblockstaaten traf bezüglich der Produktionsfaktoren auch auf die maßgeblichen Schwellenländer zu. China hatte schon zuvor die Öffnung der Märkte betrieben.

Nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs" waren die betroffenen Länder gezwungen, ihre Geschäftsmodelle an der neuen Realität auszurichten. Entsprechend öffneten sich diese Wirtschaftsräume gegenüber der westlichen Wirtschaftsideologie und den daraus resultierenden Ansprüchen. Das war kein homogener Prozess, sondern es war eine vielschichtige Entwicklung mit regionalen Krisen und Verwerfungen. Auch heute ist der Status vieler Schwellenländer bezüglich eines gut funktionierenden ordnungspolitischen Rahmens nicht im wünschenswerten Maße gegeben. Das gilt vor allen Dingen für eine Reihe osteuropäischer Staaten.

Entscheidend war jedoch der Fall des Kommunismus, der das Thema politische Risiken aus westlicher Sicht minimierte, und dazu führte, dass westliches Kapital ab diesem Zeitpunkt verstärkt in diese Regionen floss.

Diese Kapitalzuflüsse in die Schwellenländer führten zu einem konjunkturellen Aufholprozess mit hohen Wachstumsraten im Zeitverlauf der letzten 20 Jahre. Produktionsstätten wurden verstärkt verlagert. Lohnarbitrage, Regulierungsarbitrage und Umweltstandardarbitrage wirkten sich nachhaltig aus. Das hat die Entwicklung des Kapitalstocks in den Industrienationen im Potential geschwächt und gleichzeitig die schlussendlich fulminante Entwicklung in den Schwellenländern beflügelt. Dieser Prozess hält bis heute an. Es gibt aber aktuell Anzeichen für deutliche Veränderungen, die die Qualität haben, einen länger andauernden neuen Trend zu forcieren.

Lohnarbitrage, Regulierungsarbitrage und Umweltstandardarbitrage verlieren nach 20 Jahren der Globalisierung sukzessive an Attraktivität.

Die globalen Überkapazitäten, die 1990 massiv waren, sind im Zeitverlauf durch das hohe Wachstum in den Schwellenländern weggeschmolzen. In der globalen Finanzkrise von Herbst 2007 bis Frühjahr 2009, einer Phase der Anomalie, nahmen sie noch einmal kurzfristig global zu, um seitdem nachhaltig reduziert zu werden.

Sprachen wir Anfang 2009 noch von dem Problem der chinesischen Wanderarbeiter, die in Millionenhöhe beschäftigungslos waren, reden wir in China aktuell von sehr hoher Beschäftigung und noch wesentlicher von hohen Lohnzuwächsen im zweistelligen Prozentbereich. Was für China gilt, gilt auch für andere Regionen. Attraktive Standorte in Osteuropa fallen mit hohen Lohnsteigerungsraten auf. Diese Entwicklung geht einher mit hohen Beschäftigungsraten in starken Industrienationen. Gut ausgebildete Fachkräfte sind zunehmend Mangelware.

Die internationale Standardsetzung auf G-30 Ebene nivelliert die Regulierungsarbitrage. Auch in Schwellenländern steht mehr Regulierung auf der Agenda, da die Ökonomien und Gesellschaften komplexer werden und mit Mehrung des Wohlstands auch die Ansprüche der Bevölkerung zunehmen. Gleiches gilt für Umweltstandards. Hier ist China einmal mehr ein gutes Beispiel. Seit 2006 wurde im Bereich der Umweltpolitik eine markante Umkehr politisch verordnet, die stringent umgesetzt wird. In diesem Jahr wurden im Energieverbrauch ineffiziente Unternehmen in erheblichem Umfang geschlossen. Es gibt aktuell kein anderes Land weltweit, das das Thema alternative Energien so vehement voran treibt.

Aber es ist nicht nur der solitäre Blick auf China. Der Kampf um Nachhaltigkeit und Schutz der Ressourcen ist global ein prominentes Thema, das nach vorne schauend einen anderen Umgang mit den Ressourcen erforderlich macht und damit das Thema Umweltstandardarbitrage nachhaltig untergräbt. Die Aktivitäten auf Basis der Vereinten Nationen auf diesem Feld sind anschauliche Belege.


Den kompletten Finanzmarktausblick 2011 können Sie hier downloaden.


© Folker Hellmeyer
Chefanalyst der Bremer Landesbank





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