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Die unruhigen Zeiten kommen erst

23.06.2013  |  Manfred Gburek
Der Schwanz wackelt mit dem Hund, so lautet unter Börsianern die gängige Floskel, wenn wieder einmal der Terminmarkt vorübergehend für die Tendenz am Kassamarkt sorgt. Wie am vergangenen Donnerstag, als die Zocker an der Terminbörse Comex in New York mithilfe von Futures, also Terminkontrakten, auf elektronischem Weg mal eben weit über tausend Tonnen Gold drehten, ohne auch nur eine einzige Tonne wirklich zu bewegen. Wer das Edelmetall aus guten Gründen als Geldanlage und nicht als Spielzeug betrachtet, ist gut beraten, sich davon nicht allzu sehr beeinflussen zu lassen. Denn die Terminzocker mögen zwar die kurzfristige Tendenz beeinflussen, aber den langfristigen Trend bestimmen andere, wie etwa die Minen beim Angebot oder die Schmuckindustrie bei der Nachfrage.

Die Bewegungen am Terminmarkt sind Ausdruck der Volatilität und damit auch Nervosität. Sie werden uns von nun an noch einige Monate begleiten. Als Auslöser wird vielfach Ben Bernanke genannt, Chef der US-Notenbank Fed, weil er am vergangen Mittwoch eine denkwürdige Rede hielt, deren Inhalt die Kommentatoren nach Gusto interpretierten: Die einen sahen bereits das Ende der sehr lockeren Fed-Geldpolitik kommen, andere das Gegenteil, wieder andere entdeckten in Bernankes Thesen sogar Widersprüche. Fest steht indes: Die Börsianer waren schon vor der Rede des Fed-Chefs so nervös, dass ein lauter Knall in der Luft lag.

Aber warum erwischte das alles ausgerechnet den Goldpreis und in seinem Gefolge den Silberpreis am meisten? Lassen wir alle fundamentalen und kurstechnischen Erklärungsversuche außen vor, dann konzentriert sich die Begründung auf die Manipulation. Dazu sagte mir ein Kenner der amerikanischen Szene, dessen fundierte Analysen ich seit vielen Jahren schätze, sinngemäß Folgendes: Die Kurse von Aktien und Anleihen werden nach oben manipuliert (bis das Pulver verschossen ist, wie in der abgelaufenen Woche), die Devisenkurse je nach Interesse mal nach oben, mal nach unten, und der Goldpreis wird nach unten manipuliert, wann immer sich eine Möglichkeit dazu bietet. Diese war vorhanden, nachdem er viele Anleger schon im April geschockt hatte, und wurde am vergangenen Donnerstag konsequent genutzt.

Über die Strippenzieher lassen sich zwar allerhand Vermutungen - bis zu Verschwörungsthesen - anstellen, aber viel wichtiger ist der folgende Grundgedanke: Die Staatsschulden haben in der westlichen Welt einschließlich Japan längst eine Höhe erreicht, die den Wert der Währungen eigentlich unaufhaltsam gegen null tendieren lassen müsste. Warum wir alle trotzdem unsere Rechnungen weiter in Euro, Schweizer Franken, Dollar oder anderen Währungen bezahlen, warum wir gegen Währungen einkaufen gehen und den Wert von Häusern, Autos oder Kühlschränken in Währungen messen, liegt an der sogenannten Geldillusion. Die besagt, dass wir die Aushöhlung von Währungen durch immer höhere, nicht mehr rückzahlbare Staatsschulden insgeheim ignorieren, weil wir es zeitlebens so gewohnt sind - bis der ganz große Knall kommt und die Geldillusion zerplatzt, wie 1923 und 1948 in Deutschland, vor gut einem Jahrzehnt in Argentinien oder etwas später in Simbabwe. Damit das nicht so schnell passiert, unternehmen Regierungen und Notenbanken alles, um die Geldillusion aufrecht zu erhalten - und dazu gehört die Manipulation des Goldpreises.

Sie brauchen allerdings nicht zu erschrecken, falls Sie Gold - einschließlich Silber - oder Gold- und Silberaktien oder alles zusammen besitzen. Denn außer mehr Volatilität, in diesem Fall also stärkeren temporären Preisschwankungen, können weitere Manipulationsversuche nicht mehr bringen. Das allein schon deshalb nicht, weil die Manipulatoren sich von nun an verstärkt darum bemühen müssen, die Kurse der im Dow Jones oder im Standard & Poor's 500 enthaltenen Aktien vor einem allzu heftigen Absturz zu bewahren.

Falls Sie deutsche Aktien besitzen oder erst kaufen möchten, sollten Sie jetzt besonders auf den VDax achten. Dieser Index bildet das Ausmaß von Kursschwankungen ab und steigt seit einigen Monaten in Schüben; das zeugt von der zunehmenden Nervosität der Anleger. Aktuell bewegt er sich zwischen 20 und 25 Punkten. Für Käufe und Nachkäufe von Aktien wird es interessant, sobald er bestimmte Höhen erreicht und danach abstürzt. Nach dem Absturz ergeben sich ideale Kaufkurse. Das war zuletzt zwei Mal besonders einprägsam der Fall: Ende 2008, als der VDax nach dem Erreichen von rund 80 Punkten abstürzte, und im Sommer 2011, als etwas Ähnliches nach dem Absturz aus der Zone um 50 Punkte geschah. Eine ähnliche Konstellation wird sich zwar nicht von heute auf morgen ergeben, aber wahrscheinlich schon in diesem Jahr. Verfolgen können Sie den VDax übrigens auf den Internetseiten der gängigen Onlinebanken und Finanzportale.

Die unruhigen Zeiten, die uns in den kommenden Monaten bevorstehen, werden rund um den Globus zu spüren sein. Nicht zuletzt die Medien dürften zusätzlich für Nervosität sorgen, doch die sollten Sie mit Vorsicht verfolgen. Dazu nur ein Beispiel, das zunächst China betrifft, also eine Wirtschaftsnation, von deren Wohl und Gedeihen auch so mancher deutsche Arbeitsplatz abhängt: "In China wächst die Furcht vor einer Finanzkrise“, stand im Handelsblatt vom Freitag zu lesen. Die FAZ dramatisierte am selben Tag sogar: "Warnung vor einem Crash in China“ und graute sich vor der Aussicht, "dass sowohl die Vereinigten Staaten als auch Japan den Ausstieg aus der superlockeren Geldpolitik vorbereiten“.

Da ist offenbar so manches durcheinander geraten, wenn man das eine oder andere Gegenargument beachtet. Was China betrifft: Christina Chung, Portfoliomanagerin der Fondsgesellschaft Allianz Global Investors, brach bei einem Symposium in London - ebenfalls am Freitag - eine Lanze für chinesische Aktien mit dem Hinweis auf deren "großes Potenzial“ und begründete dies mit der Aussicht auf die Verdoppelung des Bruttoinlandsprodukts, also der Wirtschaftsleistung, schon bis 2020. Da mag kurzfristig geschehen, was will, chinesische Aktien dürften demnächst wohl eher Kaufkandidaten sein. Und was Japan betrifft: "Ausstieg aus der superlockeren Geldpolitik“ - ich dachte, mich tritt ein Pferd, als ich das las. Denn die Japaner haben versprochen, ihre Geldpolitik auf Biegen und Brechen locker zu handhaben, bis sie 2 Prozent Inflation erreichen, und das kann noch lange dauern.

Fazit: Wir bewegen uns an den Weltbörsen in eine neue Phase der Volatilität, verbunden mit Favoritenwechseln. Gold und Silber einschließlich Edelmetallaktien bilden eine Basisanlage, und zwar auch und gerade für den Fall, dass an den Finanzmärkten einiges aus dem Ruder läuft. Die gängigen Aktien aus Dax und Dow Jones dürften erst nach erheblichen Kursrückgängen von 20 bis 30 Prozent für Käufe interessant werden, wobei der VDax wie beschrieben ein zuverlässiger Indikator für deutsche Aktien sein wird. Japanische Aktien bleiben wegen der Geldschwemme weiter interessant, chinesische dürften ihnen später aus anderen Gründen folgen.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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