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Alles hat seinen Preis, aber nicht alles hat einen Wert

11.08.2013  |  Manfred Gburek
Es gab Zeiten, da nannte man Salz "weißes Gold". Auch Pfeffer, Safran und alle möglichen anderen Gewürze kamen zu Ehren, indem Konsumenten bereitwillig Wucherpreise für sie zahlten. Nicht zu vergessen die legendären Tulpenzwiebeln, für die so mancher Holländer Haus und Hof hergab. Und es ist gerade mal ein paar Jahrzehnte bzw. zwei Ölkrisen her, da wurde aus dem - bis heute reichlich vorhandenen, aber ziemlich teuer gewordenen - Erdöl "schwarzes Gold".

Warum ich Ihnen das schreibe? Weil es in all diesen und in vielen weiteren Fällen um Raum, Zeit und Geld geht - eine Erkenntnis, die unter etwas anderen Vorzeichen bis heute gültig ist, nur dass sie immer häufiger ignoriert wird.

Die Überbrückung großer Entfernungen beanspruchte früher oft Monate. In dieser Zeit wurde mangels konkreter Informationen fleißig an Börsen spekuliert, ob und wann ein Schiff wohl am Zielort ankäme, wie wertvoll seine Fracht sein möge, ob es Gold und Silber oder nur weniger Edles transportierte.

Heute geht es ebenfalls um Raum, Zeit und Geld, allerdings haben sich die Voraussetzungen drastisch verändert: Der Raum ist mit riesigen Frachtern voller Container und erst recht mit Frachtflugzeugen weitaus schneller zu überbrücken als früher mit Segelschiffen, die Informationszeit schrumpft dank moderner Technologie zu Millisekunden zusammen, und die Spekulation verlagert sich nicht mehr auf die Ankunftszeit oder Fracht von Schiffen, sondern darauf, ob der Wert eines Rohstoffs, einer Aktie, einer Währung und so weiter höher oder niedriger ist als der aktuelle Preis.

Das Wert-Preis-Verhältnis hängt indes von Annahmen ab, die den Wert bestimmen, und von der Preisentwicklung. Damit schlägt die Stunde der Analysten und Insider, der Fondsmanager und sonstigen Herrscher über viel Geld, ja aller, die im Lauf der Jahre besonders viele Börsenerfahrungen gesammelt haben. War es für Börsenhändler und andere Insider früher relativ einfach möglich, mittels Arbitrage - also durch das Ausnutzen von raum- und zeitbedingten Preisunterschieden - Spekulationserfolge zu erzielen, so sind jetzt umfangreiche Recherchen wie auch Erfahrungen nötig, um ähnlich erfolgreich zu sein.

Doch was ist, wenn Profis, die diese Voraussetzungen mitbringen, jeweils unter Anwendung derselben bewährten Methoden allesamt zu einheitlichen Ergebnissen kommen? Darüber sind ja bekanntlich viele Bücher geschrieben worden, die sich mit allen erdenklichen Effizienzthesen beschäftigen.

Keine Sorge, dazu wird es nicht kommen. Denken Sie nur an die erwähnten Annahmen, die den zu ermittelnden Wert bestimmen: Der weltweite Schuldenberg kann weiter um x oder um y Prozent wachsen und so den Wert des Papiergeldes mehr oder weniger aushöhlen, die Inflation kann bereits um die Ecke lauern oder noch etwas auf sich warten lassen, der Euro kann für 17 und demnächst für 18 Länder weiter gelten oder zum Rest-Euro von sechs bis sieben Ländern zusammenschrumpfen, die Weltkonjunktur kann schon bald anspringen oder erst in zwei bis drei Jahren - und so weiter, ganz abgesehen von Kettenreaktionen an den Börsen, von Paniken oder von zwischenzeitlicher Euphorie, wenn Dax und Dow Jones mal wieder ein paar Punkte zugelegt haben, von Kriegen und weiteren gravierenden Ereignissen, die sich auf die Ermittlung der Werte und die Entwicklung der Preise auswirken.

Spannende Frage: Was haben Gold und Silber mit all dem zu tun? Ich zitiere im Folgenden Daten aus dem Silber Bulletin von "Silberjunge" Thorsten Schulte, erschienen am 3. August: Die Produktion der Goldminen belief sich 2012 auf einen Wert von 120,5 Milliarden Dollar, die der Silberminen auf 15,7 Milliarden Dollar. Die im HUI-Index enthaltenen Edelmetallaktien hatten Anfang August einen Börsenwert von nur noch 105,9 Milliarden Dollar, während die Aktie des US-Ölmultis Exxon Mobil - nun wieder die teuerste Aktie der Welt, seit der Apple-Kurs abgestürzt ist - mit 408,8 Milliarden Dollar ganz allein auf einen Börsenwert von nahezu dem Vierfachen kam.

Bevor Sie sich fragen, was mit der Welt der Werte nicht stimmt, sollten Sie noch die folgenden Zahlen Revue passieren lassen: Alle Aktien der Welt hatten Anfang August einen Börsenwert von 57 Billionen Dollar, die Gesamtverschuldung der USA war mit 59 Billionen Dollar sogar etwas höher. Das heißt, alle Aktien hatten einen fast 538-mal so hohen Preis wie die HUI-Edelmetallaktien, während die US-Schulden fast 557-mal so hoch waren.

Die Welt der Werte ist also durcheinander geraten. Leider lässt sich nicht feststellen, in welchem Ausmaß. Das liegt daran, dass es keine allgemeingültigen Wertmaßstäbe gibt. Folglich spekulieren alle auf etwas: Zentralbanker auf die grenzenlose Erweiterung der Schulden, Investmentbanker auf die entsprechenden Derivate, Fondsmanager auf steigende oder fallende Aktienkurse, Edelmetallfans auf die Erholung von Gold und Silber, Sparer auf steigende Zinsen und Staaten darauf, dass Sparer weiter so ticken und erst viel später merken, wie sie mit niedrigen Zinsen kalt enteignet werden.

Es gibt Gesetzmäßigkeiten, die man sich bei dieser Gelegenheit durch den Kopf gehen lassen sollte. Eine ist für Anleger besonders wichtig und durch umfangreiche Studien von Geldpsychologen nachgewiesen: Wer Geld mühsam angespart hat, gibt es in der Regel nicht wieder so flott aus wie andere Menschen, die erfolgreich spekuliert oder im Lotto gewonnen haben. Das bedeutet in Bezug auf die gerade erwähnten Sparer: Sie sparen sich weiter in die Enteignung.

Jeder Mensch hat eine bestimmte Geldbiografie. Neben Sparern, Spekulanten und Lottogewinnern gibt es ja noch die große Schar der Arbeitnehmer und Unternehmer. Sie sind gut beraten, ihr Geld der eigenen Biografie besonders eng anzupassen; denn den einen kann gekündigt werden, während die anderen stets damit rechnen müssen, dass die Geschäfte nicht wie geplant laufen. Beide Gruppen sollten ihr für private Zwecke Erspartes nach dem Wert-Preis-Verhältnis anlegen. Die Daten aus dem Silber Bulletin vermitteln dazu wertvolle Impulse. Und noch eines: Geld zu streuen und Klumpenrisiken - das heißt, die Konzentration auf eine Anlage - zu vermeiden, wird in den kommenden Jahren geradezu überlebenswichtig sein.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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