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Eier legende Wollmilchsau Deutschland

01.09.2013  |  Manfred Gburek
Was Sie hier - hoffentlich zu Ende - lesen, habe ich am Freitagabend abgeschlossen, also vor dem Duell Merkel/Steinbrück. Allerdings bedauere ich kaum, diesen Pseudo-Schlagabtausch vom Sonntagabend nicht noch kommentieren zu müssen. Denn er lässt sich schon im Vorfeld leicht der langen Reihe der Wettbewerbe zuordnen, die jenseits der Substanz vorrangig der Unterhaltung durch die Medien dienen. So wie Krimis, Quizsendungen, Fußballspiele, Formel 1 und Trading an der Börse, im Extremfall von der Marke Hoeneß.
Die SPD hat auf der Suche nach griffigen Wahlthemen in ihrer Verzweiflung den FC Bayern-Boss, das Thema Steuern und die Kanzlerin auf einem Bild - sie gibt Hoeneß die Hand - zu einer Mischung vereinigt, die sogar in Teilen der Partei nicht gut angekommen ist. Da hatte die Kanzlerin jedoch schon mit so vielen Themen gepunktet, dass ihr dieser Seitenhieb bestenfalls ein Lächeln wert gewesen sein dürfte.

Oder um der Wahrheit zu dem Affärchen gerecht zu werden: Die CDU versucht alle populären Themen mit relativ großem Erfolg für sich zu nutzen, während die SPD mit sozialen Komponenten etwa zum Mindestlohn oder zum Steuer- und Mietrecht ihr Gutmenschentum herauskehrt. Pech für sie, dass es den meisten Menschen in Deutschland gut geht und dass diejenigen, für die sie sich einsetzt, eher zu den Wahlmuffeln gehören.

Derweil bleiben wichtige Probleme wie der Fall Griechenland und der große Rest hoffnungslos überschuldeter Euroländer im Wahlkampfgetümmel weitgehend außen vor. Warum? Ganz einfach: Merkel laviert geschickt um sie herum, wohl wissend, dass sie ein böses Ende nehmen werden. Und Steinbrück hat es gerade mal zu einer Aussage in Sachen Schuldenschnitt Griechenlands geschafft, die ahnen lässt, was da wohl auf deutsche Steuerzahler zukommt: Ein solcher Schnitt - in SPD-Kreisen rechnet man mit 15 Milliarden Euro - müsse "auch öffentliche Gläubiger einbeziehen". Öffentliche Gläubiger, das bedeutet: Staat und damit letztlich Steuerzahler.

15 Milliarden Euro allein wegen Griechenland. Was ist mit Portugal, Spanien, Italien, Frankreich und so weiter? Niemand kennt die genaue Höhe von deren Schulden wirklich, die von einem Tag auf den nächsten zu Lasten der Gläubiger aus der Welt verschwinden könnten. Aus zuverlässigen Quellen verlautet die horrende Zahl von 5 Billionen Euro für alle Euroländer zusammen. Europäische Politiker und Zentralbanker sind sich wenigstens darüber im Klaren, dass diese Zahl nicht ganz aus der Luft gegriffen ist, aber nichts geschieht - bis die Wahrheit mitsamt ihren Folgen nach der Bundestagswahl peu à peu ans Tageslicht kommen wird.

Warum erst dann? Weil man in den Euroländern aus egoistischen Gründen wartet, bis die Eier legende Wollmilchsau Deutschland eine Regierung gebildet hat, der Milliarden-Versprechen abgerungen werden können. Wobei außer einem Schuldenschnitt ja noch die Rückzahlung mit inflationiertem Geld oder die Kombination von beiden zur Debatte steht. Alles in allem also ein einziges Kuddelmuddel.

Der Schuldenschnitt wäre aus der Sicht von volkswirtschaftlichen Theoretikern eine saubere Sache, doch schon die Verhandlungen über die Verteilung der Lasten dürften erst einmal scheitern. Es geht halt nicht um ein Land allein wie Argentinien, wo man mehrfach langjährige Erfahrungen mit so einer Maßnahme sammeln konnte, sondern um die in sich gespaltene Eurozone ohne Schnitt-Erfahrungen seit Einführung der gemeinsamen Währung. Folglich besteht die große Gefahr, dass bis zur Entscheidung für einen Schnitt nicht nur zu viel Zeit vergehen, sondern dass dabei bestenfalls ein Schnittchen herauskommen dürfte.

Die Alternative, nämlich der Schuldenabbau mit inflationiertem Geld, wird in den Fokus der Entscheider - EU, Regierungen, Europäische Zentralbank und Internationaler Währungsfonds - umso mehr rücken, je länger sich die Schnitt-Verhandlungen hinziehen. Diese Alternative dürfte in den kommenden Jahren nach und nach zum Selbstläufer werden - womit wir einmal mehr beim Thema finanzielle Repression angekommen wären. Das heißt, die Inflationsrate verharrt für längere Zeit über den Zinsen auf dem Spar-, Tagesgeld- oder Festgeldkonto und über den Renditen von Bundesanleihen.

Dieses Thema hat bereits Heerscharen von Aktienfreunden, Immobilienmaklern und Edelmetallfans angezogen. Die einen argumentieren, die aktuellen Dividendenrenditen von Aktien seien um einiges höher als die Zinsen auf irgendwelchen Konten oder die Renditen relativ sicherer Anleihen. Stimmt. Die anderen behaupten dasselbe von den Mieten. Stimmt im Großen und Ganzen auch. Die Edelmetallfans setzen dem entgegen: Wenn die Preise von Gold und Silber steigen, stechen die Wertsteigerungen das geringe Prozentpünktchen-Plus zwischen Dividendenrenditen und Inflationsrate mehr als aus. Im Übrigen könnten Aktienkurse nicht nur steigen, sondern auch fallen; das gelte ebenfalls für Dividenden. Stimmt erst recht, aber nur unter weiteren Bedingungen. Sehen wir uns die kurz an:

Aktienkurse werden zurzeit, wenn sie denn mal steigen, vom vielen umlaufenden Geld nach oben getrieben, weniger von der Aussicht auf wachsende Unternehmensgewinne. Ihre Schwankungen lassen auf dem derzeitigen Kursniveau nicht den Schluss zu, ihre Dividendenrenditen seien das richtige Mittel gegen die finanzielle Repression. Erst ein Kursrückgang von 20 bis 30 Prozent - in Europa und Amerika - würde den Kauf rechtfertigen.

Mieten der Wohnimmobilien werden, abgesehen von hohen Nebenkosten beim Kauf, einen Deckel draufbekommen, und zwar egal von welcher nächsten Bundesregierung. Unter dem Strich, also nach Abzug aller erstmaligen und laufenden Kosten, dürften Wohnimmobilien nur in Ausnahmefällen - sehr gute Lage, Mietsteigerungspotenzial u.a. - der finanziellen Repression standhalten. Gewerbeimmobilien sind nur etwas für Spezialisten auf diesem Gebiet.

Die Preise von Gold und Silber werden während der kommenden Jahre im Westen mehr als bisher von Inflationserwartungen getrieben, im Nahen und im Fernen Osten von verschiedenen Faktoren: Zum Beispiel wird China weiter die Goldreserven der Zentralbank aufstocken, während Gold in Indien - zum Teil auf dem Umweg über Singapur - trotz erheblicher Restriktionen ein bewährter Schutz vor dem Kaufkraftverfall der Rupie bleiben wird. Silber dürfte trotz stärkerer Preisausschläge im Trend dem Gold folgen. Die Zinslosigkeit beider Edelmetalle erfordert von Anlegern ein geschicktes Timing, damit am Ende ein Gewinn übrig bleibt. Man sollte also vorübergehende Preisrückschläge wie zuletzt für Käufe nutzen.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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