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Antal Fekete: Gold-Backwardation und der Einsturz der Tacoma Bridge (Teil 2/2)

09.09.2013
Den ersten Teil können sie hier lesen ...


Daily Bell: Gibt es überhaupt so was wie Geldumlaufgeschwindigkeit? Ist sie notwendig für eine lebensfähige Wirtschaft?

Antal Fekete: Aber mit Sicherheit gibt es die. Geld ist ein zweidimensionales Gebilde. Menge ist die eine und Geschwindigkeit die andere Dimension. Die Geldmengentheorie vergisst in der Regel diese zweite Dimension. Null Umlaufgeschwindigkeit bedeutet Tauschhandel: Der Tod der Geldwirtschaft. Zu hohe Umlaufgeschwindigkeit bedeutet, dass Geld für Ersparnisse unbrauchbar ist und dass die Menschen es in zunehmendem Maße im Austausch gegen reale Güter und Dienstleistungen verweigern. Keynes‘ Wirtschaftslehre besagt, dass das Sparen ein Laster ist; es ist antisozial oder schlimmer. In staatlichen Bilanzen können Posten problemlos von der Passiva-Seite auf die Aktiva-Seite geschoben werden. Auf diese Art und Weise kann Kapital zu einem kostenlosen Gut gemacht werden.

Keynes, der Gesells Freigeld eingehend studiert hatte, kam zu dem Schluss, dass sanfte Inflation dem Freigeld überlegen war. Friedman stimmte dem zu, als er vorschlug, dass sich der Preisanstieg über eine Festsetzung des Geldbestandswachstums kontrollieren ließe. Sie lagen alle falsch. Sie alle beförderten nur die exponentielle Schuldenexplosion. Gold ist unverzichtbar als der einzige ultimative Schuldenlöscher. Es merzt ungewollte und toxische Schulden automatisch aus. Es reguliert das Schwungrad der Wirtschaft: Es hält den Geldumlauf auf seiner optimalen Geschwindigkeit.


Daily Bell: Ist Mises Theorie zum Konjunkturzyklus stichhaltig?

Antal Fekete: Ich habe die Konjunkturzyklustheorie Mises dahingehend kritisiert, dass sie davon ausgeht, dass Unternehmer lernunfähig sind. Immer wieder gehen sie den falschen Signalen sinkender Zinssätze auf den Leim, welche durch den Hang der Banken und Regierungen zur Kreditausweitung verursacht werden und zu ökonomischer Fehlkalkulation hinsichtlich der verfügbareren Mengen an Kapitalgütern führen. Aber eigentlich sind die erfolgreichen Unternehmer die intelligentesten Menschen, die wir haben. Warum lernen sie dann nicht und nehmen Korrekturen vor, warum rechnen sie das Unterbieten der Zinssätze durch Banken und Staaten nicht mit in ihren Kalkulationen zur Verfügbarkeit von Kapitalgütern mit ein? Ingenieure nehmen solche Korrekturen regelmäßig vor. Warum nicht auch die Unternehmer?

Eine verbesserte Theorie des Konjunkturzyklus würde auch die Kausalitätsbeziehung zwischen Preisen und Zinssätzen berücksichtigen. Es wäre vernünftig, sich dem Phänomen der vielbesprochenen ökonomischen SCHWINGUNGEN (Oszillation) zuzuwenden, und auch dem der ökonomischen RESONANZ, über das viel weniger gesprochen wird. Das heißt im Detail: Abgesehen von gewissen Schwankungen lassen steigende (oder fallende) Preise die Zinssätze steigen (oder fallen) - und umgekehrt lassen steigende (oder fallende) Zinssätze die Preise steigen (oder fallen). Preise und Zinssätze schwingen oder oszillieren. Es gibt drei Typen von Schwingungen: gedämpfte, stabile und unkontrollierte.

Die erste, bei der die Amplitude mit der Zeit aufgrund von Reibung immer geringer wird, ist extrem gewöhnlich. Stabile Schwingung kommt vor, wenn vorsichtig dosierte Verstärkung durch Resonanz gegeben ist - so beispielsweise auch bei der Generierung von Wechselstrom oder Radiowellen. Unkontrollierte Schwingung (runaway oscillation) geht ebenfalls auf Verstärkung zurück - um nicht zu sagen auf ‘Überverstärkung‘. Aufgrund der regelmäßigen Zuführung von Energie wird die Amplitude hier sogar noch größer. Die Zuführung von Energie - genau wie im Fall der stabilen Schwingung - geschieht durch Resonanz. Wenn diese Zuführung nicht wieder auf das Niveau einer stabilen Schwingung gesenkt wird, dann führt unkontrollierte Resonanz zur Selbstzerstörung des mitschwingenden Systems (Resonanzkatastrophe).

Preise, die mit den Zinssätzen zusammenschwingen, entsprechen einem solchen System. Die Schwingung der Preise wird durch das Schwingen der Zinssätze verstärkt. In der Folge entsteht Resonanz. Aufgrund des Unwissens der Federal Reserve kommt es aber zu Überverstärkung: Die regelmäßige Zuführung von Überschusskredit befördert das System auf immer höhere energetische Niveaus. Das lässt sich empirisch belegen anhand der überschüssigen Gelder, die (wie Ebbe und Flut) zwischen dem Rohstoffmarkt und den Anleihemarkt hin und her schießen - und zwar mit zunehmender Intensität, bis das System zusammenbricht. Findet der Zusammenbruch in einer Phase statt, in der die Zinssätze steigen und Geld vom Anleihemarkt in den Rohstoffmarkt fließt, dann sprechen wir von HYPERINFLATION.

Es gibt aber noch eine zweite Variante, die aber nicht beispielhaft belegt werden kann, weil es keine historischen Beispiele für Experimente mit GLOBALEM Fiat-Papiergeld gibt: Findet der Zusammenbruch in einer Phase statt, in der die Zinssätze fallen und Geld vom Rohstoffmarkt in den Anleihemarkt fließt, dann sprechen wir von HYPERDEFLATION. Allem Anschein nach passiert zurzeit genau das. Es begann vor über 30 Jahren Anfang der 1980er. Als die Zinssätze im Januar 1980 nicht nach oben ausbrechen konnten (was damals, bei einem Goldpreis von 875 $ noch als wahrscheinlich galt), ging das System in dem Modus der sinkenden Zinssätze über, und zwar mit solcher Gewalt, dass die Fed die Kontrolle verlor. Seit drei Jahrzehnten sinken nun die Zinssätze unablässig.

Natürlich möchte die Fed uns glauben machen, all das wäre das Ergebnis vorsätzlicher Geldpolitik. Ich sage Ihnen aber, dass es nicht so ist. Hier haben wir unkontrollierbare Resonanz in Aktion - auf der Seite der Zinssätze und der Geldumlaufgeschwindigkeit, die auf null sinken. Unaufhaltsam fallen sie. Das ist Hyperdeflation. Die Fed versucht sie mit allen Mitteln zu bekämpfen, völlig vergebens. Wir sind auf einer Achterbahnfahrt, die die Welt in die Null-Geldumlaufgeschwindigkeit und in den Tauschhandel stürzt. In meinen Vorlesungen an der New Austrian School of Economics mache ich häufig auf die Ähnlichkeiten zum Einsturz der Tacoma Bridge im Jahr 1941 aufmerksam. **


Daily Bell: Nennen Sie uns bitte Ihre Kritikpunkte an der Idee, dass das partielle Reservesystem der Banken ein Verbrechen sei, eine Auffassung, die Murray Rothbard einst vertrat.

Antal Fekete: Rothbard und den amerikanischen Vertreter der Österreichischen Wirtschaftslehre (American Austrians) zufolge behaupten die Geschäftsbanken, sie würden Goldreserven Dollar für Dollar gegenüber ihren Sichtverbindlichkeiten halten, was eine Lüge ist, da bis zu 95% ihrer Reserven, die gegenüber Banknoten und Bankeneinlagen gehalten werden, aus reinen Papieransprüchen auf Gold bestehen. Das partielle Reservesystem der Banken ist Betrug, ganz gleich in welcher Ausprägung und Form es auftritt - das sagen sie. Allerdings existiert etwas, das sich "selbst-liquidierender Kredit" nennt, und das die Anhänger Rothbards nicht wahrhaben wollen. Er existiert im Form der ‘real bills‘ (Goldwechsel), mit denen die dringendst nachgefragten Güter und deren Transport zum Endverbraucher, so schnell wie möglich und nötig, gedeckt werden. Die real bill muss in 91 Tagen oder weniger fällig werden. Der Kredit ist selbst-liquidierend, da er aus den Erlösen des Verkaufs der Güter bezahlt wird. Dieser Kredit hat seinen Ursprung nicht im SPAREN, sondern paradoxerweise im KONSUM. Er wird nicht durch den Zinssatz reguliert, der im umgekehrten Verhältnis zur Sparneigung variiert, sondern durch den Diskontsatz, der im umgekehrten Verhältnis zur Konsumneigung variiert.

Geschäftsbanken, die davon absehen, kurzfristig Kredite aufzunehmen, um langfristige Kredite zu vergeben, behaupten gar nicht, dass sie 100% ihrer Reserven in Goldmünzen halten würden. Sie geben an, dass ein Neuzigstel ihrer Anlagen jeden Tag in Goldmünzen ‘fällig werden‘(auslaufen), und sollte das nicht ausreichen, um den Rückzahlungsforderungen aus ihren Sichtverpflichtungen nachzukommen, dann könnten sie immer noch, ohne Verluste, Goldwechsel aus ihren Portfolios liquidieren. Der Wechselmarkt ist sehr liquide, da es eine buchstäblich unbegrenzte Nachfrage nach Goldwechseln gibt - es sind die einträglichsten Vermögenswerte, die eine Geschäftsbank haben kann. Die American Austrians sind auf dem Holzweg. Sie sollten vielmehr die Tendenz kritisieren, mit der Goldwechsel (real bill) durch Antizipationswechsel oder die Wechsel des US-Finanzministeriums ersetzt werden - von denen keine selbst-liquidierend ist. Stattdessen schütten sie das Kind mit dem Bade aus, da sie nicht zwischen ‘real bills‘ und arglistig konstruierten Gefälligkeitswechseln unterscheiden.




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