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Warum die Goldbullen die Goldbären besiegen werden

10.11.2013  |  Manfred Gburek
Neulich fragte mich ein ausgesprochener Aktienfreak, ob es an der Zeit sei, Gold zu kaufen. Er wollte seine Aktien, Schwerpunkt Dax- und MDax-Werte, zwar bis auf Weiteres behalten, aber ihn reizte zusätzlich das Edelmetall - in erster Linie deshalb, weil es ihm nach dem mehr als zweijährigen Hin und Her des Preises wieder kaufenswert erschien. Dann schob er allerdings noch einen Satz nach, der mich ins Grübeln brachte: Mit Gold sei es doch bestimmt so wie mit anderen wertvollen Dingen, allein schon ihre Seltenheit sorge für Werthaltigkeit.

Seltenheit ist in der Tat eine wesentliche Eigenschaft des Goldes, sogar seit Jahrtausenden und über alle geografischen und politischen Grenzen hinweg. Dagegen lässt sich nicht gerade behaupten, Aktien und andere Wertpapiere seien selten - schließlich kann jedes Unternehmen neue Aktien ausgeben, wenn sein Management dies für opportun hält, und der Bund kann zurzeit sogar fast nach Belieben neue Anleihen emittieren. Womit sich die Frage aufdrängt, warum der Goldpreis seit mehr als zwei Jahren per Saldo gefallen ist, die Aktienkurse dagegen gestiegen sind, und das sogar recht kräftig.

Eine plausible Antwort könnte sein: Der Goldpreis hat von 2001 bis 2011 stark zugelegt; während dieser Zeit sind die Aktienkurse erst bis März 2003 eingebrochen, und nach ihrer deutlichen Erholung haben sie 2008 einen weiteren Kollaps erlitten, sodass dann - augenscheinlich wegen des Nachholbedarfs - die Reihe an sie gekommen ist. Plausibler erscheint indes diese Antwort: Die Notenbanken haben die Geldschleusen nach 2008 derart weit geöffnet, dass der im Vergleich zu den Anleihe- und Aktienmärkten kleine und damit weniger liquide Goldmarkt für die Aufnahme des vielen Geldes zu eng geworden ist.

Die weltweit führenden Vermögensverwalter und Börsenspieler haben also Anleihen und Aktien (einschließlich der zugehörigen Derivate) gegenüber Gold bevorzugt, um ihr Spielgeld bei Bedarf wieder schnell aus diesen hochliquiden Märkten abziehen zu können. Dabei ist ihnen zupass gekommen, dass ihr Einsatz sich - wenngleich im Lauf der Zeit immer geringer - verzinst hat; das wäre ihnen mit dem zinslosen Gold nicht gelungen.

Neben der Zinslosigkeit ist ein weiteres oft vorgebrachtes Argument gegen Gold, dass es - anders als zum Beispiel Industriemetalle - nur in geringen Mengen verbraucht wird, etwa als Zahn- oder Blattgold. Das heißt, der allergrößte Teil des jemals geförderten Goldes ist noch vorhanden. Daraus schließen Goldbären, also Pessimisten, es könne den Preis belasten, weil es neben der Minenproduktion ein potenzielles Angebot bilde. Dieses setze sich zusammen aus den Beständen von Notenbanken, Goldhortern, Münzsammlern, Schmuckliebhabern, Spekulanten und sonstigen Goldbesitzern.

Keine Frage, solche Argumente haben aus Sicht der Goldbären etwas für sich. Aber sind sie auch stichhaltig? Eher nicht. Denn sobald eine Notenbank ihr Gold verkaufen will, findet sich schnell eine andere, die es ihr abkauft; solche Deals finden in der Regel diskret und preisschonend statt. Die Zeiten, in denen vor allem die Notenbanken Großbritanniens und der Schweiz wie von Sinnen Gold zu Tiefstpreisen verschleudert haben, liegen über ein Jahrzehnt zurück. Und dass Horter, Sammler oder Schmuckliebhaber ihre Schätze auf den Markt werfen und dadurch den Goldpreis nach unten treiben, ist wohl erst nach einer Preisexplosion oder in Notzeiten zu erwarten.

Immerhin, eine wichtige Erkenntnis aus diesen Überlegungen ist, dass die Seltenheit des Goldes kein absolutes, jederzeit gültiges Merkmal ist, sondern dass es Zeiten geben kann, in denen das Edelmetall zum Teil aus den Verstecken kommt. Das war im Januar 1980 so, ansatzweise aber auch beginnend im Sommer 2011, als Besitzer von Anteilen am SPDR Gold Trust ihre Bestände zu liquidieren begannen. Kurzum, die Seltenheit des Goldes ist zu einem mehr oder weniger großen Teil von seinem Preis abhängig. Insoweit tut der aktuelle Preis der Seltenheit allerdings keinen Abbruch; sogar eine Preisverdoppelung dürfte daran kaum etwas ändern, falls sie nicht abrupt, sondern in Schüben erfolgt.

Doch was könnte den Goldpreis nachhaltig steigen lassen? Erinnern wir uns an den eingangs erwähnten Aktienfreak. Er hat bisher mit Aktien im Kleinen prozentual etwa so viel Geld verdient wie die weltweit führenden Vermögensverwalter im Großen. Nun liebäugelt er mit dem Goldkauf, um seinen Einsatz zu streuen. Derweil erforschen die großen Vermögensverwalter neue Anlagemöglichkeiten. Der physische Goldmarkt, also der Handel mit Barren, ist ihnen für umfangreiche Engagements bekanntermaßen zu eng. Folglich steigen sie mithilfe von Derivaten ein, die leicht vermehrbar sind. Das geschieht jetzt.

Warum Gold (und in seinem Gefolge auch Silber mit einem noch engeren Markt)? Erstens, weil wie erwähnt beide Edelmetalle sich als Basis für das Spiel mit Derivaten eignen. Zweitens, weil konkurrierende Anlagen - nach Anleihen und Aktien auch Top-Immobilien und Kunstwerke - entweder schon ausgereizt sind oder kurz davor stehen. Und drittens, weil die Seltenheit des Goldes mit jeder weiteren Öffnung der Geldschleusen durch die Notenbanken de facto zunimmt. Das heißt, jede Milliarde Dollar, Euro, Yen und so weiter, die sich über die Märkte ergießt, macht Gold wertvoller - zumal die Milliarden sich mittlerweile zu Billionen aufgetürmt haben.

Warum Gold jetzt und nicht schon vor einem Jahr oder alternativ erst in zwei oder drei Jahren? Diese Frage lässt sich zwar nicht abschließend, aber zumindest ansatzweise beantworten: Weil Anleihen wegen des niedrigen Zinsniveaus uninteressant geworden sind, weil Aktien, wie bereits begründet, zu Gewinnmitnahmen reizen und andere Anlagen eher marginale Bedeutung haben, weil der Goldpreis charttechnisch einen auffallenden Boden bildet und weil dieser in erster Linie auf Käufe aus China zurückzuführen sein dürfte, wo man den Yuan als weitere Weltwährung zu etablieren beginnt.

Ob Sie nun in Konsequenz daraus Gold oder Silber favorisieren, Barren, Anlage- oder Sammlermünzen bevorzugen, alternativ oder zusätzlich Edelmetallaktien kaufen (und welchen Anteil all diese Schätze an Ihrem gesamten Vermögen haben sollen), bleibt Ihren Vorlieben und Ihrer Chance/Risiko-Neigung überlassen. Doch dass Sie sich wieder verstärkt den Edelmetallen zuwenden sollten, ist als Postulat unumstößlich.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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