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Chinas Nachholeffekt

16.03.2014  |  Robert Rethfeld
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Die chinesische Regierung möchte dem Smog mit einer Vielzahl neuer Atomkraftwerke begegnen. Zudem möchte sie Anlagen bauen, die Kohle in Erdgas verwandeln. Diejenigen Chinesen, die es sich leisten können, verbringen den Winter auf der Ferieninsel Hainan im Süden Chinas. Die japanische Firma Panasonic zahlt inzwischen ihren Mitarbeitern eine Smog-Zulage.

Wirtschaftswachstum ist keine lineare Angelegenheit. Der Übergang zu einer Wachstumsphase, die weniger stark ist als zuvor und die auch mal von einer Kontraktion durchsetzt ist, dürfte in China bevorstehen. Wann genau dieser Übergang vom rasanten, unablässigen Wachstum zum normalen Boom/Bust-Konjunkturzyklus bevorsteht, ist kaum zu quantifizieren.

Anzeichen dafür, dass dies jetzt geschieht, existieren. Die Probleme Chinas im Hinblick auf das Schattenbankensystem sowie die Abwicklung von Unternehmen mit nicht ausreichenden Kreditlinien, deuten darauf hin, dass die chinesische Regierung gezwungen ist, sich auf einen solchen Übergang einzustellen.

Chinesische Unternehmen nutzen Kupfer als Sicherheit für Kredite. Mit den fallenden Kupferpreisen schmelzen die Sicherheiten dahin. Kredite können nicht mehr bedient werden. So seltsam diese Geschichte klingt, so wahr ist sie offenbar. Denn die Nachrichtenagentur Reuters brachte bereits am 22. Oktober 2013 einen entsprechenden Hintergrundbericht. (Link)

Kleinere chinesische Unternehmen erwerben Kupfer entweder direkt in Lagerhäusern der London Metal Exchange (LME) oder importieren nach China und lagern es dort. Es spielt keine Rolle, wo sich das Kupfer befindet. Wichtig ist, das Eigentum an dem Kupfer nach-weisen zu können. Das eigene Kupfer wird als Sicherheit für Bankkredite genutzt.

Das ist im Prinzip so, als ob man das eigene, abbezahlte Haus erneut mit einer Hypothek belastet, um ein zweites Haus bauen zu können. Wenn die Preise für Immobilien stark sinken, ist die Hinterlegung nicht mehr viel wert. Die Bank fordert entweder neue Sicher-heiten oder ihren Kredit zurück. Kann ein Unternehmen keine weiteren Sicherheiten liefern, kommt es ins Schlingern. Das ist nicht unähnlich dem Beginn der Finanzkrise im Jahr 2007, als die verbrieften Hypothekenpapiere massiv an Wert verloren.

Wenn es stimmt, was Reuters schreibt, dass nämlich etwa 60 bis 80 Prozent der chinesischen Kupferimporte für diese Art der Kreditfinanzierung genutzt worden sind, dann müsste man schlussfolgern, dass in China viel weniger Kupfer verbaut wurde als angenommen. China nimmt immerhin 40% der weltweiten Kupferproduktion ab.

Gleichzeitig müsste man annehmen, dass die Nachfrage nach Kupfer in den vergangenen Jahren völlig überzeichnet gewesen ist. Man müsste sich die Frage stellen, wie weit der Kupferpreis fallen kann, wenn diese Praxis der Kreditfinanzierung nicht mehr aufrecht erhalten wird oder werden kann? Reuters schreibt, dass die chinesische Regulierungs-behörde diese Praxis bereits im Mai 2013 stoppen wollte.

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Der Kupferpreis ist seit Jahresbeginn um 15 Prozent gefallen (aktuell 2,92 US-Dollar in New York). Ein Fall auf 2,38 US-Dollar (Tief 2007) würde den Jahresverlust des Kupferpreises auf 30 Prozent ansteigen lassen. Es kommt jetzt darauf an, ob sich die Panik-Situation in Kupfer fortsetzt. Dann würde eine Abwärtsspirale in Gang kommen, die immer mehr chinesische Unternehmen zwingen würde, entweder ihr Kreditportfolio zu adjustieren oder an Sicherheit nachzuschießen. In einer Situation fallender Wachstumsraten könnte eine ganze Reihe chinesischer Unternehmen Probleme haben, diesen Bedin-gungen nachzukommen.

Die Aufholjagd Chinas gegenüber dem Westen ist noch nicht vorbei. Aber die bisher starke Dynamik des Wirtschaftswachstums dürfte in einen üblichen Konjunkturzyklus übergehen, der neben Höhen auch Tiefen enthält. Werden geplante Wachstumsziele verfehlt, dürfte der bisherige Status der kommunistischen Partei Chinas als zuverlässiger „Heilsbringer“ gefährdet sein.


© Robert Rethfeld
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