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Die Entwertung der Ersparnisse

07.07.2014  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Sparer aufgepasst: Um die Schulden von Staaten und Banken zu entwerten, werden immer mehr Maßnahmen in Stellung gebracht.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) wird nicht müde, Empfehlungen auszusenden, mit denen die Überschuldungssituation von Staaten "gelöst" werden soll: und zwar indem die Halter von Staatspapieren ihre Ansprüche verlieren.

In der schnelllebigen Tagespresse tauchen die IWF-Vorstöße zwar kurz auf, versinken aber rasch in der unablässig voranschreitenden Nachrichtenflut. Daher erscheint es ratsam, den Plänen des IWF hier etwas Raum zu geben.

Der IWF fordert jetzt, dass Sparer entweder Schuldenanpassungen (englisch bezeichnet man das als "Reprofiling") oder Schuldenschnitte hinzunehmen haben, um die Staatsschulden zu verringern. (1)

Der Auslöser für eine Schuldenanpassung, wie sie der IWF vorsieht, könnte wohl kaum verwirrender und willkürlicher angedacht sein. Dem IWF schwebt das Folgende vor:

  • Die Laufzeit der Schulden soll verlängert werden, wenn ein Schuldner den Zugang zum Kapitalmarkt verloren hat und seine Schuldenlast (mit einer nicht hohen Wahrscheinlichkeit) als tragbar eingestuft wird.

  • Die Schulden sollen gestrichen werden, wenn die Schuldsituation als untragbar eingestuft wird.

  • Die Schulden sollen gestrichen werden, wenn es durch die Schuldenanpassung nicht gelingt, die Sorgen vor einer Situation untragbarer Schuldenlasten zu vertreiben.

Wer bestimmt, wann ein Staatsschuldner untragbare Schuldenlasten hat? Die Antwort, die der IWF gibt, ist vermutlich nicht überraschend: Es soll der IWF (und damit die ihm nahestehenden Interessengruppen) selbst sein!

Der IWF, beileibe kein unabhängiges Institut, will also tatsächlich darüber befinden, ob Gläubiger ihr Geld zurückerhalten oder nicht. Der politischen Willkür in der Gläubiger-Schuldner-Beziehung wäre Tür und Tor geöffnet.


Bundesbank für Enteignung in "Notsituationen"

Die Deutsche Bundesbank hatte bereits im Januar 2014 klar gemacht, dass sie den Zugriff auf die privaten Ersparnisse empfiehlt, und zwar als geeignete Alternative zur Staatsinsolvenz, gemäß dem Motto "Entspare in der Not" schrieb die Bundesbank dazu: "Darüber hinaus stellt sich aber die Frage, ob in außergewöhnlichen nationalen Notsituationen zusätzlich zu Privatisierungen und herkömmlichen Konsolidierungsmaßnahmen … auch vorhandenes privates Vermögen dazu beitragen kann, eine staatliche Insolvenz abzuwenden." (2)

Die Empfehlung der Bundesbank kam nicht aus heiterem Himmel: Im Oktober 2013 hatte der IWF eine Vermögensabgabe gefordert, um die staatlichen Schuldenstände zu vermindern - und dies insbesondere mit Blick auf die Verhältnisse im Euroraum. (3)


"Collective Action Clause"

Staatsschuldner haben es bereits einfacher, sich ihrer Schulden zu entledigen: Alle Staatsanleihen, die seit dem 1. Januar 2013 in der EU ausgeben werden, tragen eine sogenannte "Collective Action Clause" (CAC). Die CAC vereinfacht es, dass der Staat eine verbindliche Änderung der Anleihebedingungen mit der Mehrheit der Gläubiger erreichen kann, die dann für alle Gläubiger bindend ist.

Dadurch wird erschwert, dass sich ein kleiner Teil der Gläubiger erfolgreich gegen eine Schuldenrestrukturierung - in Form zum Beispiel einer Laufzeitverlängerung der Anleihe oder Zinsherabsetzung - stemmen kann. Weil fällige Staatsanleihen nach und nach durch neue ersetzt werden, die eine CAC tragen, werden bald alle ausstehenden Staatsanleihen in der EU CAC haben.


"Bail-in"

In der EU wurde ein "Bail-in" im Falle von Bankenpleiten beschlossen. Wird eine Bank insolvent, werden die Verluste im Zuge einer "Haftungshierarchie" auf die Gläubiger der Bank verteilt. Zuerst stehen die Bankaktionäre für Verluste gerade. Reicht das Eigenkapital der Bank nicht, um die Bankverluste aufzufangen, haften die Gläubiger. Bankeinlagen von weniger als 100.000 Euro sollen verschont bleiben.




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