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Von Börsen und ihren Manipulatoren

14.09.2014  |  Manfred Gburek
Es ist mal wieder an der Zeit, die globale Brille aufzusetzen. Vergessen Sie den Dax, dessen letzte Zuckungen wir gerade erleben, bevor er für längere Zeit abtaucht. Er wird seit über drei Jahren praktisch nur noch vom vielen umlaufenden Geld nach oben getrieben, aber nicht von den Gewinnaussichten der Unternehmen. Die renommierte Fondsgesellschaft Comgest hat dazu gerade erschreckende Grafiken veröffentlicht, basierend auf Daten für ganz Europa. Danach zeigt die Kurve für die Gewinnerwartungen der europäischen Unternehmen seit drei Jahren nach unten, während die entsprechende Kurve der amerikanischen Unternehmen kräftig steigt, nicht zuletzt wegen der niedrigen Energiepreise in den USA, ausgelöst durch das umstrittene Schiefergas-Fracking.

Zum Blick durch die globale Brille gehört natürlich auch ein weiteres Augenmerk auf Gold, dessen Preis zuletzt stufenweise abwärts gerichtet war. Solche Stufen sind in der Regel ein Indiz für Manipulationen. Klar, denn was soll ausgerechnet den Goldpreis nach unten treiben, da er von dem vielen weltweit vagabundierenden Geld eher profitieren müsste? Betrachten wir dieses Phänomen doch einfach mal ganz nüchtern: Überall, wo es Börsen gibt, wird manipuliert. Jede Manipulation sorgt allerdings dafür, dass die anschließende Preisreaktion in entgegengesetzter Richtung umso heftiger ausfällt. Das steht dem Goldpreis noch bevor und bedeutet: Machen Sie es wie die Chinesen und nutzen Sie den nach unten manipulierten Goldpreis für die Aufstockung Ihres Bestands.

Man sollte indes nicht außer Acht lassen, dass Gold sich in Konkurrenz zu anderen Anlageobjekten befindet, wie Immobilien, Anleihen oder Aktien. Schon ein Blick auf die Häuserpreise in London, New York und anderswo offenbart, dass dort eine Blase entstanden ist, die jederzeit platzen kann. Die Anleihenblase ist gerade dabei zu platzen. Und was Aktien angeht, muss man differenzieren, wie die folgenden Beispiele zeigen.

Dazu kurz in alphabetischer Reihenfolge, welche Unternehmen die Groß- und Kleinanleger weltweit derzeit am meisten elektrisieren: Alibaba, Amazon, Apple, Baidu, China Mobile, eBay, Facebook, Google, Softbank, Tencent, Yahoo. Es geht um die Vormachtstellung beim Geschäft im Internet. Und weil immer mehr Leute ein Smartphone oder Tablet besitzen, verspricht das Geschäft zu einer Goldgrube zu werden. Die Börsenbewertung der Aktien dieser Unternehmen sprengt, von der einen oder anderen Ausnahme abgesehen, alle gängigen Dimensionen und erinnert stark an die Kurskapriolen der Technologiebörse Nasdaq zwischen 1996 und 2000. Das heißt, die Kurse werden mittlerweile mehr von der Phantasie der Anleger nach oben getrieben als von den Wachstumsaussichten.

Wann die Korrektur in Form von scharfen Kurseinbrüchen kommt, lässt sich nicht vorherbestimmen, aber dass sie in absehbarer Zeit kommt, ist sicher. Sie wird auch andere Aktien erfassen, vor allem europäische, und diese - wiederum von Ausnahmen abgesehen - sogar nachhaltiger, weil sie nicht nur überbewertet sind, sondern auch überwiegend weniger Wachstumsaussichten haben, wie die eingangs erwähnten Comgest-Recherchen belegen.

Die Fondsgesellschaft kommt, was das weltweit vagabundierende Geld angeht, zu überraschenden Ergebnissen, weshalb ich sie hier wörtlich zitiere: "Seit 2007 hatten zwei Drittel der globalen Liquidität ihren Ursprung in Interventionen von Zentralbanken der Schwellenländer, die bestrebt waren, Devisenkurse zu manipulieren und die Wertsteigerung ihrer Währungen zu mindern." Wobei China das meiste Geld aus dem Nichts schöpfte, noch vor Japan und weit vor den USA und Europa.

Man stelle sich nun vor, der Goldpreis wäre aufgrund dessen weiter gestiegen, statt - wie seit Herbst 2011geschehen - nach unten zu reagieren. Dann hätten nicht allein die manipulierenden, sondern auch andere Zentralbanken über kurz oder lang ein riesiges Problem bekommen, nämlich in Form einer kaum mehr steuerbaren Geldpolitik aufgrund des Misstrauens in alle Währungen. Auslöser wäre der Goldpreis gewesen, dessen Höhe ja dieses Misstrauen widerspiegelt. Also sagte man sich: Lieber am Goldpreis drehen, als ein allgemeines Währungschaos in Kauf zu nehmen. Die markttechnische Konstellation dafür war günstig, denn am Goldmarkt tummelten sich damals viele Spieler, die nur eine Preisrichtung im Kopf hatten: aufwärts. Sie wurden kalt erwischt.

Jetzt drängen sich zwei Fragen auf: 1. Wann und bei welchem Goldpreis endet die Phase der Manipulation? 2. Wenn den Börsen Liquidität entzogen wird, droht dann Gold zusammen mit fast allen anderen Anlagen (außer Staatsanleihen) wie schon 2009 wieder in einen Abwärtsstrudel zu geraten?

Die erste Frage lässt sich nur so beantworten: Das Ende ist nahe, erkennbar daran, dass die Chinesen als größte Käufergruppe zu den jetzigen Preisen nicht mehr genug Gold bekommen, abzulesen in der Statistik per August, verglichen mit dem Vorjahr. Der Entzug von Liquidität hat bei Bundesanleihen schon begonnen, besonders gut zu sehen am Terminkontrakt Bund Future (Auslöser: der schwache Euro). Als Nächstes kommen aus den bereits genannten Gründen generell europäische Aktien an die Reihe, aber auch die zu hoch bewerteten Internetaktien. Außerdem sind Immobilien fällig (weniger die deutschen Wohnimmobilien als die viel zu teuren Paläste in westlichen und östlichen Metropolen). Dagegen dürfte sich die Verkaufsbereitschaft der Goldanleger aufgrund der jüngsten Preisentwicklung in engen Grenzen halten - falls es überhaupt dazu kommt.

Die Chinesen haben das Ziel, ihre Währung Renminbi in die Schranken zu weisen, weitgehend erreicht. Von ihrem anderen Ziel, sie mit Gold zu unterlegen, sind sie noch etwas entfernt. Also werden sie ihre Vorherrschaft unter den internationalen Goldkäufern ebenso ausbauen wie die Produktion der eigenen Minen, die bereits heute mehr von dem Edelmetall fördern als die Minen irgendeines anderen Landes. Beim Versuch, den Renminbi als voll konvertierbare Handelswährung einzuführen, tun sie sich noch etwas schwer. Aber den Plan dazu gibt es schon, und China ist bekannt dafür, alle wichtigen Pläne zu realisieren.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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