Anlagen, die unfrei machen, und Freiheit durch Gold
01.02.2015 | Manfred Gburek
Die heißeste Information vorab: Griechenland wird viel mehr als allgemein angenommen zum Politikum, mit dem wir uns nicht nur in den kommenden Monaten intensiv beschäftigen müssen, sondern noch viele Jahre lang. Das ist seiner geografischen Lage zwischen Orient und Okzident zuzuschreiben. Russland und China haben sich längst in die inneren Angelegenheiten der Griechen eingemischt. Derweil versucht deren neuer Anführer Alexis Tsipras, den Westen gegen den Osten auszuspielen. Dabei geht es nicht mehr allein um den gigantischen griechischen Schuldenberg, um Reformen, Troika (EU, EZB, IWF) und Grexit (Abschied aus der Eurozone), sondern um geopolitische Interessen.
Pech für die Eurozone: Ihr fehlt der Kopf. Sie spricht in vielen Sprachen - meistens durcheinander -, und ihre Mitglieder verfolgen unterschiedliche Ziele. Das Reichtumsgefälle tut ein Übriges. Daraus folgt: Der Druck der armen Euroländer auf das reiche Deutschland wächst. Die Interessenkollisionen sind bereits jetzt enorm, und sie werden von Tag zu Tag größer. Kein Wunder, dass EZB-Chef Mario Draghi es da ganz leicht hat, in die Rolle des Eurorozonen-Kopfes hineinzuwachsen. Es wäre naiv, zu glauben, dass er mit seiner zuletzt ausgerufenen Billionen-Geldpolitik nur finanzielle Ziele verfolgt. Wenn er Staatsanleihen kauft, greift er mittelbar schon in die Fiskalpolitik der Euroländer ein.
Aus Anlegersicht wird das alles noch komplizierter. Denn es gibt kein einziges Finanzprodukt, das per se einen Schutz vor den unabsehbaren Folgen des Griechenland-Krise bieten könnte. Höchstens ist umgekehrt eine Negativauslese denkbar: keine Konzentration auf nur ein Produkt, Finger weg von komplizierten Zertifikaten, von langlaufenden Anleihen und Produkten mit langen Bindungsfristen, speziell keine Kapital- oder fondsgebundenen Lebensversicherungen, die in Wahrheit Geldanlagen mit angehängter Versicherung sind, keine komplexen Riester-Renten-Produkte und keine geschlossenen Fonds.
Was bleibt da noch übrig? Die Antwort kennen Sie als Leser meiner Beiträge schon längst: Aktien für spekulative Anleger mit viel Gespür fürs Timing, von Fall zu Fall Immobilien, Gold in jedem Fall und Liquidität auf dem Tagesgeldkonto.
Das gilt jedoch keineswegs uneingeschränkt, sondern nur unter bestimmten Prämissen. So lädt der Dax über 10.000 Punkten nicht gerade zur Daueranlage ein. Ein Haus oder eine Wohnung für die Eigennutzung, falls die Bezahlung - möglichst ohne Kredit - kein Loch in die Haushaltskasse reißt, geht prinzipiell in Ordnung, nicht dagegen ein hoch fremdfinanziertes Mietshaus in einem überhitzten Wohnungsmarkt.
Gold in physischer Form (Barren und Münzen) dürfte auf Dauer ein besonders guter Schutz vor der internationalen Schuldenwirtschaft und ihren Folgen sein, wohingegen sein Preis auf Sicht von einigen Monaten noch etwas schwanken wird. Liquidität schließlich gibt Ihnen die Freiheit, je nach Gusto mit Aktien und anderen Börsenvehikeln zu spekulieren oder es sein zu lassen. Diese Freiheit ist besonders hoch einzuschätzen, wenn es an den Börsen mal wieder drunter und drüber geht - etwa bei den nächsten griechischen Eskapaden.
Wer sich bindet - sei es über langlaufende Versicherungsverträge, über Immobilien oder einfach nur über Kredite, verliert die Freiheit zum Teil oder ganz. Im Fall der erwähnten Versicherungen sogar, ohne ein Äquivalent in Form einer Überrendite zu erhalten. Das hat eine gerade von der renommierten Ratingagentur Assekurata veröffentlichte Studie ergeben.
Mit was für seltsamen Begriffen sich deren Analysten beschäftigen mussten, belegt der folgende Satz aus der Studie: "Mit 0,42% ist nämlich der Anteil der konventionellen Schlussüberschussanteile erstmals seit einigen Jahren wieder deutlich stärker ausgeprägt als die Sockelbeteiligung an den Bewertungsreserven (0,22%)." Ich werde nicht den Eindruck los, dass die Lebensversicherungsbranche auf dem Umweg über die ihr eigene schwurbelige Sprache Anleger seit Jahrzehnten bewusst daran hindert, ihre Finanzprodukte zu verstehen.
Die Baufinanzierer sind da schon etwas weiter. War es noch bis in die 90er Jahre üblich, dass Banker aus ihren Zusagen für Baukredite ein großes Geheimnis machten, indem sie mit finanzmathematischen Begriffen um sich warfen und hohe Gewinnspannen kassierten, müssen sie sich heute der Konkurrenz unabhängiger Vermittler stellen. Ich komme darauf, weil Max Herbst, unter Insidern "Zinspapst" genannt, am vergangenen Donnerstag wieder Auszeichnungen für besonders intelligente Finanzierungen vergab. Dabei räumte keine Bank, sondern die Vermittlerfirma Interhyp am meisten ab.
Die Ratingfirma Scope nimmt seit vielen Jahren offene und geschlossene Immobilienfonds unter die Lupe und damit auch deren Finanzierung. Während ihrer Recherchen ist sie auf die berüchtigten Finanzierungen in Schweizer Franken gestoßen. Da braut sich einiges zusammen, denn an die 10 Prozent der Fonds sollen Frankenkredite aufgenommen haben, die sie nun wegen der jüngsten Frankenaufwertung teuer zu stehen kommen. Viele von diesen Krediten werden bald fällig und müssen verlängert werden. Die Fonds sind gegenüber den Banken natürlich in einer schwachen Position. Am Ende werden ihre Kunden die Zeche zahlen. Damit zeigen sich geschlossene Fonds wieder einmal von ihrer schlechten Seite.
Lassen Sie mich nach den Abstechern in die Welt der problematischen Anlagen mit langfristiger Bindung noch kurz zum Gold kommen, mit dem Sie ungebunden umgehen können - bis auf einen Punkt, der vor allem psychologisch zu erklären ist: Wie wir in der abgelaufenen Woche verfolgen konnten, hat der Goldpreis sich wieder einmal hin und her bewegt, um am Freitagabend unserer Zeit doch noch die Kurve nach oben zu bekommen.
Ich kann Ihnen nachfühlen, wenn die Preisbewegungen Sie nervös machen. Erst recht, wenn Sie sich in Minenaktien engagiert haben, deren Kurse viel stärker ausschlagen. Um den Leidensdruck zu mindern, schlage ich Ihnen deshalb vor, sich stets das Ziel vor Augen zu führen: Schutz vor den uns erwartenden finanziellen Turbulenzen. Bewahren Sie also Geduld und schließen Sie mit den Preiszacken Frieden. Über kurz oder lang werden Sie sich an sie gewöhnt haben.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".
Pech für die Eurozone: Ihr fehlt der Kopf. Sie spricht in vielen Sprachen - meistens durcheinander -, und ihre Mitglieder verfolgen unterschiedliche Ziele. Das Reichtumsgefälle tut ein Übriges. Daraus folgt: Der Druck der armen Euroländer auf das reiche Deutschland wächst. Die Interessenkollisionen sind bereits jetzt enorm, und sie werden von Tag zu Tag größer. Kein Wunder, dass EZB-Chef Mario Draghi es da ganz leicht hat, in die Rolle des Eurorozonen-Kopfes hineinzuwachsen. Es wäre naiv, zu glauben, dass er mit seiner zuletzt ausgerufenen Billionen-Geldpolitik nur finanzielle Ziele verfolgt. Wenn er Staatsanleihen kauft, greift er mittelbar schon in die Fiskalpolitik der Euroländer ein.
Aus Anlegersicht wird das alles noch komplizierter. Denn es gibt kein einziges Finanzprodukt, das per se einen Schutz vor den unabsehbaren Folgen des Griechenland-Krise bieten könnte. Höchstens ist umgekehrt eine Negativauslese denkbar: keine Konzentration auf nur ein Produkt, Finger weg von komplizierten Zertifikaten, von langlaufenden Anleihen und Produkten mit langen Bindungsfristen, speziell keine Kapital- oder fondsgebundenen Lebensversicherungen, die in Wahrheit Geldanlagen mit angehängter Versicherung sind, keine komplexen Riester-Renten-Produkte und keine geschlossenen Fonds.
Was bleibt da noch übrig? Die Antwort kennen Sie als Leser meiner Beiträge schon längst: Aktien für spekulative Anleger mit viel Gespür fürs Timing, von Fall zu Fall Immobilien, Gold in jedem Fall und Liquidität auf dem Tagesgeldkonto.
Das gilt jedoch keineswegs uneingeschränkt, sondern nur unter bestimmten Prämissen. So lädt der Dax über 10.000 Punkten nicht gerade zur Daueranlage ein. Ein Haus oder eine Wohnung für die Eigennutzung, falls die Bezahlung - möglichst ohne Kredit - kein Loch in die Haushaltskasse reißt, geht prinzipiell in Ordnung, nicht dagegen ein hoch fremdfinanziertes Mietshaus in einem überhitzten Wohnungsmarkt.
Gold in physischer Form (Barren und Münzen) dürfte auf Dauer ein besonders guter Schutz vor der internationalen Schuldenwirtschaft und ihren Folgen sein, wohingegen sein Preis auf Sicht von einigen Monaten noch etwas schwanken wird. Liquidität schließlich gibt Ihnen die Freiheit, je nach Gusto mit Aktien und anderen Börsenvehikeln zu spekulieren oder es sein zu lassen. Diese Freiheit ist besonders hoch einzuschätzen, wenn es an den Börsen mal wieder drunter und drüber geht - etwa bei den nächsten griechischen Eskapaden.
Wer sich bindet - sei es über langlaufende Versicherungsverträge, über Immobilien oder einfach nur über Kredite, verliert die Freiheit zum Teil oder ganz. Im Fall der erwähnten Versicherungen sogar, ohne ein Äquivalent in Form einer Überrendite zu erhalten. Das hat eine gerade von der renommierten Ratingagentur Assekurata veröffentlichte Studie ergeben.
Mit was für seltsamen Begriffen sich deren Analysten beschäftigen mussten, belegt der folgende Satz aus der Studie: "Mit 0,42% ist nämlich der Anteil der konventionellen Schlussüberschussanteile erstmals seit einigen Jahren wieder deutlich stärker ausgeprägt als die Sockelbeteiligung an den Bewertungsreserven (0,22%)." Ich werde nicht den Eindruck los, dass die Lebensversicherungsbranche auf dem Umweg über die ihr eigene schwurbelige Sprache Anleger seit Jahrzehnten bewusst daran hindert, ihre Finanzprodukte zu verstehen.
Die Baufinanzierer sind da schon etwas weiter. War es noch bis in die 90er Jahre üblich, dass Banker aus ihren Zusagen für Baukredite ein großes Geheimnis machten, indem sie mit finanzmathematischen Begriffen um sich warfen und hohe Gewinnspannen kassierten, müssen sie sich heute der Konkurrenz unabhängiger Vermittler stellen. Ich komme darauf, weil Max Herbst, unter Insidern "Zinspapst" genannt, am vergangenen Donnerstag wieder Auszeichnungen für besonders intelligente Finanzierungen vergab. Dabei räumte keine Bank, sondern die Vermittlerfirma Interhyp am meisten ab.
Die Ratingfirma Scope nimmt seit vielen Jahren offene und geschlossene Immobilienfonds unter die Lupe und damit auch deren Finanzierung. Während ihrer Recherchen ist sie auf die berüchtigten Finanzierungen in Schweizer Franken gestoßen. Da braut sich einiges zusammen, denn an die 10 Prozent der Fonds sollen Frankenkredite aufgenommen haben, die sie nun wegen der jüngsten Frankenaufwertung teuer zu stehen kommen. Viele von diesen Krediten werden bald fällig und müssen verlängert werden. Die Fonds sind gegenüber den Banken natürlich in einer schwachen Position. Am Ende werden ihre Kunden die Zeche zahlen. Damit zeigen sich geschlossene Fonds wieder einmal von ihrer schlechten Seite.
Lassen Sie mich nach den Abstechern in die Welt der problematischen Anlagen mit langfristiger Bindung noch kurz zum Gold kommen, mit dem Sie ungebunden umgehen können - bis auf einen Punkt, der vor allem psychologisch zu erklären ist: Wie wir in der abgelaufenen Woche verfolgen konnten, hat der Goldpreis sich wieder einmal hin und her bewegt, um am Freitagabend unserer Zeit doch noch die Kurve nach oben zu bekommen.
Ich kann Ihnen nachfühlen, wenn die Preisbewegungen Sie nervös machen. Erst recht, wenn Sie sich in Minenaktien engagiert haben, deren Kurse viel stärker ausschlagen. Um den Leidensdruck zu mindern, schlage ich Ihnen deshalb vor, sich stets das Ziel vor Augen zu führen: Schutz vor den uns erwartenden finanziellen Turbulenzen. Bewahren Sie also Geduld und schließen Sie mit den Preiszacken Frieden. Über kurz oder lang werden Sie sich an sie gewöhnt haben.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".