Kein Widerrufsrecht beim Goldkauf? Doch, das kann es geben!
12.03.2015 | Redaktion
Kürzlich wurde ein interessantes, ein Widerrufsrecht betreffendes Gerichtsurteil bekannt: Ein eBay-Käufer klagte auf Rückabwicklung eines Goldkaufes und bekam Recht! Und das, obwohl sich der Verkäufer auf den Ausschluss des Widerrufsrechts bezog.Kurze Schilderung des Falls:
Ein Händler bot über eBay Goldbarren mit folgender Beschreibung an: "Goldbarren, 24 Karat, 1 Grain, 999,9 Feingold". Der Kaufpreis lag bei 8,39 € pro Grain. Ein Käufer erwarb im Juni 2013 elf dieser Barren und zahlte den Kaufbetrag via PayPal.
Kurze Zeit später bemerkte er, dass er in der Artikelbeschreibung versehentlich Gramm anstatt Grain gelesen hatte und widerrief seinen Kauf.
(Anm. d. Red.: 1 Grain = 0,0648 Gramm bzw. 1 Gramm = 15,4324 Grain)
Analog zur marktüblichen Praxis hatte der eBay-Händler in seinen Verkaufsbedingungen (AGB, Beschreibung) darauf verwiesen, dass ein Widerrufsrecht gem. § 312d, Abs. 4, Nr. 6, BGB a.F. (heute: § 312g, Abs. 2, Nr. 8 Bürgerliches Gesetzbuch) aufgrund der Preisschwankungen von Gold am Finanzmarkt ausgeschlossen ist. Daher war er nicht bereit, die Ware zurück zu nehmen und dem Käufer den vollen Kaufpreis zu erstatten.
Das überraschende Urteil
Vor dem Amtsgericht Borken (Urteil vom 26.02.2014, Az. 15 C 290/13) erhielt der Käufer jedoch Recht!
Demnach seien Goldkäufe nur dann vom Widerrufsrecht ausgeschlossen, wenn sie einen spekulativen Charakter besitzen. Dieser Ausschlussgrund soll den Verkäufer davor schützen, dass ein Kunde aufgrund von Preisentwicklungen an der Börse von seinem Vertrag zurücktritt.
Da der von dem eBay-Verkäufer festgelegte Preis für die Goldbarren aber um ein Vielfaches über dem Goldpreis an der Börse lag, war der Preis nicht unmittelbar von Schwankungen am Markt betroffen. Obwohl der Goldpreis in der Angebotszeit der Goldbarren um 11% zurück ging, passte der Händler seinen Preis nicht an und aus eben diesem Grund konnte eine Preisabhängigkeit in o.g. Fall nicht bestätigt werden. Der Verkäufer musste dem Kläger den Kaufpreis erstatten.
Die Folgen:
Sicherlich ist dieser Fall eine Ausnahme, denn kein seriöser Händler wird auf die Idee kommen, einem Anleger einen 0,065 g Goldbarren verkaufen zu wollen. Uns ist zudem auch kein großer bzw. namhafter Barrenhersteller bekannt, der aktuell Goldbarren unter 1 Gramm produziert. Selbst die kleinsten Goldmünzen der Welt sind 10x so schwer wie diese Barreneinheit.
Der auf das Gramm bzw. die Unze umgerechnet aberwitzige Verkaufspreis lässt vermuten, dass der Verkäufer die Namensähnlichkeit bewusst wählte, um das eine oder andere Geschäft mit unwissenden oder leichtsinnigen Käufern tätigen zu können.
Bei den klassischen und marktüblichen Anlageprodukten, ob Münzen oder Barren, ändert sich auch zukünftig nichts - was das Gericht indirekt bestätigte. Aber aufgepasst, bei Produkten mit hohen Aufgeldern, deren Preise vom Händler nicht täglich angepasst und somit zu einem Festpreis angeboten werden, gilt ein Ausschluss des Widerrufsrechts nach dem aktuellen Urteil NICHT.
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