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Was Gold jetzt den Immobilien voraus hat

28.06.2015  |  Manfred Gburek
Ihnen ist sicher aufgefallen, dass ich in letzter Zeit immer häufiger den Kauf von Gold (einschließlich Silber) empfehle, je nach Anlagetemperament - konservativ bis spekulativ - in den Varianten Barren, Anlagemünzen oder Minenaktien. Dabei tut sich an den Edelmetallmärkten recht wenig, ja sie scheinen geradezu einzuschlafen. Warum also die mehrfachen Empfehlungen? Auf den Punkt gebracht: Weil man kaufen soll, wenn etwas preiswert ist. Und warum ist Gold jetzt preiswert? Weil es in den kommenden Monaten auf dem Umweg über negative Realzinsen allmählich teurer zu werden verspricht.

Diese Aussage ist interpretationsbedürftig. Zunächst sieht es ja so aus, als steuerten wir nicht auf negative, sondern auf noch höhere positive Realzinsen zu, also auf das, was nach Abzug der Inflationsrate von den Nominalzinsen übrig bleibt. Denn scheinbar rechnet die ganze Finanzwelt damit, dass die Renditen der Staatsanleihen, die als Indikator für die Höhe der Nominalzinsen dienen, weiter steigen werden, während die Inflation in dieser Rechnung kaum eine Rolle zu spielen scheint.

Wenn die Auguren sich da nicht verrechnen! Weil erstens höhere Renditen mit Kursverlusten der Anleihen einhergehen, was als Misstrauen in die Geldwertstabilität interpretiert werden kann. Und weil zweitens fast alles dafür spricht, dass die Inflation in Schüben wiederkommen wird, allein schon bedingt durch die Erholung des Ölpreises und - speziell in Deutschland stark ausgeprägt - die steigenden Mieten, die einschließlich Nebenkosten zu etwa einem Drittel auf die deutsche Inflationsrate durchschlagen.

In diesem Umfeld verhält sich der Goldpreis zunächst neutral. Wobei natürlich differenziert werden muss: Seine Entwicklung hängt mehr von amerikanischen als von europäischen Investoren ab, von asiatischen mehr als von amerikanischen und europäischen zusammen (jedenfalls auf mittlere Sicht). Sie lässt in letzter Zeit Langeweile aufkommen, erkennbar an den immer geringer werdenden Preisausschlägen (außer wenn die Zocker an der Terminbörse Comex mal wieder der Hafer sticht). Es handelt sich also zunehmend um eine Seitwärtsbewegung. Eine solche ist charakteristisch dafür, dass Käufer und Verkäufer sich die Waage halten.

Ein Teil der Investoren interpretiert diese Entwicklung als Ruhe vor dem Sturm, der den Preis des zinslosen Goldes vermeintlich nach unten drücken würde. Dagegen argumentieren andere Investoren, in Erwartung negativer Realzinsen werde der Sturm für einen Preisausbruch nach oben sorgen. Doch um genauer zu sein: Die Goldbären, also die Pessimisten, konzentrieren sich eher auf die kurzfristige Preisentwicklung, während die optimistischen Goldbullen die mittel- bis langfristige Perspektive im Auge haben.

Daraus folgt für Sie als Anleger: Üben Sie sich mit Ihren hoffentlich reichlichen Beständen an Gold einschließlich Silber und Minenaktien weiter in Geduld, die in absehbarer Zeit belohnt wird. Geduld ist in solchen Phasen eine Tugend, die viel von Ihnen abverlangt. Und zwar allein schon deshalb, weil während der anhaltenden Seitwärtsbewegung der Edelmetallpreise bestimmte Investoren das Hohelied der Aktien singen und andere mit zig Argumenten Immobilien anpreisen. Interessant ist, was ich dazu in dem soeben erschienenen "Beteiligungskompass/Who is who der Sachwertbranche" gefunden habe. Danach soll ein sogenanntes "chancenreiches Portfolio" zu jeweils 20 Prozent aus Aktien und Anleihen, zu 24 Prozent aus Immobilien, aber nur zu 5 Prozent aus Gold bestehen.

Der Beteiligungskompass wurde am vergangen Donnerstag bei einer "immpresseclub e.V.-Veranstalung" ausgelegt. Der Club vereinigt geballtes Know-how in Sachen Immobilien. Pikant: Der erste Referent war am Donnerstag Hartmut Bulwien, Chef des Aufsichtsrats der bulwiengesa AG, deren Daten unter anderem die Deutsche Bundesbank nutzt. Er ließ an den meisten Immobilienindizes kein gutes Haar. Eine seiner Kernaussagen war: Kein Index kann die qualitative Entwicklung von Immobilien wiedergeben, und je nach Index kann mal Frankfurt, mal München, ja sogar Oldenburg oder Wuppertal beim Ranking Nummer eins sein.

Es kommt noch dicker. Dazu nur die beiden folgenden Beispiele: Laut Barbara Knoflach, seit vielen Jahren im Immobiliengeschäft verwurzelt, sitzen 41 Prozent der deutschen Family Offices (reiche Leute) auf Immobilien, überwiegend rund um den Kirchturm sowie nach Gusto hier und da verstreut, in Eigenregie mehr schlecht als recht verwaltet und von der Rendite her uninteressant. Matthias Engelmayer, Analyst bei Independent Research, hat errechnet, dass die Prämie auf den Net Asset Value (das Vermögen) deutscher Wohnimmobilien-Aktiengesellschaften, gemessen an deren Kursen, auf 20 Prozent hochgeschnellt ist. Also eine klare Überbewertung. Folglich rät er vom Kauf dieser Aktien ab.

Ich habe natürlich nicht prinzipiell etwas gegen Immobilien und fast ein halbes Jahrhundert lang viele - überwiegend positive - Erfahrungen mit ihnen gesammelt. Allerdings kam es mir im Gegensatz zu den meisten anderen Anlegern immer auf ein ganzes Paket an Qualitätsmerkmalen an: Lage, Wiederverkäuflichkeit, angemessene Finanzierung, steuerliche Optimierung, Rendite und Timing.

Aus diesem Sextett ergibt sich, dass die Geldanlage in Immobilien immer eine Spekulation ist. Denn Lagen können von heute auf morgen attraktiv oder unattraktiv werden. Die Wiederverkäuflichkeit hängt von der Lage und vom Preis ab. Die Finanzierung mittels Kredit zehrt bei vermieteten Objekten an der Rendite und ist bei Eigennutzung ein Klotz am Bein. Steuern ändern sich immer wieder mal; aktuell sind sie wegen der hohen Grunderwerbsteuer in den meisten Bundesländern eher eine Strafe, und nur 2 Prozent steuerliche Abschreibung auf vermietete Objekte sind uninteressant.

Die Rendite, bestehend aus den laufenden Mieten und - soweit vorhanden - dem Gewinn, ergibt sich erst nach dem Verkauf. Das Timing schließlich ist besonders wichtig, zumal der Kauf einer Immobilie für die meisten Menschen ein Klumpenrisiko bildet; das heißt, ihr Vermögen ist zu sehr konzentriert, was dem Prinzip einer ausgewogenen Risikostreuung widerspricht. Und Immobilienfonds müssen in der neuen Form erst ihre Existenzberechtigung nachweisen.

Es ist reizvoll, unter den hier genannten Aspekten die Anlege in Immobilien mit der Anlage in Gold zu vergleichen. Lassen wir also die Sextettpunkte Revue passieren: Was die Lage betrifft, ist Gold überall auf der Welt zu Hause. Die Wiederverkäuflichkeit ist jederzeit gegeben, es sei denn, der private Goldbesitz wird verboten.

Die Finanzierung mittels Kredit kann nur extrem spekulativen Anlegern empfohlen werden; im Zweifel sollte man die Finger davonlassen. Steuerlich ist Gold allein schon wegen der Steuerfreiheit von Gewinnen nach einem Jahr hochinteressant. Allerdings fehlen, sieht man von Dividenden der Minenaktien ab, laufende Erträge. Und das Timing erfordert so viel Geschick, dass es sich empfiehlt, Käufe und irgendwann auch mal Verkäufe über mehrere Monate zu verteilen.

Fazit: Die hier vorgenommene Gegenüberstellung von Wohnimmobilien und Gold zeigt, dass es sich um Anlageklassen mit grundverschiedenen Merkmalen handelt. Ich habe den Vergleich vor allem deshalb vorgenommen, weil die Anlage in Gold wegen der genannten Gründe aus heutiger Sicht erfolgreicher zu werden verspricht als die jetzt von vielen Seiten angepriesene Anlage in Immobilien. Aber auch, um klarzustellen, dass die häufige Subsumierung beider Anlageklassen unter dem Stichwort Sachwerte irreführend ist. Immobilien haben vorerst ihre beste Zeit hinter sich, Gold noch vor sich.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".



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