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Hang zur Inflation

12.10.2015  |  Prof. Dr. Thorsten Polleit
Im Schuldgeldsystem wird Inflation früher oder später unwiderstehlich, sie wird als die "Politik des kleinsten Übels" angesehen.

Die Europäische Zentralbank (EZB) lässt verlauten, die Inflation im Euroraum sei derzeit zu niedrig. Mit anderen Worten: Die Geldentwertung sei nicht hoch genug. Wie erklärt sich das? Die EZB hat sich zur Aufgabe gemacht hat, die Inflation (der Konsumentenpreise) bei etwa 2 Prozent zu halten. Derzeit liegt die Inflation tatsächlich bei etwa null Prozent. Für die Konsumenten ist das sehr erfreulich!

Die Klage der EZB, die Inflation sei zu niedrig, hat einen tieferliegenden Grund. Er ist in der Konstruktion des ungedeckten Papiergeldsystems zu finden, in dem Geld per Kreditvergabe "aus dem Nichts" geschaffen wird. Es handelt sich hierbei um ein inflationäres System, das für ein Ansteigen der Preise auf breiter Front sorgt: Die Preise der Güter der laufenden Produktion und die der Güter, die in Vorperioden erstellt wurden (Vermögen), steigen.

Problematisch ist dabei, dass der Preisauftrieb sich fortsetzen muss, damit das ungedeckte Papiergeldsystem nicht ins Schlingern gerät. Keinesfalls jedoch dürfen die Preise der Güter fallen. Sonst wird es kritisch.


Überschuldet

Betrachten wir dazu ein einfaches Beispiel. Die Familie XYZ hat ein Haus zu 100 Euro gekauft. Sie verfügt über 20 Euro Eigenkapital und hat einen Kredit in Höhe von 80 Euro aufgenommen (siehe Abb. 1).

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Abb. 1


Nun fällt der Hauspreis auf 80 Euro (siehe Abb. 2). Das Eigenkapital von Familie XYZ fällt auf 0 Euro. Daraufhin meldet sich die Bank. Sie sagt, die ursprünglichliche Beleihungsgrenze (von 80 Prozent (also Kredit 80 Euro dividiert durch Hauspreis von 100 Euro)) sei nunmehr auf 100 Euro gestiegen.

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Abb. 2


Die Bank fordert daher Familie XYZ auf, zusätzliche Sicherheiten zu stellen (und zwar in Höhe von 20 Euro). Doch Familie XYZ hat das Geld nicht. Die Bank stellt daraufhin den Kredit fällig. Familie XYZ muss ihr Haus verkaufen.

Geht es vielen Familien so, fallen die Häuserpreise (zum Beispiel auf 50 Euro, siehe Abb. 3). Familie XYZ und auch andere Familien, die ihr Haus mit Kredit und wenig Eigenkapital gekauft haben, sind plötzlich überschuldet: Der Erlös aus dem Häuserverkauf reicht nicht mehr aus, um die Kredite zurückzuzahlen.

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Abb. 3


In gleicher Weise ergeht es nicht nur den privaten Häuslebauern, sondern auch Unternehmen, die verschuldet sind. Sinkt der Marktpreis ihres Vermögens, geraten sie unter Druck.

In einer Deflation - wenn die Preise auf breiter Front fallen - geraten Schuldner in Probleme, werden zahlungsunfähig. Die Kreditgeber - allen voran Banken und Versicherungen, die die Banken finanzieren - erleiden Verluste.


b]Interesse an Inflation[/b]

Die Staaten sind in einer Deflation nicht mehr in der Lage, ihre Ausgaben wie bisher zu leisten. Die Steuereinnahmen schrumpfen. Transferzahlungen (wie Sozialleistungen und Pensionen) müssen reduziert werden. Zudem dramatisiert sich die staatliche Verschuldungslast: Die Steuereinnahmen fallen, der Schuldenstand bleibt hingegen unverändert. Angesichts schwindender Kreditqualität steigen zudem auch die Kreditkosten an.

Diese wenigen Beispiele mögen genügen, um zu verdeutlichen, warum die staatlichen Geldpolitiken alles daran setzen, damit die Preise nicht fallen beziehungsweise dass sich die Preissteigerungen fortsetzen. Und nicht nur das. Im ungedeckten Papiergeldsystem kommt es früher oder später zu einem Inflationsdrang:

[Die verschuldeten Gruppen entwickeln ein Interesse an "etwas höherer Inflation". Denn sind die Schuldenlasten von Staaten, Banken, Unternehmen und Privaten erst einmal groß genug, erblicken viele Schuldner in der Politik der Inflation einen "Ausweg" aus momentanen Schwierigkeiten. Die Verschuldeten hoffen, dass ihre reale Schuldenlast durch steigende Inflation gemindert wird, dass es ihnen gelingen wird, ihre Schulden mit entwertetem Geld zurückzuzahlen.


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