Gold und Silber vor einem längeren Höhenflug
18.10.2015 | Manfred Gburek
Heute beantworte ich vorab einige Fragen zu Gold und Silber, die wahrscheinlich auch Ihnen auf den Nägeln brennen - wie vielen weiteren privaten und institutionellen Anlegern, mit denen ich in den vergangenen Wochen diskutiert habe.
Damit soll es fürs Erste genug der Fragen und Antworten sein. Darüber hinaus erscheinen mit noch ein paar grundsätzliche Anmerkungen sinnvoll. Da ich gerade das Thema Steuern angetippt habe: Gewinne aus Wertsteigerungen der genannten Münzen und Barren sind nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei. Das gilt nach einem aktuellen BFH-Urteil auch für die Xetra-Gold-Anleihe, die den Goldpreis in Euro pro Gramm repräsentiert. Für Sammlermünzen mit einem im Vergleich zum reinen Metallwert hohen Liebhaberwert gelten steuerliche Sonderbestimmungen. Zu Details stehen Ihnen kompetente Edelmetallhändler zur Verfügung (s.o.).
Nun zu einer Beobachtung in Sachen Timing, die ich beim Studium verschiedener Langfristcharts gemacht habe: Die Kurven von Wachstumsaktien, etwa aus den Branchen Biotech oder Internet, zeigen in den Jahren seit 2009 bis vor wenigen Monaten einen exponentiellen Verlauf, der auffallend dem der Preise von Gold und Silber während der Zeit zwischen 2001 und 2011 ähnelt.
Was ich damit sagen will? Ganz einfach: Dass exponentielle Kurs- bzw. Preisentwicklungen meistens langsam beginnen und im Rausch enden. Den Edelmetallrausch gab es im Sommer 2011, als die Titelseite der Bild-Zeitung lauter Goldbarren zeigte. Dagegen fand der jüngste Biotechrausch von der Öffentlichkeit kaum beachtet statt, während der Internetrausch wiederum ein großes Publikum anzog, sei es mit dem Kursverlauf von Apple- oder Amazon-Aktien, sei es mit erratischen Kurssprüngen von Facebook bis Xing.
Ohne den Vergleich der hier genannten Wachstumsaktien mit Gold und Silber überzustrapazieren - man kann doch einiges aus ihm lernen. Zum Beispiel, dass es Anlagemoden gibt. Oder dass jede Hausse eine große Pause und mehrere kleine macht. Nur besteht der gravierende Unterschied zwischen in Mode gekommenen Aktienkategorien und Edelmetallen darin, dass von 100 an die Börse gestarteten Biotech- oder Internetaktien im Lauf der Jahre bestimmt 70 bis 80 wieder von der Börse verschwinden, während Gold und Silber noch Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte lang gehandelt werden.
Wobei anzumerken ist, dass die meisten Gold- und Silberaktien, vornehmlich Explorationswerte, das Schicksal ihrer Brüder aus den Branchen Biotech und Internet teilen dürften.
Zu Charts sind ein paar weitere Anmerkungen angebracht. Trader nutzen sie besonders gern, um kurzfristige Gewinne einzustreichen. Ob das auf Dauer gut geht, hängt vom individuellen Geschick jedes Anlegers ab. Es handelt sich mehr um Spiel als um Spekulation und erst recht nicht um Geldanlage, auch wenn so mancher Hedgefondsmanager das sicher anders sieht.
Wer es mag, möge seinen Spieltrieb befriedigen. Es gibt indes bedeutsame Chartsignale, die kurzfristig erhebliche Preisschwankungen nach oben wie auch nach unten auslösen können. Dahinter stecken oft Algotrader; das sind Großanleger, die Algorithmen einsetzen, also schematische Rechenverfahren. Wer als privater Anleger allzu ängstlich ist, erschrickt angesichts solcher Schwankungen und kauft oder verkauft Gold und Silber möglicherweise zur Unzeit.
Der goldene Mittelweg beim Timing besteht zweifellos in einer Kombination aus fundamentalen und charttechnischen Daten. Was ich damit sagen will, ergibt sich aus dem folgenden volkstümlichen Zitat, entnommen der Internetseite wellenreiter-invest.de von Robert Rethfeld am vergangenen Donnerstag: "Steigende Rohstoffpreise und fallende Renditen schalten den Turbo bei der Realverzinsung in Richtung Süden ein."
Dann vergleicht Rethfeld 2 Prozent Inflation, die von der amerikanischen Notenbank Fed und - mit kleinen Abstrichen - von der EZB angestrebt werden, mit 1,5 Prozent Rendite zehnjähriger US-Anleihen und kommt zum Fazit: "Das ist genau das Futter, was der Goldpreis benötigt. Je schneller die Realverzinsung zurückgeht, desto stärker steigt der Goldpreis."
Bleibt noch zu ergänzen, dass dies analog ebenfalls für den Silberpreis gilt, wenngleich mit der kleinen Einschränkung, dass Silber in weit größerem Ausmaß als Gold auch ein Industriemetall ist. Die Vergangenheit hat freilich immer wieder gezeigt, dass Anleger Silber eher als Edelmetall definieren und seinen Preis etwa parallel zum Goldpreis nach oben oder unten schicken. Etwa, weil die Preisausschläge des Silbers viel heftiger ausfallen.
Damit sind wir beim für heute letzten Punkt der Charttechnik angekommen, bei der relativen Stärke. Sie bedeutet: Steigt der Silberpreis prozentual höher als der Goldpreis, ist der Aufwärtstrend für beide Edelmetalle intakt. Das gilt umgekehrt natürlich auch für einen Abwärtstrend, aber den wollen wir wegen der Vielzahl der eingangs unter Punkt 2. genannten positiven Argumente nicht herbeibeschwören. Zum Messen der relativen Stärke brauchen Sie übrigens keine komplizierten Formeln, sondern nur einen der im Internet gratis angebotenen Chartdienste, etwa von goldseiten.de, comdirect.de oder finanzen.net. Viel Erfolg!
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".
- 1. Haben die Preise beider Edelmetalle seit September dieses Jahres die Wende nach oben geschafft? Ja.
- 2. Was gab den Ausschlag? Die Kombination aus nachlassenden Verkäufen durch Fonds, Nettokäufen der Schwellenländer, abnehmenden Minenverkäufen, anziehenden Rohstoffpreisen, anhaltenden Niedrig- bis Nullzinsen, zunehmendem Misstrauen in die Schuldenpolitik der führenden Notenbanken und Regierungen, missratenen Preismanipulationsversuchen, positiven charttechnischen Signalen und Käufen von Schnäppchenjägern. Wer noch mehr wissen will, klickt am besten auf gold.org, wo umfangreiche Goldstatistiken veröffentlicht werden.
- 3. Wie geht es weiter? Nach oben, aber eher in Schüben mit zwischenzeitlichen Rücksetzern als mit einem anhaltenden Durchmarsch.
- 4. Wie hoch werden die Preise von Gold und Silber steigen? Das weiß niemand, der Phantasie sind keine Grenzen gesetzt. Entscheidend wird sein, ob und wann das Misstrauen in die Schuldenpolitik zur internationalen Flucht in Gold und Silber führt und wann sich eine allgemeine Inflationsmentalität einschließlich negativer Realzinsen breit macht.
- 5. Wie kann man vom kommenden Gold- und Silberboom profitieren? Konservative Anleger kaufen bei etablierten Edelmetallhändlern (u.a. auf goldseiten.de zu finden) gängige Anlagemünzen aus Gold zu einer Unze (31,1 Gramm) Feingoldgehalt und/oder übliche Goldbarren, beide Kategorien frei von Mehrwertsteuer. Außerdem gängige Silbermünzen, die im Gegensatz zu Silberbarren, für die der volle Mehrwertsteuersatz anfällt, nur der relativ günstigen Differenzbesteuerung unterliegen. Spekulative Anleger greifen am besten zu fünf bis zehn Minenaktien, die sie u.a. bei kitco.com finden, indem sie dort auf XAU oder HUI klicken. Im Übrigen hat Thorsten Schulte ganz aktuell am Donnerstag eine umfangreiche Minenstudie mit vielen Details veröffentlicht, die seine Abonnenten über silberjunge.de beziehen.
Damit soll es fürs Erste genug der Fragen und Antworten sein. Darüber hinaus erscheinen mit noch ein paar grundsätzliche Anmerkungen sinnvoll. Da ich gerade das Thema Steuern angetippt habe: Gewinne aus Wertsteigerungen der genannten Münzen und Barren sind nach einem Jahr Haltedauer steuerfrei. Das gilt nach einem aktuellen BFH-Urteil auch für die Xetra-Gold-Anleihe, die den Goldpreis in Euro pro Gramm repräsentiert. Für Sammlermünzen mit einem im Vergleich zum reinen Metallwert hohen Liebhaberwert gelten steuerliche Sonderbestimmungen. Zu Details stehen Ihnen kompetente Edelmetallhändler zur Verfügung (s.o.).
Nun zu einer Beobachtung in Sachen Timing, die ich beim Studium verschiedener Langfristcharts gemacht habe: Die Kurven von Wachstumsaktien, etwa aus den Branchen Biotech oder Internet, zeigen in den Jahren seit 2009 bis vor wenigen Monaten einen exponentiellen Verlauf, der auffallend dem der Preise von Gold und Silber während der Zeit zwischen 2001 und 2011 ähnelt.
Was ich damit sagen will? Ganz einfach: Dass exponentielle Kurs- bzw. Preisentwicklungen meistens langsam beginnen und im Rausch enden. Den Edelmetallrausch gab es im Sommer 2011, als die Titelseite der Bild-Zeitung lauter Goldbarren zeigte. Dagegen fand der jüngste Biotechrausch von der Öffentlichkeit kaum beachtet statt, während der Internetrausch wiederum ein großes Publikum anzog, sei es mit dem Kursverlauf von Apple- oder Amazon-Aktien, sei es mit erratischen Kurssprüngen von Facebook bis Xing.
Ohne den Vergleich der hier genannten Wachstumsaktien mit Gold und Silber überzustrapazieren - man kann doch einiges aus ihm lernen. Zum Beispiel, dass es Anlagemoden gibt. Oder dass jede Hausse eine große Pause und mehrere kleine macht. Nur besteht der gravierende Unterschied zwischen in Mode gekommenen Aktienkategorien und Edelmetallen darin, dass von 100 an die Börse gestarteten Biotech- oder Internetaktien im Lauf der Jahre bestimmt 70 bis 80 wieder von der Börse verschwinden, während Gold und Silber noch Jahrzehnte, wenn nicht sogar Jahrhunderte lang gehandelt werden.
Wobei anzumerken ist, dass die meisten Gold- und Silberaktien, vornehmlich Explorationswerte, das Schicksal ihrer Brüder aus den Branchen Biotech und Internet teilen dürften.
Zu Charts sind ein paar weitere Anmerkungen angebracht. Trader nutzen sie besonders gern, um kurzfristige Gewinne einzustreichen. Ob das auf Dauer gut geht, hängt vom individuellen Geschick jedes Anlegers ab. Es handelt sich mehr um Spiel als um Spekulation und erst recht nicht um Geldanlage, auch wenn so mancher Hedgefondsmanager das sicher anders sieht.
Wer es mag, möge seinen Spieltrieb befriedigen. Es gibt indes bedeutsame Chartsignale, die kurzfristig erhebliche Preisschwankungen nach oben wie auch nach unten auslösen können. Dahinter stecken oft Algotrader; das sind Großanleger, die Algorithmen einsetzen, also schematische Rechenverfahren. Wer als privater Anleger allzu ängstlich ist, erschrickt angesichts solcher Schwankungen und kauft oder verkauft Gold und Silber möglicherweise zur Unzeit.
Der goldene Mittelweg beim Timing besteht zweifellos in einer Kombination aus fundamentalen und charttechnischen Daten. Was ich damit sagen will, ergibt sich aus dem folgenden volkstümlichen Zitat, entnommen der Internetseite wellenreiter-invest.de von Robert Rethfeld am vergangenen Donnerstag: "Steigende Rohstoffpreise und fallende Renditen schalten den Turbo bei der Realverzinsung in Richtung Süden ein."
Dann vergleicht Rethfeld 2 Prozent Inflation, die von der amerikanischen Notenbank Fed und - mit kleinen Abstrichen - von der EZB angestrebt werden, mit 1,5 Prozent Rendite zehnjähriger US-Anleihen und kommt zum Fazit: "Das ist genau das Futter, was der Goldpreis benötigt. Je schneller die Realverzinsung zurückgeht, desto stärker steigt der Goldpreis."
Bleibt noch zu ergänzen, dass dies analog ebenfalls für den Silberpreis gilt, wenngleich mit der kleinen Einschränkung, dass Silber in weit größerem Ausmaß als Gold auch ein Industriemetall ist. Die Vergangenheit hat freilich immer wieder gezeigt, dass Anleger Silber eher als Edelmetall definieren und seinen Preis etwa parallel zum Goldpreis nach oben oder unten schicken. Etwa, weil die Preisausschläge des Silbers viel heftiger ausfallen.
Damit sind wir beim für heute letzten Punkt der Charttechnik angekommen, bei der relativen Stärke. Sie bedeutet: Steigt der Silberpreis prozentual höher als der Goldpreis, ist der Aufwärtstrend für beide Edelmetalle intakt. Das gilt umgekehrt natürlich auch für einen Abwärtstrend, aber den wollen wir wegen der Vielzahl der eingangs unter Punkt 2. genannten positiven Argumente nicht herbeibeschwören. Zum Messen der relativen Stärke brauchen Sie übrigens keine komplizierten Formeln, sondern nur einen der im Internet gratis angebotenen Chartdienste, etwa von goldseiten.de, comdirect.de oder finanzen.net. Viel Erfolg!
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: Außer diversen Börsenbüchern schrieb er: "Das Goldbuch", das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z", "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" und zuletzt das Ebook "Ach du liebes Geld!".