Bargeld-Abschaffung: Das Ende unseres Finanzsystems rückt näher
23.02.2016 | Ernst Wolff
Zeiten schwerer Krisen zeichnen sich dadurch aus, dass Politik und Wirtschaft aus reinem Selbsterhaltungstrieb zu Maßnahmen gezwungen werden, die das System kurzfristig stabilisieren, es aber langfristig noch stärker untergraben. Genau diese Entwicklung zeichnet sich zurzeit bei den Themen Bargeld-Eindämmung und Bargeld-Abschaffung ab.
Zahllose Journalisten versuchen seit Monaten, der Öffentlichkeit einzubläuen, wie altmodisch, umständlich oder gar lästig der Einsatz von Münzen und Banknoten und wie zeitgemäß und effizient dagegen der Einsatz von Kredit- oder Chipkarten ist (womit sie leider bei vielen jungen Menschen auf offene Ohren treffen). Gleichzeitig überschlagen sich Politiker darin, vor den Gefahren des Bargeldes zu warnen: Es fördere die Geldwäsche, begünstige die Steuerhinterziehung, leiste der Korruption Vorschub und erleichtere Terroristen die Geldbeschaffung.
Wieso gerade jetzt?
Der unbefangene Beobachter fragt sich verwundert, wieso diese Themen gerade jetzt aufgebracht werden - schließlich existieren Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Korruption und auch der Terrorismus seit Jahrzehnten. Die Verwunderung ist berechtigt. Alle vier Gründe sind vorgeschoben und haben mit den wahren Motiven, die hinter der Eindämmung und möglichen Abschaffung des Bargeldes stecken, nicht das Geringste zu tun.
Tatsächliche Beweggründe der derzeitigen Kampagne gegen das Bargeld sind einzig und allein zwei Faktoren: Die inzwischen in der gesamten Eurozone durchgesetzte Ersetzung des Bail-out durch das Bail-in und die Auswirkungen von Negativzinsen auf das Finanzverhalten arbeitender Menschen.
Das globale Finanzsystem konnte 2008 nur durch ein Bail-out am Leben erhalten werden. D.h.: die Staaten sprangen damals mit Steuergeldern ein und hielten zahlreiche dem Untergang geweihte Finanzunternehmen mit der Begründung, sie seien "too big to fail", künstlich am Leben. Diese nahmen die Vorzugsbehandlung nicht etwa zum Anlass, um eigene Risiken einzudämmen, sondern als Freifahrschein, um noch höhere Risiken einzugehen und noch mehr Schulden anzuhäufen. Da die Staaten inzwischen schlichtweg nicht mehr genug Geld haben, um sie erneut zu retten, wird ein weiterer Bail-out in der nächsten Notsituation nicht mehr möglich sein.
Bail-in statt Bail-out
Aus diesem Grunde ist mittlerweile das Bail-in eingeführt worden: Finanzunternehmen werden in Zukunft gerettet, indem zu allererst auf die Vermögen von Sparern, Kleinanlegern und Kleinaktionären zurückgegriffen wird. Diese Form der Enteignung ist bereits auf Zypern, in Italien und Portugal praktiziert worden. Sie hat allerdings Folgen: Viele Menschen versuchen sich davor zu schützen, indem sie ihre Konten räumen und ihr Vermögen in der Form von Bargeld horten.
Ziel der Eindämmung bzw. Abschaffung des Bargeldes ist es, den Menschen diese Rückzugsmöglichkeit zu nehmen. Gibt es kein Bargeld mehr, sind sie gezwungen, ihr Geld bei Kreditinstituten vorzuhalten und diesen ihre Vermögenverhältnisse offenzulegen. Im Krisenfall können Staat und Finanzwirtschaft so ohne Probleme auf private Einlagen zurückgreifen.
Der zweite Grund für die Abschaffung des Bargeldes ist die rasante Talfahrt bei den Leitzinsen der Zentralbanken. Diese liegen fast überall nahe Null, in zahlreichen Ländern bereits im Negativbereich (z.B. Schweiz, Japan, EU). Zwar dauert es eine Weile, bis die Banken diese Negativzinsen an die Einleger weitergeben, aber das anschließende Szenario ist überall das gleiche: Statt dem Einleger am Ende des Jahres auf sein Sparguthaben Zinsen zu zahlen, wird ihm in Zukunft ein bestimmter Prozentsatz seines Geldes genommen.
Logische Konsequenz eines bankrotten Systems
Auch diese Form der schleichenden Enteignung nehmen die arbeitenden Menschen nicht einfach hin. Wie das Beispiel Schweiz zeigt, hebt ein Großteil der Bevölkerung sein Geld nach der Einführung von Negativzinsen von der Bank ab und hortet es daheim. Genau diese Entwicklung versuchen Staat und Finanzindustrie nun zu verhindern, indem sie die umgehende Eindämmung und Abschaffung des Bargeldes vorantreiben.
Sowohl Bail-in, als auch Negativzinsen und Abschaffung von Bargeld sind allerdings von Staat und Finanzwirtschaft nicht aus freien Stücken konzipiert worden, um an das Geld arbeitender Menschen zu kommen. Sie sind vielmehr die notwendige Konsequenz aus der Entwicklung eines längst bankrotten Finanzsystems: Sie mussten und müssen eingeführt werden, um das System selbst am Leben zu erhalten.
Dabei erzeugt die letzte der drei Maßnahmen, die Abschaffung des Bargeldes, ein neues und für das System langfristig existenzgefährdendes Problem. Sie führt nämlich dazu, dass die arbeitenden Menschen andere Möglichkeiten suchen, ihr Erspartes vor dem Zugriff der Banken und des Staates zu retten - und sich deshalb verstärkt den Edelmetallen, insbesondere dem Gold zuwenden.
Gold statt Geld
Die private Nachfrage nach Goldbarren und Goldmünzen hat seit der Einführung von Bail-in und Negativzinsen ganz erheblich zugenommen und bereits zu einem deutlichen Anstieg des Goldpreises geführt. Sollte sich dieser Prozess fortsetzen (und er wird im Fall der kompletten Bargeldabschaffung exponentiell zunehmen), wird er das bestehende System aus seinen Angeln heben. Warum?
Wir leben seit mittlerweile 45 Jahren (genau: seit dem 15. August 1971, als US-Präsident Nixon den US-Dollar vom Gold abkoppelte) in einem nur noch auf Vertrauen in das Papiergeld aufgebauten System. Dieses Vertrauen allerdings schwindet vor allem seit der Krise von 2008 rasant und wird seither nur durch Manipulation und Täuschung der Öffentlichkeit am Leben erhalten.
Das geschieht im Bereich der Edelmetalle auf verschiedenste Arten und Weisen. Eine der wichtigsten davon ist der Verkauf von Papieren, die dem Inhaber den Besitz von Gold vorgaukeln. D.h.: Die Bank verkauft einem Kunden kein physisches Gold, sondern ein Zertifikat, das ihm eine bestimmte Menge Gold zuspricht. Das Problem ist, dass die Banken mangels Kontrolle inzwischen ein Vielfaches der vorhandenen Goldmenge (die genaue Zahl kennt niemand, sie wird auf das 150- bis 250fache geschätzt, kann aber auch darüber liegen) verkauft haben.
Ein Bargeldverbot würde umgehend zu einem Run auf physisches Gold und damit zur Aufdeckung dieses Goldbetruges durch die Banken führen. Das wiederum würde den Goldpreis katapultartig in die Höhe schnellen und den Wert allen Papiergeldes auf der Welt einbrechen lassen - eine absolute Katastrophe für das globale Finanzsystem.
D.h.: Um die Konsequenzen von Niedrigzinsen und Bail-in zu kompensieren, sind Politik und Finanzindustrie derzeit gezwungen, auf eine Maßnahme zu setzen, die das System nachhaltig untergraben und schlussendlich in seiner Existenz gefährden wird - ein weiteres deutliches Zeichen dafür, dass das gegenwärtige globale Finanzsystem - historisch gesehen - in seine Endphase eingetreten ist.
© Ernst Wolff
Journalist und Buchautor ("Weltmacht IWF")
Zahllose Journalisten versuchen seit Monaten, der Öffentlichkeit einzubläuen, wie altmodisch, umständlich oder gar lästig der Einsatz von Münzen und Banknoten und wie zeitgemäß und effizient dagegen der Einsatz von Kredit- oder Chipkarten ist (womit sie leider bei vielen jungen Menschen auf offene Ohren treffen). Gleichzeitig überschlagen sich Politiker darin, vor den Gefahren des Bargeldes zu warnen: Es fördere die Geldwäsche, begünstige die Steuerhinterziehung, leiste der Korruption Vorschub und erleichtere Terroristen die Geldbeschaffung.
Wieso gerade jetzt?
Der unbefangene Beobachter fragt sich verwundert, wieso diese Themen gerade jetzt aufgebracht werden - schließlich existieren Geldwäsche, Steuerhinterziehung, Korruption und auch der Terrorismus seit Jahrzehnten. Die Verwunderung ist berechtigt. Alle vier Gründe sind vorgeschoben und haben mit den wahren Motiven, die hinter der Eindämmung und möglichen Abschaffung des Bargeldes stecken, nicht das Geringste zu tun.
Tatsächliche Beweggründe der derzeitigen Kampagne gegen das Bargeld sind einzig und allein zwei Faktoren: Die inzwischen in der gesamten Eurozone durchgesetzte Ersetzung des Bail-out durch das Bail-in und die Auswirkungen von Negativzinsen auf das Finanzverhalten arbeitender Menschen.
Das globale Finanzsystem konnte 2008 nur durch ein Bail-out am Leben erhalten werden. D.h.: die Staaten sprangen damals mit Steuergeldern ein und hielten zahlreiche dem Untergang geweihte Finanzunternehmen mit der Begründung, sie seien "too big to fail", künstlich am Leben. Diese nahmen die Vorzugsbehandlung nicht etwa zum Anlass, um eigene Risiken einzudämmen, sondern als Freifahrschein, um noch höhere Risiken einzugehen und noch mehr Schulden anzuhäufen. Da die Staaten inzwischen schlichtweg nicht mehr genug Geld haben, um sie erneut zu retten, wird ein weiterer Bail-out in der nächsten Notsituation nicht mehr möglich sein.
Bail-in statt Bail-out
Aus diesem Grunde ist mittlerweile das Bail-in eingeführt worden: Finanzunternehmen werden in Zukunft gerettet, indem zu allererst auf die Vermögen von Sparern, Kleinanlegern und Kleinaktionären zurückgegriffen wird. Diese Form der Enteignung ist bereits auf Zypern, in Italien und Portugal praktiziert worden. Sie hat allerdings Folgen: Viele Menschen versuchen sich davor zu schützen, indem sie ihre Konten räumen und ihr Vermögen in der Form von Bargeld horten.
Ziel der Eindämmung bzw. Abschaffung des Bargeldes ist es, den Menschen diese Rückzugsmöglichkeit zu nehmen. Gibt es kein Bargeld mehr, sind sie gezwungen, ihr Geld bei Kreditinstituten vorzuhalten und diesen ihre Vermögenverhältnisse offenzulegen. Im Krisenfall können Staat und Finanzwirtschaft so ohne Probleme auf private Einlagen zurückgreifen.
Der zweite Grund für die Abschaffung des Bargeldes ist die rasante Talfahrt bei den Leitzinsen der Zentralbanken. Diese liegen fast überall nahe Null, in zahlreichen Ländern bereits im Negativbereich (z.B. Schweiz, Japan, EU). Zwar dauert es eine Weile, bis die Banken diese Negativzinsen an die Einleger weitergeben, aber das anschließende Szenario ist überall das gleiche: Statt dem Einleger am Ende des Jahres auf sein Sparguthaben Zinsen zu zahlen, wird ihm in Zukunft ein bestimmter Prozentsatz seines Geldes genommen.
Logische Konsequenz eines bankrotten Systems
Auch diese Form der schleichenden Enteignung nehmen die arbeitenden Menschen nicht einfach hin. Wie das Beispiel Schweiz zeigt, hebt ein Großteil der Bevölkerung sein Geld nach der Einführung von Negativzinsen von der Bank ab und hortet es daheim. Genau diese Entwicklung versuchen Staat und Finanzindustrie nun zu verhindern, indem sie die umgehende Eindämmung und Abschaffung des Bargeldes vorantreiben.
Sowohl Bail-in, als auch Negativzinsen und Abschaffung von Bargeld sind allerdings von Staat und Finanzwirtschaft nicht aus freien Stücken konzipiert worden, um an das Geld arbeitender Menschen zu kommen. Sie sind vielmehr die notwendige Konsequenz aus der Entwicklung eines längst bankrotten Finanzsystems: Sie mussten und müssen eingeführt werden, um das System selbst am Leben zu erhalten.
Dabei erzeugt die letzte der drei Maßnahmen, die Abschaffung des Bargeldes, ein neues und für das System langfristig existenzgefährdendes Problem. Sie führt nämlich dazu, dass die arbeitenden Menschen andere Möglichkeiten suchen, ihr Erspartes vor dem Zugriff der Banken und des Staates zu retten - und sich deshalb verstärkt den Edelmetallen, insbesondere dem Gold zuwenden.
Gold statt Geld
Die private Nachfrage nach Goldbarren und Goldmünzen hat seit der Einführung von Bail-in und Negativzinsen ganz erheblich zugenommen und bereits zu einem deutlichen Anstieg des Goldpreises geführt. Sollte sich dieser Prozess fortsetzen (und er wird im Fall der kompletten Bargeldabschaffung exponentiell zunehmen), wird er das bestehende System aus seinen Angeln heben. Warum?
Wir leben seit mittlerweile 45 Jahren (genau: seit dem 15. August 1971, als US-Präsident Nixon den US-Dollar vom Gold abkoppelte) in einem nur noch auf Vertrauen in das Papiergeld aufgebauten System. Dieses Vertrauen allerdings schwindet vor allem seit der Krise von 2008 rasant und wird seither nur durch Manipulation und Täuschung der Öffentlichkeit am Leben erhalten.
Das geschieht im Bereich der Edelmetalle auf verschiedenste Arten und Weisen. Eine der wichtigsten davon ist der Verkauf von Papieren, die dem Inhaber den Besitz von Gold vorgaukeln. D.h.: Die Bank verkauft einem Kunden kein physisches Gold, sondern ein Zertifikat, das ihm eine bestimmte Menge Gold zuspricht. Das Problem ist, dass die Banken mangels Kontrolle inzwischen ein Vielfaches der vorhandenen Goldmenge (die genaue Zahl kennt niemand, sie wird auf das 150- bis 250fache geschätzt, kann aber auch darüber liegen) verkauft haben.
Ein Bargeldverbot würde umgehend zu einem Run auf physisches Gold und damit zur Aufdeckung dieses Goldbetruges durch die Banken führen. Das wiederum würde den Goldpreis katapultartig in die Höhe schnellen und den Wert allen Papiergeldes auf der Welt einbrechen lassen - eine absolute Katastrophe für das globale Finanzsystem.
D.h.: Um die Konsequenzen von Niedrigzinsen und Bail-in zu kompensieren, sind Politik und Finanzindustrie derzeit gezwungen, auf eine Maßnahme zu setzen, die das System nachhaltig untergraben und schlussendlich in seiner Existenz gefährden wird - ein weiteres deutliches Zeichen dafür, dass das gegenwärtige globale Finanzsystem - historisch gesehen - in seine Endphase eingetreten ist.
© Ernst Wolff
Journalist und Buchautor ("Weltmacht IWF")