Jetzt wird es für Bank- und Sparkassenkunden erst richtig ungemütlich
18.09.2016 | Manfred Gburek
Viele Banken und Sparkassen werden ihre Kunden in den nächsten Jahren abkassieren. Diese Aussage ist kein Banken-Bashing, sondern die nüchterne Analyse und Prognose der unvermeidlichen Folgen extrem niedriger bis negativer Zinsen. Das heißt, die Institute können mit ihrem Zinsgeschäft kaum noch Geld verdienen; folglich schlagen sie bei den Provisionen zu, und zwar schon im laufenden Jahr.
Das Ganze hat, abgesehen von spezifischen Problemen der Deutschen Bank oder der Commerzbank, einen ernsten Hintergrund. Deshalb lasse ich zunächst einen kompetenten Kronzeugen zu Wort kommen. Dann folgen die Konsequenzen für Sie als Bank- oder Sparkassenkunden.
Wenn die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Warnungen von sich gibt, heißt es: Aufgepasst! Denn als Bank der Notenbanken verfügt sie über so tiefgehende Informationen zur Geldpolitik wie keine andere Institution auf der Welt. Und wenn ihre Warnungen sogar nur einem kleinen Kreis von Insidern bekannt sind, heißt es: doppelt aufgepasst! Einer der Insider hat jetzt vor einem illustren Kreis von Bankern ausgepackt, was ganz gut zum achtjährigen "Jubiläum" der Lehman-Pleite vom 15. September 2008 passt. Hier sind seine Thesen:
Es gibt so gut keine Belege dafür, dass eine weltweite Deflation kommt oder auch nur kommen könnte. Diesbezügliche Vergleiche mit der Vergangenheit hinken. Die zurzeit sehr niedrige Inflation (zum Beispiel 0,2 Prozent in der Eurozone) gibt keinen Anlass zur Sorge. Dieser Aspekt wird von der Geldpolitik viel zu wenig berücksichtigt. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob die EZB-Politik des seinerzeit zur Krisenbewältigung eingeführten Aufkaufs von Wertpapieren (Quantitative Easing) nach dem Ende der Krise überhaupt noch einen Sinn ergibt. Die Konzentration der Notenbanken auf ein Inflationsziel führt an der Problemlösung vorbei. Denn es gibt viel wichtigere Trends zu beachten, wie etwa demografische und technologische Entwicklungen. Die Geldpolitik sollte sie viel mehr als bisher berücksichtigen.
Besonders spannend wird es, wenn der BIZ-Insider einen Widerspruch aufdeckt, der es in sich hat: Da die Aktienkurse, besonders an der Leitbörse in den USA, sehr hoch sind, spräche dies aufgrund jahrzehntelanger Erfahrungen für einen Boom. Doch gleichzeitig ist das Zinsniveau nahe Null oder sogar negativ, woraus zu schließen wäre, dass - aufgrund vergleichbarer Erfahrungen - eine Wirtschaftskrise droht.
Soll man nun dem Boom-Indikator glauben, also den Aktienkursen, oder dem Crash-Indikator, den Null- bis Minus-Zinsen? Darauf haben weder Notenbanker noch Wissenschaftler eine plausible Antwort. Insofern nimmt es kaum wunder, dass die verschiedenen Notenbanken ihre Geldpolitik einfach nicht koordiniert bekommen. Das schlägt sich auch auf die Geschäftsbanken einschließlich Sparkassen nieder, deren Aktivitäten wie gelähmt erscheinen - was nur allzu konsequent ist, weil die Zinsspannen kaum noch Raum für Gewinne lassen. Institute, die sich auf das Zinsgeschäft konzentrieren, sind also Wackelkandidaten, und das in einer Zeit widersprüchlicher Indikatoren.
Die Folgen sind absehbar. Carola Gräfin von Schmettow, Vorstandssprecherin der vom Zinsgeschäft vergleichsweise wenig betroffenen Bank HSBC Trinkaus & Burkhardt, hat sie vor unserem Frankfurter Journalistenclub ICFW am vergangenen Mittwoch wie folgt umrissen:
"Es wird ein mühsamer Weg, bis die Märkte wieder Margen abwerfen wie in den USA. Dort hat die Politik während der Bankenkrise mit unkonventionellen Mitteln den Sektor bereinigt. Das hat sich Europa nicht getraut, deshalb werden wir in Richtung Konsolidierung schleichen. Doch Zinsumfeld und Regulierung werden dafür sorgen, dass es in zehn Jahren deutlich weniger Banken in Euroland gibt. Das Zurück zur Normalität wird nicht einfach. Deshalb sind Banken klug beraten, sich auf viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, mit Niedrigzinsen einzustellen."
Das ist zweifellos harter Stoff zum Nachdenken. Aus Kundensicht betrachtet: Banken und Sparkassen versuchen das, was sie zur Kompensation des miesen Zinsgeschäfts benötigen, über Provisionen aller Art wieder hereinzuholen. Gängig - und offen ausgewiesen - sind zum Beispiel Ausgabeaufschläge und sogenannte Total Expense Ratios (TER) für Fonds, wobei im "Total" allerdings keine Transaktionskosten für Käufe und Verkäufe innerhalb der Fonds enthalten sind. Wer einen Riester-Vertrag abschließt oder Zertifikate kauft, hat es schon etwas schwerer, sich Transparenz zu verschaffen. Denn die dabei üblichen Gebührenkaskaden sind unüberschaubar. Warum zu allem Überfluss auch noch Depotgebühren hinzukommen, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben.
Viele Banken und Sparkassen stehen mit echten Dienstleistungen, die eine solche Bezeichnung wirklich verdienen, immer schon auf Kriegsfuß. Sie bedienen sich übler Tricks. Um nur einige zu nennen: Vermögensverwaltung als Selbstbedienungsladen, Performancegebühren für nicht wirklich erbrachte Leistungen, Orientierung an einer unpassenden Benchmark (oft ein Index), unfaire Umrechnung von Währungen, Werbung mit fragwürdigen Auszeichnungen, wie "Fonds des Jahres" oder - schlimmer noch - Nummer 1 für pazifische Nebenwerte in den vergangenen zehn Jahren.
Als wenn die Vergangenheit etwas mit der Entwicklung in den kommenden Jahren zu tun hätte. Und falls die Performance in den zehn Jahren alles andere als berauschend war? Dann wirbt man halt mit der fünf-, drei- oder einjährigen; zum Teufel, eine von ihnen wird ja wohl passabel sein.
Eines der Geheimnisse der "Beratung" durch Banken und Sparkassen besteht heute darin, dass Finanzprodukte so komplex strukturiert werden, bis sie erklärungsbedürftig sind. Dadurch erhalten Anlageberater (in Wahrheit Verkäufer) aus Sicht der Institute ihre Berechtigung. Das gilt unter anderem für Fonds, Zertifikate, Riester-Verträge, sonstige Formen der sogenannten Altersvorsorge, für die Vermögensverwaltung und die vermeintliche Finanzplanung. Die Verkäufer haben in der Regel Titel, die allerdings nicht viel über ihre Qualifikation aussagen. Und wenn sie erst so richtig in Fahrt gekommen sind, überschlagen sie sich mit Anglizismen, wie Event-driven, Long-short oder Core-Satellite.
Aus den aktuellen Zuständen in der Finanzbranche folgt, dass es für Sie als Kunden immer ungemütlicher und teurer wird. Das sollte für Sie zur Konsequenz haben: Legen Sie zuerst Ihre ganz persönliche Finanzplanung fest und stellen Sie dann die Finanzprodukte nach Ihren individuellen Zielen zusammen. Dazu gehört - neben einem vom Lebensalter abhängigen Strauß an wechselnden Versicherungen sowie neben Gold und Silber - ein Portfolio bei einer preiswerten Direktbank mit gutem Service, in eher seltenen Fällen alternativ bei Ihrer Hausbank oder -sparkasse, falls dort der Service großgeschrieben wird.
Managen Sie Ihr variierend aus Aktien, Anleihen und Cash bestehendes Portfolio selbst; kalkulieren Sie dafür sehr viel Zeit ein. Lassen Sie sich nur beraten, sofern es um technische Details geht. Dagegen sollten Sie Ihre Anlagestrategie immer selbst in der Hand behalten. Das kostet, wie erwähnt, zwar sehr viel Zeit, aber: Siehe oben, Sie ersparen sich dadurch unnötig hohe Provisionen und Gebühren.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.
Das Ganze hat, abgesehen von spezifischen Problemen der Deutschen Bank oder der Commerzbank, einen ernsten Hintergrund. Deshalb lasse ich zunächst einen kompetenten Kronzeugen zu Wort kommen. Dann folgen die Konsequenzen für Sie als Bank- oder Sparkassenkunden.
Wenn die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) Warnungen von sich gibt, heißt es: Aufgepasst! Denn als Bank der Notenbanken verfügt sie über so tiefgehende Informationen zur Geldpolitik wie keine andere Institution auf der Welt. Und wenn ihre Warnungen sogar nur einem kleinen Kreis von Insidern bekannt sind, heißt es: doppelt aufgepasst! Einer der Insider hat jetzt vor einem illustren Kreis von Bankern ausgepackt, was ganz gut zum achtjährigen "Jubiläum" der Lehman-Pleite vom 15. September 2008 passt. Hier sind seine Thesen:
Es gibt so gut keine Belege dafür, dass eine weltweite Deflation kommt oder auch nur kommen könnte. Diesbezügliche Vergleiche mit der Vergangenheit hinken. Die zurzeit sehr niedrige Inflation (zum Beispiel 0,2 Prozent in der Eurozone) gibt keinen Anlass zur Sorge. Dieser Aspekt wird von der Geldpolitik viel zu wenig berücksichtigt. Es bestehen erhebliche Zweifel, ob die EZB-Politik des seinerzeit zur Krisenbewältigung eingeführten Aufkaufs von Wertpapieren (Quantitative Easing) nach dem Ende der Krise überhaupt noch einen Sinn ergibt. Die Konzentration der Notenbanken auf ein Inflationsziel führt an der Problemlösung vorbei. Denn es gibt viel wichtigere Trends zu beachten, wie etwa demografische und technologische Entwicklungen. Die Geldpolitik sollte sie viel mehr als bisher berücksichtigen.
Besonders spannend wird es, wenn der BIZ-Insider einen Widerspruch aufdeckt, der es in sich hat: Da die Aktienkurse, besonders an der Leitbörse in den USA, sehr hoch sind, spräche dies aufgrund jahrzehntelanger Erfahrungen für einen Boom. Doch gleichzeitig ist das Zinsniveau nahe Null oder sogar negativ, woraus zu schließen wäre, dass - aufgrund vergleichbarer Erfahrungen - eine Wirtschaftskrise droht.
Soll man nun dem Boom-Indikator glauben, also den Aktienkursen, oder dem Crash-Indikator, den Null- bis Minus-Zinsen? Darauf haben weder Notenbanker noch Wissenschaftler eine plausible Antwort. Insofern nimmt es kaum wunder, dass die verschiedenen Notenbanken ihre Geldpolitik einfach nicht koordiniert bekommen. Das schlägt sich auch auf die Geschäftsbanken einschließlich Sparkassen nieder, deren Aktivitäten wie gelähmt erscheinen - was nur allzu konsequent ist, weil die Zinsspannen kaum noch Raum für Gewinne lassen. Institute, die sich auf das Zinsgeschäft konzentrieren, sind also Wackelkandidaten, und das in einer Zeit widersprüchlicher Indikatoren.
Die Folgen sind absehbar. Carola Gräfin von Schmettow, Vorstandssprecherin der vom Zinsgeschäft vergleichsweise wenig betroffenen Bank HSBC Trinkaus & Burkhardt, hat sie vor unserem Frankfurter Journalistenclub ICFW am vergangenen Mittwoch wie folgt umrissen:
"Es wird ein mühsamer Weg, bis die Märkte wieder Margen abwerfen wie in den USA. Dort hat die Politik während der Bankenkrise mit unkonventionellen Mitteln den Sektor bereinigt. Das hat sich Europa nicht getraut, deshalb werden wir in Richtung Konsolidierung schleichen. Doch Zinsumfeld und Regulierung werden dafür sorgen, dass es in zehn Jahren deutlich weniger Banken in Euroland gibt. Das Zurück zur Normalität wird nicht einfach. Deshalb sind Banken klug beraten, sich auf viele Jahre, wenn nicht Jahrzehnte, mit Niedrigzinsen einzustellen."
Das ist zweifellos harter Stoff zum Nachdenken. Aus Kundensicht betrachtet: Banken und Sparkassen versuchen das, was sie zur Kompensation des miesen Zinsgeschäfts benötigen, über Provisionen aller Art wieder hereinzuholen. Gängig - und offen ausgewiesen - sind zum Beispiel Ausgabeaufschläge und sogenannte Total Expense Ratios (TER) für Fonds, wobei im "Total" allerdings keine Transaktionskosten für Käufe und Verkäufe innerhalb der Fonds enthalten sind. Wer einen Riester-Vertrag abschließt oder Zertifikate kauft, hat es schon etwas schwerer, sich Transparenz zu verschaffen. Denn die dabei üblichen Gebührenkaskaden sind unüberschaubar. Warum zu allem Überfluss auch noch Depotgebühren hinzukommen, wird wohl für immer ein Rätsel bleiben.
Viele Banken und Sparkassen stehen mit echten Dienstleistungen, die eine solche Bezeichnung wirklich verdienen, immer schon auf Kriegsfuß. Sie bedienen sich übler Tricks. Um nur einige zu nennen: Vermögensverwaltung als Selbstbedienungsladen, Performancegebühren für nicht wirklich erbrachte Leistungen, Orientierung an einer unpassenden Benchmark (oft ein Index), unfaire Umrechnung von Währungen, Werbung mit fragwürdigen Auszeichnungen, wie "Fonds des Jahres" oder - schlimmer noch - Nummer 1 für pazifische Nebenwerte in den vergangenen zehn Jahren.
Als wenn die Vergangenheit etwas mit der Entwicklung in den kommenden Jahren zu tun hätte. Und falls die Performance in den zehn Jahren alles andere als berauschend war? Dann wirbt man halt mit der fünf-, drei- oder einjährigen; zum Teufel, eine von ihnen wird ja wohl passabel sein.
Eines der Geheimnisse der "Beratung" durch Banken und Sparkassen besteht heute darin, dass Finanzprodukte so komplex strukturiert werden, bis sie erklärungsbedürftig sind. Dadurch erhalten Anlageberater (in Wahrheit Verkäufer) aus Sicht der Institute ihre Berechtigung. Das gilt unter anderem für Fonds, Zertifikate, Riester-Verträge, sonstige Formen der sogenannten Altersvorsorge, für die Vermögensverwaltung und die vermeintliche Finanzplanung. Die Verkäufer haben in der Regel Titel, die allerdings nicht viel über ihre Qualifikation aussagen. Und wenn sie erst so richtig in Fahrt gekommen sind, überschlagen sie sich mit Anglizismen, wie Event-driven, Long-short oder Core-Satellite.
Aus den aktuellen Zuständen in der Finanzbranche folgt, dass es für Sie als Kunden immer ungemütlicher und teurer wird. Das sollte für Sie zur Konsequenz haben: Legen Sie zuerst Ihre ganz persönliche Finanzplanung fest und stellen Sie dann die Finanzprodukte nach Ihren individuellen Zielen zusammen. Dazu gehört - neben einem vom Lebensalter abhängigen Strauß an wechselnden Versicherungen sowie neben Gold und Silber - ein Portfolio bei einer preiswerten Direktbank mit gutem Service, in eher seltenen Fällen alternativ bei Ihrer Hausbank oder -sparkasse, falls dort der Service großgeschrieben wird.
Managen Sie Ihr variierend aus Aktien, Anleihen und Cash bestehendes Portfolio selbst; kalkulieren Sie dafür sehr viel Zeit ein. Lassen Sie sich nur beraten, sofern es um technische Details geht. Dagegen sollten Sie Ihre Anlagestrategie immer selbst in der Hand behalten. Das kostet, wie erwähnt, zwar sehr viel Zeit, aber: Siehe oben, Sie ersparen sich dadurch unnötig hohe Provisionen und Gebühren.
© Manfred Gburek
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Manfred Gburek ist neben seiner Funktion als Kolumnist privater Investor und Buchautor.