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St. Angelo: Schuldenkrise, Energiekrise und Peak-Silber 2015 - eine Wende steht bevor

06.01.2017  |  Mike Gleason
Mike Gleason: Heute habe ich die Ehre, Steve St. Angelo von SRSroccoReport.com zum Interview begrüßen zu dürfen. Steve ist ein unabhängiger Analyst und Investor, der sich an den Edelmetall- und Energiemärkten auskennt wie kaum ein Zweiter. Außerdem betreibt er eine der besten Webseiten unserer gesamten Branche. Steve, willkommen zurück. Schön, wieder einmal mit Ihnen zu sprechen.

Steve St. Angelo: Ja, hallo Mike. Der Winter ist hier und ich denke, es wird ein sehr interessanter Winter und ein spannendes nächstes Jahr.

Mike Gleason: Bevor wir auf ein paar der Themen zurückkommen, die wir vor dem Interview schon angesprochen haben und auf die ich wirklich gespannt bin, möchte ich Sie noch nach Ihren Gedanken zur ersten Reaktion der Märkte auf die US-Präsidentschaftswahlen fragen. Es ist immerhin schon mehrere Monate her, dass wir zuletzt von Ihnen gehört haben. Waren Sie überrascht von der Marktreaktion auf das Wahlergebnis?

Steve St. Angelo: Gute Frage, Mike. Ich glaube, es gibt zwei Arten, darauf zu antworten. Basierend auf den Fundamentaldaten sind die aktuellen Entwicklungen im Edelmetallsektor und an den Aktienmärkten völlig irrsinnig. Letztere steigen gerade auf bislang unbekannte Höhen. Angesichts der Fundamentaldaten ist die derzeitige Performance der Gold- und Silberkurse absurd. Aber die Fundamentaldaten spielen keine Rolle mehr - wir verwenden jetzt andere Dinge wie heiße Luft, Hypes und unablässig ratternde Druckerpressen.

Wenn wir die manipulierten Märkte jedoch aus der Sicht des kurzfristigen Tradings betrachten, ergeben die Kursbewegungen bis zu einem gewissen Grad durchaus Sinn, denn Trumps politische Vorhaben werden den Dollar in einen günstigeren Licht erscheinen lassen. Für die asiatischen Märkte und die Wirtschaft der Entwicklungsländer werden sie allerdings eher nachteilig sein. Letzten Endes werden sich die Fundamentaldaten aber immer durchsetzen. Obwohl die jüngsten Entwicklungen verrückt waren, ergeben sie doch auf gewisse Weise Sinn, aber meiner Meinung nach eben nur auf kurze Sicht.

Mike Gleason: Steve, Sie studieren die Daten zu Silberangebot und -nachfrage sehr gründlich. Kürzlich haben Sie einen Artikel über Peak-Silber und die nach wie vor bestehenden Angebotsdefizite verfasst. Wir werden gleich noch darüber sprechen, inwiefern auch Peak-Energie damit zusammenhängt. Zunächst jedoch zu Silber: Die Daten zeigen, dass am Silbermarkt seit Jahren ein Defizit besteht, dass die Minenproduktion geringer ist als die Nachfrage. Können Sie unseren Lesern und Zuhörern kurz erklären, wie das möglich ist? Wie kann es sein, dass der Silberverbrauch das Angebot dauerhaft übersteigt? Woher kommt das Silber, wenn nicht aus den Bergwerken? Wie lange kann diese Situation Ihrer Meinung nach noch anhalten?


Steve St. Angelo: Beginnen wir mit der Produktion. In diesem Jahr wird die Menge des weltweit geförderten Silbers erstmals sinken. In den letzten zehn Jahren ist sie von Jahr zu Jahr gestiegen, in manchen Jahren mehr, in anderen weniger. Aber 2016 wird man einen Rückgang von etwa 0,5% verzeichnen. GFMS Thomson Reuters, das Analystenteam, von dem auch die jährliche World Silver Survey stammt, sagt außerdem vorher, dass die Produktion auch weiterhin abnehmen wird. Ich will damit nicht sagen, dass die Fördermengen extrem einbrechen werden, aber man rechnet mit einem allmählichen Rückgang.

Auf der anderen Seite der Gleichung steht die Nachfrage. In den letzten Jahren sind am Silbermarkt Defizite entstanden. Diese lassen sich berechnen, indem man die Nachfrage vom Angebot subtrahiert und dann auch noch die Änderungen in den Edelmetallbeständen der ETFs und von Börsen wie der COMEX berücksichtigt. Je nachdem, ob sich die Silberreserven dieser Institutionen erhöhen oder verringern, werden sie in die Gesamtbilanz mit einkalkuliert. Im letzten Jahr wurde so ein Defizit von 185 Millionen Unzen errechnet. Meinen Analysen zufolge hat sich seit 2004 bereits ein Defizit in Höhe von fast 1,5 Milliarden Unzen Silber aufsummiert. Die kontinuierlichen Defizite am Silbermarkt bestehen bereits seit 2004.

Wenn man sich die älteren Berichte von GFMS anschaut, stellt man fest, dass es in den 1980er und 1990er Jahren Überschüsse gab. Die Regierungen überschwemmten den Markt förmlich mit Silber, auch die Chinesen. Tatsächlich verkaufte China bis etwa Mitte der 2000er Jahre große Mengen Silber. Außerdem begannen viele Anleger, die in den 1970ern und Anfang der 1980er Jahre in Silber investiert hatten, ihre Bestände zu verkaufen. Es wurde also sehr viel Silber auf den Markt geworfen.

Mit Hilfe dieses Silbers konnte das aufgelaufene Defizit des letzten Jahrzehnts gedeckt werden. Wahrscheinlich gibt es noch andere Silberreserven auf der Welt, aber GFMS erwartet trotzdem weitere Defizite, weil das Angebot künftig sinken wird, während die Nachfrage voraussichtlich stark bleibt. Ich interessiere mich nicht so sehr für die jährlichen Schwankungen von Angebot und Nachfrage bzw. dafür, ob es in diesem oder jenem Jahr ein etwas größeres Angebot oder eine etwas höhere Nachfrage gab. Ich beschäftige mich mit dem langfristigen, übergreifenden Trend. Und dieser Trend sagt mir, dass es weiterhin Defizite geben wird.

Derzeit wird das Silber aus allen Ecken der Welt, von Silberbesitzern rund um den Globus zusammengekratzt. Ich glaube nicht, dass es auf der Angebotsseite noch so ein großes Polster gibt wie vor 10 oder 15 Jahren. Wenn wir also eine zunehmende Verringerung der Fördermenge, eine unverändert starke Nachfrage und weitere Defizite erleben, dann denke ich, dass das die Preise in Zukunft durchaus beeinflussen wird. Nicht unbedingt nur aufgrund des Verhältnisses zwischen Angebot und Nachfrage, sondern weil Silber ein zuverlässiges Asset ist. Diese Trends zeigen, dass die Leute langsam aufwachen. Viele Investoren beginnen Silber zu kaufen. Genau diese Entwicklungen beobachte ich.

Mike Gleason: Denken Sie, dass es eine Art Wendepunkt geben wird? Glauben Sie, dass den Menschen eines Tages bewusst wird, dass wir das Fördermaximum bei Silber überschritten haben? Wird es dann zu einem Run kommen? Werden die auf Silber angewiesenen Industrieunternehmen beginnen Vorräte anzulegen, weil sie fürchten, dass sie in Zukunft nicht mehr genug davon kaufen können, um ihre Produktion zu gewährleisten? Ist ein solches Szenario Ihrer Meinung nach vorstellbar?

Steve St. Angelo: Das ist schon möglich. Vor ein paar Jahren habe ich angefangen, die Artikel von Ted Butler zu lesen, und er sagt genau diese Entwicklung voraus. In diesem Fall würden zahlreiche Industrieunternehmen, Großinvestoren, aber auch Privatanleger an den Markt strömen. Es ist auf jeden Fall möglich. Das große Problem wird Peak-Öl sein, worüber wir noch sprechen werden, aber auch Peak-Silber, Peak-Kupfer etc. Sie können hier praktisch alles einsetzen, außer Peak-Dummheit vielleicht - ich glaube nicht, dass wir die jemals erreichen.


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