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Dr. Martenson: "Die nächste Krise wird global. Für Edelmetallkäufe ist es dann zu spät."

13.01.2017  |  Mike Gleason
Mike Gleason: Heute habe ich die Ehre, Dr. Chris Martenson, den Betreiber der Webseite PeakProsperity.com und Autor des Buches "Prosper: How to Prepare for the Future and Create a World Worth Inheriting" zum Interview begrüßen zu dürfen. Chris verfasst regelmäßig Kommentare zu einer ganzen Reihe bedeutender Themen, wie z. B. der Weltwirtschaft, den Finanzmärkten, der Politik, den Edelmetallen und darüber, wie wichtig es ist, vorbereitet zu sein. Chris, willkommen zurück und vielen Dank, dass Sie sich heute Zeit für uns nehmen.

Chris Martenson: Es ist mir wirklich ein Vergnügen, Mike.


Mike Gleason: Es gibt so viel zu besprechen, aber zu Beginn würde ich Sie gern nach Ihrer Meinung zum US-Dollar und zur Federal Reserve fragen, denn der starke Dollarkurs war in den letzten Monaten eindeutig eines der größten Hindernisse für die Edelmetallpreise. Spiegelt dieser Trend eine fundamentale Stärke der Währung wider, oder steckt da etwas anderes dahinter? Gehen Sie davon aus, dass der Dollar gegenüber den anderen Fiatwährungen eines Tages an Wert verlieren wird?

Chris Martenson: Ich werde den Dollar mal als die Kakerlakenfalle unter den Währungen bezeichnen. Was ich damit meine, ist Folgendes: Die Zentralbanken dieser Welt haben Geld in Höhe von mehr als 16 Billionen Dollar aus dem Nichts erschaffen und in die Märkte gepumpt. Die EZB verpasst den Anleihemärkten eine monatliche Finanzspritze von 85 Milliarden Euro und kauft damit im Moment große Mengen an Unternehmensanleihen. Die Bank of Japan kauft praktisch alles, die Staatsanleihen ihrer Regierung, ETFs, usw. Durch ihre Käufe von Anteilen an Aktien-ETFs ist sie mittlerweile zum größten Käufer des japanischen Aktienmarktes avanciert. Die Liste ließe sich fortsetzen.

Wenn weltweit so viel Geld im Umlauf ist, ist es sehr schwer, den Wert einer Sache anhand ihres Preises zu verstehen. Wir haben erlebt, dass die Spekulanten Amok laufen. Unser gegenwärtiges Finanzsystem ist stark globalisiert. Es ist unmöglich die Entwicklungen an einem bestimmten Markt zu verstehen, ohne die Entwicklungen an allen Märkten zu verstehen. Wenn ich sehe, dass der Goldkurs einbricht, werfe ich oft zunächst einen Blick auf den japanischen Yen-Dollar-Handel, denn in diesem Sektor sind jede Menge Algorithmen mit Zugriff auf enorme Finanzmittel zugegen, die hier ihre Spielchen spielen.

Ich bin mir sicher, dass sie damit Geld verdienen und diese Spiele deshalb fortsetzen. Die Kursbewegungen verraten mir jedoch nicht viel über den angenommenen Wert von Gold oder zahlreichen anderen Vermögenswerten, die ich an dieser Stelle ebenfalls nennen könnte. Sie zeigen mir vielmehr, wie viel Geld da durch die Märkte fließt und welches Ziel dieses Kapital verfolgt - nämlich einen relativen Vorteil zu erringen.

Das bringt uns nun zum US-Dollar. Angenommen, Sie zählen zum Big Money und haben die Wahl... sagen wir, Sie sind ein norwegischer Staatsfonds und Sie haben die Wahl zwischen dem Kauf von italienischen oder US-Staatsanleihen mit einer Laufzeit von zehn Jahren, aber auf die US-Treasuries erhalten Sie deutlich höhere Rendite. Da muss man nicht lange nachdenken, nicht wahr?

Sie würden natürlich lieber die US-Anleihen kaufen, denn Sie wollen sich nicht dem italienischen Staatsrisiko oder den notleidenden Krediten in Höhe von 20% des italienischen Bruttoinlandsprodukts aussetzen. Es gibt im Moment also genügend Gründe, die Schuldtitel der USA zu kaufen, einschließlich der Tatsache, dass die Rendite jetzt selbst bei kurzfristigen Anleihen attraktiver sind, weil die Federal Reserve den Leitzins zweimal angehoben hat, während er überall sonst bei Null oder im negativen Bereich liegt.

Die US-Assets ziehen also einen großen Teil des Kapitals an, das zwischen den Finanzmärkten weltweit hin- und herfließt, und das bedeutet, dass der Dollar steigt. Er bietet diesen relativen Vorteil, nach dem alle streben. An einem gewissen Punkt werden alle Investoren ihr Geld aus europäischen und japanischen Assets abziehen, weil diese beiden Systeme kaputt sind. Das ist den Leuten bewusst. Der Kollaps dieser Märkte hat gerade erst begonnen. Wenn er sich beschleunigt, werden die Marktteilnehmer ihr Geld zunächst in den Dollar investieren, bevor sie schließlich feststellen, dass auch dieses System kaputt ist. Deswegen habe ich den Dollar als Kakerlakenfalle bezeichnet. Es gibt keinen Ausweg.

So ist es wirklich. Die Vereinigten Staaten und alle anderen großen Volkswirtschaften sind heute auf fundamentaler Ebene zahlungsunfähig. Nicht bankrott im juristischen Sinne, sondern völlig überschuldet, weil die Forderungen die vorhandenen Mittel bei Weitem übersteigen.


Mike Gleason: In den Wochen nach der Präsidentschaftswahl in den USA haben wir erlebt, wie an der Börse sieben Wochen in Folge Kursgewinne verzeichnet wurden, während es für die Edelmetalle bergab ging. Es scheint, als seien die Anleger wieder risikofreudiger geworden, denn wenn allgemein erwartet wird, dass die US-Wirtschaft künftig Fahrt aufnimmt, warum sollte man dann sichere Vermögenswerte kaufen, nicht wahr? Doch die strukturellen Probleme, die Sie schon seit einiger Zeit untersuchen und über die Sie auf Peak Prosperity und in Ihren Büchern schreiben, sind mit der Wahl von Donald Trump nicht einfach verschwunden.

Wir haben noch immer nicht rückzahlbare Schulden und immense Sozialausgaben und wir können davon ausgehen, dass die Bürokraten in der Fed diese Programme mit dem Drucken von mehr Geld sichern werden. Die Energiepreise könnten in den kommenden Jahren stark steigen. Wir haben das Gefühl, dass der Tag der Abrechnung noch vor uns liegt, unabhängig davon, wer Präsident ist. Den richtigen Zeitpunkt zu erkennen ist in diesem Zusammenhang sehr wichtig. Liegen die Märkte richtig, Chris? Sollten Investoren, zumindest kurzfristig, lieber in Risiko-Assets statt in sichere Häfen investieren?


Chris Martenson: Ich glaube nicht, dass es möglich ist zu analysieren, was die Märkte "sagen", ohne den Kontext der bisherigen Ereignisse zu verstehen. Die Zentralbanken fürchten jede Abwärtsbewegung der Finanzmärkte, das haben sie selbst zugegeben. Die Aktienmärkte sind die Märkte, die Schlagzeilen machen, über die jeder in der Zeitung liest und von denen jeder im Fernsehen hört, aber die Notenbanker sorgen sich auch um die Anleihemärkte.


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