Spanisches Rentensystem steht vor dem Zusammenbruch
Die Rücklagen sind längst aufgebraucht und schon vor einigen Monaten sah sich die spanische Regierung gezwungen, die entstandenen Lücken mit neuen Milliardenkrediten zu füllen, um - nicht zuletzt angesichts der Katalonienkrise - das Aufkommen eines weiteren Krisenschauplatzes einstweilen zu verhindern.
Nach Auffassung mancher Beobachter trägt die Regierung selbst die Schuld an diesem Debakel, weil spätestens seit dem Jahr 2012 immer wieder Mittel aus dem Rücklagenfonds der Rentenversicherung entnommen wurden, um damit andere Lücken zu stopfen bzw. den sich ausweitenden Zuschußbedarf im Sozialversicherungssystem zu finanzieren.
Von 66 Mrd. € Ende 2011 blieben auf diese Weise bis heute nur noch 15 Mrd. € übrig. Es ist ein Betrag, der nicht einmal ausreichen würde, den Sozialversicherungszuschußbedarf eines einzigen Jahres (rund 18 Mrd. €) auszugleichen.
Laut der Zeitung "El Pais" würde vor dem Hintergrund der Katalonien-Krise ein zusätzlicher Kollaps des spanischen Rentensystems zwangsläufig zum politischen Ende der Regierung von Ministerpräsident Mariano Rajoy führen. In dieser Lage ist die Nullzins-Politik der Europäischen Zentralbank (EZB) für Spanien Segen und Fluch zugleich.
Das erst kürzlich verlängerte EZB-Anleihenkaufprogramm nützt der Regierung, weil auf diese Weise die Renditen für spanische Staatsanleihen (und damit die aufzubringenden Zinszahlungen) gedrückt werden. Doch andererseits fehlen dadurch den spanischen Pensionsfonds etc. die lange geplanten und nun schmerzlich vermißten Zinseinnahmen.
Wie auch in anderen europäischen Staaten leidet das spanische Sozialversicherungssystem unter der Tatsache, daß seit einigen Jahren die Angehörigen der sogenannten „geburtenstarken Jahrgänge“ aus dem aktiven Berufsleben ausscheiden. Statt weiter in die Sozialkassen einzuzahlen, nehmen sie nun die von ihnen über Jahrzehnte erworbenen Leistungen in Anspruch, ohne daß "neue Beitragszahler" im eigentlich erforderlichen Maß nachwachsen.
Hinzu kommt ähnlich wie in Griechenland das Problem unzureichend eingeleiteter und/oder umgesetzter Reformmaßnahmen, die im Zusammenhang mit einer 60-Milliarden-Hilfe für die notleidenden spanischen Banken eigentlich hätten eingeführt werden sollen. Statt dessen rief diese Liquiditätsspritze u.a. Forderungen nach deutlichen Lohnerhöhungen hervor, was Teile der spanischen Wirtschaft nur noch anfälliger machte.
Kreative Lösungsansätze sind für diese Probleme nach wie vor nicht in Sicht. Die spanische Regierung beschränkt sich derzeit darauf, die sich ergebenden Löcher mit immer neuen Milliardenkrediten zu stopfen, um sich auf diese Weise eine "teure Ruhe" zu erkaufen.
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Auszug aus dem Infoblatt Vertrauliche Mitteilungen - aus Politik, Wirtschaft und Geldanlage, Nr. 4263