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Interview mit Jim Sinclair: Gold und das Weltfinanzsystem

29.04.2011  |  Ron Hera

Der Hera Research Newsletter (HRN) präsentiert Ihnen ein ausführliches Interview mit Jim Sinclair, Chairman und CEO von Tanzanian Royalty Exploration und Gründer von Jim Sinclair’s MineSet, eine Seite, auf der seine Gold-Kommentare veröffentlicht werden und die als kostenloser Service für die Gold-Investorenschaft gilt.

Jim Sinclair ist in erster Linie ein Edelmetallspezialist, er ist zudem Rohstoff- und Devisenmarkthändler. 1977 gründete er die Sinclair-Geschäftsgruppe, die komplette Broker-Dienstleistungen für die Bereiche Aktien, Anleihen sowie andere Investitionsvehikel anbot. Die Unternehmen, mit Ablegern in New York, Kansas City, Toronto, Chicago, London und Genf, wurden 1983 verkauft.

Von 1981 bis 1984 arbeitete Mr. Sinclair als Edelmetallberater für Hunt Oil und für die Hunt-Familie zwecks der Liquidierung ihrer Silberpositionen, welche Vorbedingung für die Vergabe eines Kredites in Höhe von 1 Milliarde $ war, die von Paul Volcker, damaliger Chairman der Federal Reserve, arrangiert wurde.

Sinclair war zudem aktiver Teilhaber und Vorstandsmitglied zweier New Yorker Börsenunternehmen, Präsident der Sinclair Global Clearing Corporation (eine Clearing-Firma für Rohstoffe) und Präsident von Global Arbitrage (ein Derivatehändler für Metalle und Währungen).

Im April 2002 stimmten die Aktionäre der Tanzanian Royalty Exploration (zuvor Tan Range Exploration) der Übernahme eines von Sinclair gemanagten Privatunternehmens, Tanzania American International, zu, wobei auch die Explorationsstätten der Firma in Tansania übernommen wurden. In der Folge wurde Mr. Sinclair Chairman der Tanzanian Royalty, die unter seinem Vorsitz versucht, sich zum Gold-Royalty- und Entwicklungsunternehmen zu entwickeln.

Er ist Autor dreier Bücher sowie zahlreicher Zeitschriftenartikel, die sich den unterschiedlichsten Investmentbereichen widmen - unter anderem auch Edelmetalle, Trading-Strategien, geopolitische Ereignisse und deren Beziehung zur Weltwirtschaft und den Märkten. Seine häufigen Kommentare zu Finanz- und Marktfragen für verschiedene Nachrichtenpublikationen erfreuen sich breiter Beliebtheit, und er hat sich in der New York Times profilieren können.

Im Januar 2003 startete Mr. Sinclair die Seite "Jim Sinclair’s MineSet", auf der seine Gold-Kommentare erscheinen und die als kostenloser Service für die Gold-Community gedacht ist.


Ron Hera: Danke, dass Sie heute Zeit für dieses Interview gefunden haben. Sie sind einer der sehr wenigen Leute, die Investoren vor OTC-Derivaten warnten. Warum sind OTC-Derivate Ihrer Meinung nach ein Problem?

Jim Sinclair: Over-the-Counter-Derivate (OTC-Derivate) sind der Grund, warum es heute so läuft, wie es läuft. Ein OTC-Derivat ist eine Art Wette darauf, wie sich etwas entwickeln wird. Bis 2009 waren diese Wetten kaum durch Geld (wenn überhaupt) abgesichert; und entwickelte sich die Sache, auf die gesetzt wurde, nicht in die gewünschte Richtung, so waren wegen der hohen Hebel außergewöhnliche Verluste die Folge. 2008 kam es zu einem großen Rollover für Derivate im Bereich Immobilien aber beispielsweise auch bei Derivaten für Subprime-Autokredite.


Ron Hera: Wurde das Finanzsystem im Jahr 2008 durch OTC-Derivate destabilisiert?

Jim Sinclair: Auf jeden Fall.





Ron Hera: Setzen Finanzinstitutionen denn keine Modelle zur Risikobegrenzung ein, um die Risiken beim Einsatz von OTC-Derivaten abzusichern?

Jim Sinclair: Vor der Lehman-Brothers-Pleite wären die Verluste bei OTC-Derivaten am Ende ungefähr bei Null rausgekommen. Derivate kann man sich wir einen kreisförmig angeordneten Strick vorstellen, in dem es viele Knoten gibt, die für Transaktionen mit Derivaten stehen. Als Lehman zusammenbrach, riss auch dieser Strick. Als Lehman seinen Verpflichtungen nicht mehr nachkommen konnte, beliefen sich die Verluste im Derivatgeschäft am Ende nicht mehr auf null. Deswegen gingen die Banken unter, und deswegen kamen die staatlichen Rettungsaktionen und quantitativen Lockerungen (QE).


Ron Hera: Sind die OTC-Derivate der eigentliche Grund für die Bankenrettungen?

Jim Sinclair: Das ist ein Fakt, der sich überhaupt nicht wegdiskutieren lässt.


Ron Hera: Wurde das Problem nicht durch die Dodd-Frank-Wall-Street-Reform und das Verbraucherschutzgesetz bereinigt?

Jim Sinclair: Der OTC-Derivatehaufen beläuft sich auf über 1 Billiarde $. Nach 2008 setzte der Internationale Währungsfonds eine neue Bewertungsmethode für sie durch, die "Value to Maturity" (bis zum Auslaufen festgesetzter Wert) genannt wird. Bei "Value to Maturity" wird davon ausgegangen, dass alle Derivate funktionieren werden - was einfach nur lachhaft und grotesk ist. Der Derivatehaufen hat sich nicht abgetragen. Im Grunde hat er sich sogar noch vergrößert, aber mit diesem Bewertungsansatz wurde der Nominalwert von über einer Billiarde auf unter 700 Billionen $ gesenkt. Aber die noch ausstehende Menge an Derivaten von damals hat sich nicht verändert.

Angesagt sind zurzeit Kreditausfallversicherungen (Credit Default Swaps) bezüglich der Solvenz, oder eben Insolvenz, von Nationalstaaten. Neue Derivate sind schon durch gewisse Einschusskonten (margins) gedeckt, aber sie funktionieren nur, wenn sie nicht in Anspruch genommen werden. Wenn die Schulden eines Landes wirklich ausfallen sollten, dann würde das sehr schnell passieren, ohne dass im Vorfeld wirklich viel geschieht. Die meisten Menschen würden erwarten, dass dann Hilfe kommt. Nehmen wir an, die Hilfe würde nicht kommen, dann würden diese Kreditausfallversicherungen gar nicht funktionieren können - und wieder einmal wäre das Bankensystem am Ende.


Ron Hera: Sie sagen also, das heutige Finanzsystem wäre weniger stabil als 2008?

Jim Sinclair: Es scheint stabiler, aber das ist nur das äußere Erscheinungsbild. Die gesamte Erholung am Aktienmarkt begann fast an dem Tag, an dem das Financial Accounting Standards Board (FASB) den Marktbewertungsansatz aufweichte. Sie gestanden den Finanzinstitutionen zu, irgendeinen gewünschten Wert für ihre wertlosen Papierstücke anzusetzen. Hätten sie den realen Wert angesetzt, wären die Banken eingebrochen.


Ron Hera: Waren die Änderungen der FASB nicht als vorübergehende Maßnahme gedacht, mit der der Einbruch der hypothekarisch besicherten Wertpapiere gestoppt werden sollte?

Jim Sinclair: Es ging nicht nur um hypothekarisch besicherte Wertpapiere. Es ging um das gesamte Papier in den Bankenbilanzen. Die Bilanzen der Banken scheinen sich in einem guten Zustand zu befinden, sie sind es aber nicht. Sie werden in Wirklichkeit noch viel mehr Kapital brauchen.





Ron Hera: Dann ist das Finanzsystem also immer noch anfällig?

Jim Sinclair: Man hat die Dinge nur herausgezögert. Zweck von QE, sprich Gelddrucken, ist es, die Integrität des Finanzsystems bis zu einem gewissen Grad aufrecht zu erhalten. Man muss immer bedenken, dass Liquidität die Schmiere im Getriebe der Aktienmärkte ist - das heißt also, wenn man viel Geld schöpft, gerät es in die Hände der Bankeninstitutionen und internationalen Investmenthäuser. Der Aktien-aus-dem-Nichts-Markt wurde also von QE aufrecht erhalten.


Ron Hera: Was kann der Staat tun, um einen neue Krise abzuwenden?

Jim Sinclair: Man kann davon ausgehen, dass das, was schon getan wurde, auch wieder getan wird. Praktisch betrachtet gibt es gar keine anderen Instrumente. Die Vorstellung, QE werde nicht fortgeführt, ist Unsinn.


Ron Hera: Kann der Staat erneut Banken retten?

Jim Sinclair: Die Zentralbanken werden die Staatsschulden aufkaufen. Das nennt man quantitative Lockerungen.


Ron Hera: Aber schadet QE nicht dem Dollar?

Jim Sinclair: Der Dollar ist eine Übung in Psychologie. Er ist ein Stück Papier mit einem Zahlungsversprechen, es gibt aber nichts, in dem er ausgezahlt werden könnte. Er dient als legales Mittel der Schuldenbegleichung, aber man kann ihn in nichts konvertieren. Um das Vertrauen in eine Währung aufrecht zu erhalten, muss man deren Statur und Format aufrechterhalten. Arithmetisch gesprochen: Wenn zum Markt geht, um eine Menge Äpfel zu verkaufen, und man ist der einzige Verkäufer, dann kann man dafür einen ganz netten Preis bekommen. Mehr Verkäufer bedeuten auch mehr Äpfel, die auf den Markt kommen, und das war es mit den schönen Apfelpreisen. Durch QE werden mehr Dollars geschöpft, und dadurch erhöht sich das Angebot.


Ron Hera: Wenn der Dollar durch QE an Wert verliert, was passiert dann mit dem Euro?

Jim Sinclair: Ob man sich den Dollar, den Euro, den Yen und sogar den Schweizer Franken anschaut - überall findet der Entwertungswettkampf statt. Überall, in allen Ländern wird tagtäglich mehr Geld erzeugt. Hier haben wir eine relative Bewertung und keine Bewertung, die einer objektiven Referenz zugrunde liegt. Was in der Europäischen Union passiert, hat unmittelbaren Einfluss auf den Dollar.


Ron Hera: Sie meinen die Staatsschuldenkrise?

Jim Sinclair: Der Fokus liegt zu stark auf den Euro-Ländern. Es gibt da keinen Unterschied zwischen der Union Europas und der Staatenunion der USA. Die europäischen Staaten haben sich als insolvent herausgestellt. Aber wie steht es in den Vereinigten Staaten von Amerika? New York, Illinois, Kalifornien etc. - wie viele davon sind solvent? Der Medienfokus lag und liegt auf dem Euro. Die USA müssten sich eigentlich im Spiegel wiedererkennen. Die Staaten der amerikanischen Wirtschaftunion sind in keinem besseren Zustand.


Ron Hera: Wird die US-Staatschuldenkrise von den Medien übersehen?

Jim Sinclair: In George Orwells "1984" gab es Lautsprecher, die dem Volk ständig erzählten, was Big Brother wollte. Die heutigen Lautsprecher sind die Finanznachrichten im Fernsehen. Wie viel Aufmerksamkeit widmet das Finanz-TV der Insolvenz der USA? Es wird erwähnt, aber nicht in dem Maße, wie die Probleme Portugals, Griechenlands, Spaniens und Irlands thematisiert werden - sie haben Stunden, Tage und Monate konstanter Berichterstattung bekommen. Die Solvenz New Yorks, Illinois’ und Kaliforniens wurde angesprochen, das aber bestenfalls flüchtig.





Ron Hera: Die Solvenzprobleme der US-Staaten stehen also im Raum wie ein riesiger Elefant, über den aber keiner spricht?

Jim Sinclair: Wie kann man behaupten, der Euro wäre ein Desaster mit Verweis auf die finanzielle Verfassung der einzelnen Staaten der europäischen Wirtschaftsunion, wenn sich die Staaten der US-amerikanischen Wirtschaftsunion in einem gleich schlimmen, oder manchmal noch schlimmeren Zustand befinden? Da gibt es keinen Unterschied. Wenn man den Euro vor dem Hintergrund der Schwäche der einzelnen Mitgliedsstaaten analysieren will, wie kann dann der Dollar stark sein, wenn die Staaten der USA schwach oder noch schwächer sind?


Ron Hera: Der Euro könnte also gegenüber dem US-Dollar steigen, trotz der europäischen Staatschuldenkrise?

Jim Sinclair: Sicher kann er das. Die Frage ist aber: Kann der Dollar noch weiter sinken? Der Euro könnte auf 1,50 $ oder höher steigen.


Ron Hera: Aber der US-Dollar ist die Weltreservewährung. Garantiert dieser Status seinen Wert?

Jim Sinclair: Nur weil nichts anderes da ist. Und das bleibt so, weil Zentralbanken Dollars besitzen. Wären die Zentralbanken in der Lage, diese Dollars ohne Schwierigkeiten und Störungen gegen Gold oder andere Währungen eintauschen zu können, dann würden sie das tun.


Ron Hera: Praktisch betrachtet, können Zentralbanken also nicht aus dem Dollar aussteigen?

Jim Sinclair: Die Einzigen, die rausgegangen sind, sind die Chinesen. Überall in der Welt haben sie Geschäfte für Metalle, Werkstoffe, Energie und Produktion abgeschlossen. Alles in allem ist China nicht mehr so an den Dollar gebunden, wie der Mann im Mond an den Mond.


Ron Hera: Aber halten die USA denn nicht mehr an ihrer Politik des starken Dollars fest?

Jim Sinclair: Die Politik des starken Dollars ist nur ein moderater, langfristiger Abwärtstrend, der auch weiterhin nach unten zeigt.


Ron Hera: Aber regeln Zentralbanken denn nicht die Wechselkurse, um Störungen zu verhindern - so wie bei der jüngsten Intervention beim Japanischen Yen.

Jim Sinclair: Bei der Yen-Intervention intervenierten die Zentralbanken. Aber wie lange werden sie noch intervenieren können? Sie müssen Geld schöpfen, um intervenieren zu können, wo wir wieder bei QE sind.


Ron Hera: Sie meinen, die Wirkung von Währungsinterventionen wäre insgesamt betrachtet Geldschöpfung?

Jim Sinclair: Bei allem, was auf dieser Welt passiert - zum Beispiel bei der Reaktion der Bank of Japan auf das schreckliche Desaster in Japan - es wird anschließend sofort auf QE zurückgegriffen. Überall wird Geld geschöpft, ohne Disziplin, aber die Probleme der Finanzinstitutionen bleiben bestehen, da sie Schein-Bilanzen haben mit unzulässigen Bewertungen ihrer OTC-Derivate.





Ron Hera: Aber konnten die Banken mit der vorübergehenden Aufhebung des Marktbewertungsansatzes durch die FASB nicht etwas Zeit gewinnen, um ihre Bilanzen zu reparieren?

Jim Sinclair: In den USA stehen 5 Millionen Häuser zum Verkauf, wenn man die nicht direkt erfassten Schattenbestände einbezieht - die mit zum realen Bestand gehören. Im Immobilienmarkt werden keine Reparaturen zu machen sein, und deswegen wird es auch keine Reparaturen bei den entsprechenden Derivaten geben. Es sind also keine Reparaturen bei den betreffenden Papieren machbar, welche von den Banken mit viel höheren Werten veranschlagt werden, als man beim Verkauf überhaupt erzielen könnte - wenn sie sich überhaupt verkaufen lassen.


Ron Hera: Werden sich die Bankenbilanzen am Ende verbessern können?

Jim Sinclair: Solange das Vertrauen aufrecht erhalten werden kann, was von den Aktienmärkten abhängt – und da sind wir wieder bei QE.


Ron Hera: Sie sagen also, die Gewinne an den US-Aktienmärkten werden von QE angetrieben?

Jim Sinclair: Man vermag QE nicht zu stoppen, ohne dass das Kartenhaus in sich zusammenfällt. Es bleibt keine andere Wahl. Es ist das einzige noch verbleibende Instrument. Die Federal Reserve kann keine strengere Position bezüglich Geldpolitik und Zinssätze vertreten, ohne dass sich die ganze Sache überschlägt. Sie können zwar immerfort davon sprechen und trotzdem für QE sorgen - möglicherweise mehr über die Hintertür als Direkt-QE.


Ron Hera: Was wird passieren, wenn QE nicht bald aufhört?

Jim Sinclair: Das Endspiel ist eine virtuelle, an Gold gebundene Reservewährung. Ihr wird ein Durchschnitt der großen Währungen zugrunde liegen, was die Bewegungen im Index verringern wird. Der Internationale Währungsfonds (IWF) geht mit den Sonderziehungsrechten (SZR) in diese Richtung. Der Dollar wird nur noch eine Währung wie die anderen sein. Der Dollar wird nicht auf null fallen. Er könnte einen großen Teil seiner Kaufkraft verlieren, was er ja schon hat und was wieder passieren kann.


Ron Hera: Wie könnte eine virtuelle Währung funktionieren?

Jim Sinclair: Es müsste ein großes Geldmengenaggregat geben, so wie M3 damals für den Dollar, aber auf internationaler Ebene. Der Goldpreis würde zu diesem Aggregat in Beziehung gesetzt werden. Zentralbanken müssten ihr Gold entsprechend ihres Beitrags zu oder der Verringerung von internationaler Liquidität bewerten, der Preis des Goldes würde also von selbst steigen oder sinken.


Ron Hera: Wäre das denn kein Goldstandard?

Jim Sinclair: Aus meiner Sicht wird es nie eine Rückkehr zu einem Goldstandard geben. Am Ende aller Hyperinflationen standen Rohstoffwährungen. Genau das passierte zum Beispiel in Deutschland. Wenn es eine Verbindung zwischen Währung und Gold gibt, dann dass Gold das Potential hat, bei den Menschen für Vertrauen zu sorgen. Die virtuelle Währung wird an Gold gebunden sein, sie wird aber nicht in Gold konvertierbar sein.





Ron Hera: Ein Goldkomponente wird also das Vertrauen wiederherstellen?

Jim Sinclair: Die Antwort ist eine Rohstoffwährung. Aus geldgeschichtlicher Sicht passiert das immer in solchen Situationen. Die Rentenmark, mit der 1923 die Hyperinflation in Deutschland beendet wurde, war theoretisch durch den gesamten Immobilienbestand Deutschlands gedeckt, aber der Staat besaß nicht viel davon. Aber eigentlich stimmt das nicht: Für die Rentenmark gab es keine große Rohstoffdeckung - doch es reichte. Es war eine Zeit, in der man nach allem Ausschau hielt, um das Vertrauen in die Währung wiederherzustellen.


Ron Hera: Gehen Sie, was den US-Dollar betrifft, von hoher Inflation aus?

Jim Sinclair: Es ist schon geschehen. Inflation ist eine Schwangerschaft. Die Empfängnis hat schon stattgefunden. Die Konsequenzen zeigen sich mit Verzögerung, aber wenn es vollbracht ist, ist es nur eine Frage der Zeit. Die Federal Reserve könnte morgen QE stoppen, aber sie wird das, was kommen wird, nicht stoppen können, weil sie schon so viel getan hat.


Ron Hera: Würde Inflation nicht den realen Wert der Schulden verringern und den Banken so bei der Bilanzreparatur helfen?

Jim Sinclair: Inflation ist die Art und Weise, sich um Schulden zu kümmern. Der Wert der Währungen wird so stark gesenkt, um die Schuldenlast zu verringern. Sie wird auch die politische Landschaft verändern. Wer immer auch zu dieser Zeit die Macht haben wird, er wird am Ende dieser Entwicklung keine Macht mehr haben.


Ron Hera: Mit anderen Worten: Inflation wirkt politisch destabilisierend aus?

Jim Sinclair: Das große Ganze wird nicht wirklich gesehen. Währungsgetriebene Kostendruck-Inflation haben wir jetzt schon. Schauen Sie sich an, was derzeit im Nahen Osten passiert. Wir bewegen uns von Ordnung hin zu immer mehr Unordnung.


Ron Hera: Würden Sie sagen, dass Lebensmittelpreisinflation die Ölpreise indirekt in die Höhe treibt?

Jim Sinclair: Öl durchzieht alles von Düngemitteln, landwirtschaftlicher Ausrüstung über Transport bis hin zu Lebensmittelpreisen. Die Lebensmittelpreise werden sogar noch stärker steigen als dieses Jahr. Der Ölpreis befindet sich entschieden auf dem Weg nach oben. Peak Oil war eine Vorstellung von der Zukunft. Jetzt ist es die Vorstellung von heute. Ein Auto, das auf 100 km 10 l verbraucht, wird für den Normalbürger wahrscheinlich zu teuer werden.


Ron Hera: Inwieweit werden steigende Ölpreise die Preise anderer Dinge beeinflussen?

Jim Sinclair: Es wird zu Störungen und Verwerfungen bei der Belieferung mit Produkten kommen. Möglicherweise wird es Güterknappheiten geben, nicht weil die Güter nicht verfügbar wären, sondern weil die Distribution zusammenbricht. Nicht, dass es keinen Mais oder kein Weizen mehr geben wird, aber der zur Lieferung benötigte Treibstoff wird zu teuer werden, und Menschen, die im Transportgeschäft arbeiten, werden höhere Löhnen verlangen, um weiter davon leben zu können. An diesem Punkt kommt die Hyperinflation ins Spiel.


Ron Hera: Und das Geld, das zur Güterverteilung benötigt wird, wird aus dem Nichts geschöpft werden?

Jim Sinclair: Jede Nation, die das macht, hat sich in eine Bananenrepublik verwandelt. Menschen können in Bananenrepubliken leben, aber es wird nur wenige vermögende Menschen geben. Es wird ein paar Superreiche geben und eine gewaltige Menge Armut. Das kann man entlang der Grenze in Nogales, Mexiko, sehen. Dort leben die Menschen nach wie vor in extremer Armut.





Ron Hera: Werden die USA wie Mexiko?

Jim Sinclair: Der Lebensstandard in den USA wird viel stärker sinken. Die Menschen müssen erkennen, dass der Schaden schon verursacht wurde. Die Frage ist nicht, ob die USA über diese Grenze getrieben werden können. Wir sind über die Grenze hinaus. Wir schauen jetzt zu, wie sich die Konsequenzen zeigen.


Ron Hera: Was kann man tun, um sein Vermögen vor Inflation zu schützen?

Jim Sinclair: Man muss versuchen, seine Kaufkraft zu erhalten. Jede Person kann sich zur eigenen Zentralbank machen und sich, den eigenen Fähigkeiten und Möglichkeiten entsprechend, auf jene Vermögensanlagen konzentrieren, die von der Unordnung, die wir haben und auch weiterhin haben werden, profitieren.


Ron Hera: Sie meinen: Edelmetalle oder Rohstoffe kaufen?

Jim Sinclair: Ich habe mit Leuten geredet, die während der letzten zehn Jahre dieser Ansicht gewesen sind, und sie sind damit sehr gut gefahren. Man könnte auch noch heute sein Vermögen damit schützen.


Ron Hera: Was ist mit Gold? Betrachten Sie Gold als Währung, die nicht entwertet werden kann?

Jim Sinclair: Was ist echtes Geld? Gold ist eine Währung, der keine Verbindlichkeiten gegenüber stehen. Es ist allgemein akzeptiertes Wertmaß und ein allgemein akzeptierter Wertspeicher.


Ron Hera: Gold ist also eine Alternative zu Dollars und Euros?

Jim Sinclair: Physisches Gold ist die Antwort. Eine Person, die Gold hält, wird mehr Zeit und mehr Möglichkeiten haben, zu agieren und reagieren.


Ron Hera: Wie hoch wird der Goldpreis Ihrer Meinung nach noch steigen?

Jim Sinclair: Wo liegt der Wechselkurs einer Währung, der keine Verbindlichkeiten gegenüberstehen? Gold wird viel höher steigen. Wir könnten schockierende Preise sehen - vielleicht das Preisziel Alf Fields von 10.000 $ pro Unze oder das Preisziel von Martin Armstrong von 12.000 $ pro Unze. Ich glaube, mein Preisziel von 1.650 $ pro Unze wird bald so niedrig erscheinen, dass es als albern angesehen wird.


Ron Hera: Danke, dass Sie sich heute die Zeit genommen haben.

Jim Sinclair: Es war mir ein Vergnügen.



Nachwort:

Jim Sinclair trägt den Spitznamen "Mr. Gold" für sein unglaubliches Timing im Goldmarkt der 1970er, als er das Markttop 1980 auf den Tag vorhersagte. Er ist ein legendärer Edelmetall-, Rohstoff- und Devisenhändler. Jim Sinclair wurde von seinem Vater, Bert Seligman, beeinflusst, der Geschäftspartner von Jesse Livermore („The Great Bear of Wall Street“) war, welcher berühmt ist für seine Leerverkäufe bei den Aktienmarktcrashs von 1907 und 1929. Ein Teil der Sinclair-Strategie zum Schutz eigener Interessen vor der Währungsentwertung (in seiner Funktion als aktueller Chairman, Präsident und CEO von Tanzanian Royalty Exploration Corporation) ist der Aufkauf der größtmöglichen Mengen Gold im Boden, ohne aber mit Hochdruck an der Produktion zu arbeiten, denn er geht davon aus, dass der Goldpreis noch viel höher steigen wird.

Mit seinem berühmten Preisziel von 1.650 $ pro Unze für 2011, das aus dem Jahr 2001 stammte (eine Prognose auf 10 Jahre!) verfehlte er den Goldpreis im Januar 2011 um nur 22%. Der Goldpreis war in den davorliegenden 10 Jahren um phänomenale 511% gestiegen (von einem durchschnittlichen Preis von 265,49 im Januar 2001 auf einen durchschnittlichen Preis von 1.356,40 im Januar 2011 / London PM-Fixing). Dies ist eine der erstaunlichsten Preisansagen in der Geschichte des Edelmetallhandels. "Auf eigene Gefahr" heißt es, wenn man als Investor Jim Sinclair als Kommentator im Bereich Edelmetalle, Rohstoffe und Währungen nicht kennt.


© Ron Hera
www.heraresearch.com, Email: ron@heraresearch.com


Zu Hera Research: Ron Hera ist Gründer von Hera Research, LLC. Hera Research analysiert die Beziehungen zwischen Makroökonomie, Staat, Banken und Finanzmärkten. Aktuell spezialisiert sich das Unternehmen auf den Bergbausektor, Metalle, Öl, Energie, alternative Energien, Agrarrohstoffe und andere Rohstoffe. Hera Research gibt einen monatlich erscheinenden Newsletter heraus.

Dieser Artikel wurde am 20.04.2011 auf http://news.goldseek.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten.de veröffentlicht.