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Politik, Banken und die Finanzkrise

11.04.2009  |  Dr. Dietmar Siebholz
Erstmals nach längerer Zeit möchte ich mich wieder an Sie wenden und einen Kommentar übermitteln; ich verspreche, nun wieder meine Meinung öfter zu veröffentlichen. Ich habe eine einleuchtende Erklärung für mein Schweigen und das ist keineswegs eine Entschuldigung. Diese Erklärung ist: Nun hat mich die Finanz- die ja eher eine Bankenkrise ist, in meinem operativen Geschäft getroffen. Was früher einfach und für mich als Profi ohne große Anspannung war, ist heute ein Problem, aber nicht, weil ich alt und senil geworden bin, sondern weil die Banken - immer an den Erfolg ihrer Spiel-und-Wette-Engagements an leicht verdientes Geld gewöhnt - nun kaum noch ihr übliches Geschäftsfeld bearbeiten können, dazu noch mit solch niedrigen Margen. Mein Mitleid haben sie und daher kann ich gut verstehen, dass sie sich nun an den Staat wenden, wenn ihnen die Trauben zu hoch hängen. Da kommt bei mir der alter Bänker durch, der fast unfähig ist, das neue Spiel-und-Wette-Geschäft der Banken, die nach meiner Einschätzung gar keine mehr sind, und ihr neues Geschäftsfeld zu verstehen.

Meine einzige Frage an diese Neuzeit-Bankiers ist, "wann habt Ihr uns eigentlich an Euren Gewinnen beteiligt, dass Ihr jetzt das Recht habt, uns und unseren Kindern Eure Verluste anzuhängen, und wann habt Ihr wo und an wen Steuern gezahlt?" Irgendwie erinnert mich das an den alten Stammtischspruch von "der eine ist Rittmeister und der andere Zahlmeister", wenn Sie mich verstehen.

Damit Sie meinen Zorn noch besser verstehen, möchte ich Ihnen eine wahre Geschichte (natürlich ohne Namen zu nennen, denn nur bei Herrn Kirch - also in der anderen Richtung sind die Herren Vorstände weniger sensibel) erzählen, die so recht die ganze Gestaltung dieser Investment-Banken (es gibt ja keine Banken mehr, die nach dem alten Muster "Spareinlagen - Kreditvergabe - Anlageberatung - Auslandgeschäft - Konsortialgeschäft" operieren) - alle wollten den ganz großen Profit machen und nun sind sie auf die Nase gefallen - darzustellen. Testen Sie sich, wie Sie diese Informationen verarbeiten.

Aber zurück zu der wahren Story, die Sie besser erkennen läßt, warum ich diese ganzen Sauhaufen besser untergehen lassen würde - denn es gibt ja noch "gute" Banken neben diesen "Bad Banks". Also: Da schließt eine Bank vor mehr als 15 Jahren eine Projektfinanzierung für einen Immobilienfonds ab, die für 13 Jahre ordentlich abgewickelt wird. Dann kommt sie in Schwierigkeiten, die aber nicht vom Fonds zu vertreten sind.

Sie braucht frisches Geld und beschafft sich dieses durch den Verkauf der Forderungen gegen den Fonds an eine ausländische Adresse (natürlich haben die irische Gesellschaft, die ihren Stammsitz im gleichen Haus in Dublin hat wie die Niederlassung der Bank, nichts miteinander zu tun). Was passiert in Deutschland? Ganz einfach: Der Kredit wird zu einem Wert von ca. 38% des Nominalwertes an die Dublin Ltd - ich wiederhole mich zum besseren Verständnis:die natürlich nichts mit der deutschen Bank zu tun hat, verkauft. Daraufhin darf wegen des realisierten Verlustes (der Verkaufswert liegt ja immerhin um 62% unter dem Schuldbetrag) dieser Verlust sofort und vollständig abgeschrieben werden. Die riesigen Verlustvorträge dieser Banken werden dann noch die nächsten Jahre vorgehalten und die Erträge der Banken sich in der Zukunft dann garantiert steuerfrei in Deutschland einstellen.

Wenn sie es gut anstellen, sich noch eine Zeit weigern, die aus der Luft geschöpfte Liquidität auch an den nach Krediten dürstenden Mittelstand weiterzuleiten, dann wird sich ihre Marge noch weiter erhöhen. Wenn ich einen Überziehungskredit von meiner Bank benötige, dann zahlt diese so maximal an die 2,5% auf das neu geschaffene Geld und berechnet mir 16,5% (Vorzugssatz). Damit werden meine Investitionen zu teuer, aber wenn ich das Geld wirklich benötige, dann muss ich auch diesen unmöglichen Satz zahlen.

Diese "lächerliche" Marge von 14% wird bei der Bank aber nicht steuerwirksam, da ja so große Verlustvorträge bestehen; die Bank wird, um sich zu alter Stärke aufschwingen zu können, die nächsten fünf bis zehn Jahre arbeiten müssen, um diese Verlustvorträge ausgleichen zu können.

So komme ich zum Ende meiner Kolumne und frage, wer von den geschilderten Aktionen profitiert hat, wer wo Steuern zahlte oder solche zahlen wird? Meine Antwort: Als Investment-Bank hat man wohl die profitablen Geschäfte über die Cayman-Islands, über die British Virgin-Islands, über Singapur oder Hongkong gemacht (wenn Sie es nicht glauben wollen, fragen Sie doch einfach Ihre Bank, wo die Sitze der Institute, die Ihnen die Derivate, Zertifikate etc. verkauft haben, liegen. Auch wenn die Bank noch so herrliche deutsche Bank-Namen trägt, es werden mit einem kleinen Anhang z.B. "Niederlassung Hongkong" diese Standorte sein. Also die hohen Profite aus dem Investment-Banking sind an unserem Peer St. vorbeigegangen, aber jetzt darf er Geld aus der dünnen Luft schaffen, also die Zukunft unserer Kinder versauen für diese netten Institute, die sich so um den Standort Deutschland verdient gemacht und einfach kaum Steuern gezahlt haben. So oder so ähnlich wie im Falle der deutschen Lehman-Bank wird unser Standort in den Finanzkreislauf einbezogen, aber leider auf der falschen Seite. Wären doch die vormals deutschen Lehmanns aus Rimpar bei Würzburg hier geblieben, so hätten sie irgendwann einmal auch hier Steuern zahlen müssen, aber so?

Die künftigen Erträge aus dieser neuen billigen Geldschöpfung zur Rettung unserer Banken bleiben - wie oben dargestellt - sicherlich noch für eine Weile steuerfrei, schade für Herrn Steinbrück, aber die Schulden dürfen wir alle zurückzahlen, denn das neu geschaffene Geld war ja nicht verdient, sondern ist über Schulden des Bundes geschaffen worden worden; ja so ist das mit dem Money, made from thin air...

Ich vergass, der Vollständigkeit halber mitzuteilen, dass die irische Gesellschaft natürlich bestrebt ist, die so preisgünstig erworbenen Kredite bestens und schnellstens zu veräußern; sie tut dies gerne zu einem Satz, der so bei 55% bis 58% liegt (wie günstig für die Käufer!). Der Nebeneffekt, zwischen Kaufpreis der Darlehen - also von 38% bis 55%, ist die lächerliche Gewinnmarge von 44,7% für die irische Gesellschaft, die es durchaus schaffen kann, diesen Profit nach drei Monaten zu realisieren, dann aber noch den horrent hohen Steuersatz einer Flat-Tax in Irland von zwischen 10% und 15% zu zahlen hat. Sorry, Freunde, aber leider kann man diese Steuern nicht vermeiden.

Ich bin beileibe kein Michael Kohlhaas, aber diese edle Kooperationsgemeinschaft von Politik und Banken zu Lasten der Steuerzahler kann nur dankbar sein, dass ich inzwischen alt und müde bin,sonst….

Wer sagte "was ist ein Banküberfall verglichen mit der Gründung einer Bank?" War das Karl Marx? Ich mag ja seine Lehre nicht, aber irgendwie muss der die heutigen Banker schon gekannt haben.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein schönes Osterfest.


© Dr. Dietmar Siebholz



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