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Welche Signale sendet eine negative Realverzinsung?

20.04.2005  |  Dr. Dietmar Siebholz
Definition: Eine negative Realverzinsung liegt vor, wenn die Inflationsrate in einem Land höher ist als der dort gezahlte Zins für mittelfristige Kapitalanlagen.


Dieses Phänomen ist äußerst selten, da verständlicherweise die Kapitalmärkte auf eine derart negative Bedingung für Investitionen in den Bondmärkten unverzüglich reagieren; in der Regel entweder durch Preisabschläge auf die Rentenwerte - somit mit nennenswerten Zinserhöhungen.

Es ist den Investoren grundsätzlich nicht das Risiko zuzumuten, eine Kapitalverzinsung für Neuanlagen zu akzeptieren, bei denen der nachgewiesene Kaufkraftverlust größer als der Zinszufluss ist.

Eine derartige negative Realverzinsung zu attestieren, fällt angesichts der Informationsbeeinflussung durch die staatlichen Einflussnehmer äußerst schwer, zumal ja die Staaten einen Großteil des Bond-Marktes für ihre Mittelbeschaffung und für die Liquiditätszuflüsse zum Ausgleich sonst unausgeglichener Haushalte in Anspruch nehmen. Insoweit wird der eine Faktor des Vergleiches zwischen der Bondrendite und dem (tatsächlichen) Kaufkraftverlust leicht am Kapitalmarkt, der andere schwer festzumachen sein, weil Inflationsstatistiken von öffentlich-rechtlichen Institutionen erstellet werden.

In den USA ist jedoch trotz aller Beeinflussungen des für einen Realzins-Vergleich erforderlichen Wertes des Kaufkraftverlustes seit langer Zeit wieder ein Zustand des NEGATIVEN REALZINSES erreicht, wenn man darauf verzichtet, den "Core-CPI", also den Konsumenten-Preis-Index ohne Energie und Lebensmittel (wie desolat muss die Inflationslage in den USA sein, um einen derart absurden Index für die Konsumentenkosten zu kreieren: Welcher Verbraucher verzichtet auf Lebensmittel und Energie, also Heizöl, Kraftstoffe und Elektrizität?) als Maßstab heranzuziehen.

Zur Kenntnis: Dieser Index wird zur Zeit mit einer Steigerung von ca. 2,2% zum Vorjahr statistisch geführt. Der "normale" CPI (Consumer Price Index) also inklusive Energie und Lebensmittelkosten erreicht derzeit Steigerungsraten von ca. 3,4%. Wenn man die Beeinflussungsfaktoren - also die hedonische Veränderungsfaktoren und die besondere Methodik bei der Ermittlung des immerhin mit ca. 29% im CPI notierten Kostensteigerung für das Wohnen und einen ähnlichen Maßstab im Falle der KFZ-Preise an die tatsächliche Praxis anpasst, dann erreicht der so korrigierte CPI inzwischen mehr als 6%, was angesichts der Energiekosten-Steigerungen auch mehr als nachvollziehbar ist.

Einen sehr interessanten Bericht zur Ermittlung eines der Praxis entsprechenden Wertes für den CPI habe ich von Richard Benson von der Speciality Finance Group LLC (www.sfgroup.org) erhalten und in meine Stellungnahme aufgenommen. Benson belegt, dass inzwischen eine Inflationsrate (mit Energiepreisen per Stand November 2004 - diese werden jetzt noch höher sein als im November 2004) von mindestens 6,0% erreicht ist.

Selbst unter Verwendung der staatlich errechneten Werte für den CPI überschreitet die aktuelle Inflation den Zins für mittelfristige Anlagen um einen halben Prozentpunkt. Damit ist der seltene Zustand erreicht, der kurz mit negativem Realzins bezeichnet wird.

Johann Saiger hat kürzlich einen Chart veröffentlicht, der sich über vierzig Jahre erstreckt. Perioden mit (vorübergehendem) negativem Realzins sind in diesen vierzig Jahren aufgetreten in den Jahren 1974 bis 1976 und Ende 1978 bis 1981. Vorübergehend sind diese Perioden, weil sich nach Dokumentation dieser für Bondmärkte ungünstigen Voraussetzungen sehr nachhaltige Veränderungen an den Kapitalmärkten ergeben haben, in der Regel erhebliche Zinsanstiege/Kursverluste. In den USA versucht derzeit die FED, einerseits die Risiken einer weiter steigender Inflation in der Presse öffentlich herunterzureden und durch kleinere Zinsanpassungsschritte nach außen ihre Bereitschaft zu dokumentieren, gegen Inflationstendenzen vorzugehen. Auf der anderen Seite fördert sie niedrige Zinsen an den Kapitalmärkten durch Offen-Markt-Interventionen und Sondermaßnahmen. Die relativ geringen Spreads zwischen den Zinssätzen für das kurz- und langfristige Kapital sprechen hier eine deutliche Sprache über die realen Aktivitäten der FED.

Wie wirken sich negative Realzinsen an den Kapitalmärkten aus? In der Früh- und Erkennungsphase reagiert der Rentenmarkt nur moderat, allerdings treten später heftige Sprünge an den Edelmetallmärkten auf. Sobald sich die Bondmärkte auf diese für sie negative Entwicklung durch Preisanpassungen nach unten - und damit Renditesteigerungen - eingestellt haben, belasten diese Zinssteigerungen neben den Bond- und Aktienmärkten auch die Preise der Edelmetalle erheblich.

Aus dem Langzeitchart sind deutliche Hinweise für eine mögliche Entwicklung am Edelmetall-Markt zu entnehmen: Solange die Inflation noch geleugnet wird, auch wenn sie existent ist, sind nur moderate Preisstiegerungen bei den Edelmetallen auszumachen; wird die Inflation erst einmal beim Namen genannt, beginnt der Run auf die Edelmetalle. Sobald - und hier kommt der Hinweis von Sinclair auf Volcker zum Tragen - ernsthafte Maßnahmen gegen die Inflation ergriffen und realisiert werden - bricht die Edelmetall-Hausse in sich zusammen. Die Mahnung Volckers ist damit ein wichtiges Indiz für den Zustand des Marktes: Noch glaubt niemand so recht an die Inflation, der Anstieg der Edelmetallpreise steht also noch bevor.


© Dietmar Siebholz






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