Kapitalzu- und -Abflüsse von und in die USA
23.06.2009 | Dr. Dietmar Siebholz
Ich muss Sie regelmäßig darauf hinweisen, dass die Liquiditätsversorgung der USA für die Aufrechterhaltung der Zahlungsströme von zentraler Bedeutung sind und insbesondere die für die umfangreichen Fördermaßnahmen der US-Regierung für die Finanz- und sonstige Industrie erforderlichen Mittel aus vier Quellen unterschiedlichster Qualität stammen. Angesichts der aktuellen Regierungsbeschlüsse, die eine erneute Anhebung des Militärhaushalts um 106 Mrd. US$ (meine GATA-Partner haben mir einen Kommentar gesandt, der über das Überschreiten der Marke von 900 Mrd. US$ für die Kriegskosten in Afghanistan und im Irak berichtet) zur Folge haben werden, ist die Beobachtung, welches Schuldner-Rating die USA künftig haben werden und wie sie die für ihre Ausgaben lebensnotwendige Liquidität beschaffen können, von zentraler Bedeutung, um kritische Verwerfungen rechtzeitig erkennen zu können.
Ein Beispiel aus dem wirklichen Wirtschaftsleben zeigt, welche Probleme auftreten können, wenn nicht eine Mindestliquidität vorhanden ist, und das liegt nicht weit weg von uns hier im Landkreis Fürth: Der QUELLE-Insolvenzverwalter braucht 21 Mio. €, um den Herbst-Winter-Katalog drucken zu lassen, ohne den bei QUELLE nichts mehr ginge, denn welcher Versandhauskunde kauft schon ohne Katalog? Sie sehen, dass die Mindestliquiditätsversorgung auch der USA irgendwann einmal, wenn die Zeiten härter werden, von enormer Bedeutung sein wird. Also muss man laufend nach der Qualität und der Sicherstellung der Zahlungsströme stellen. Welche Quellen sind dies nun?
Die seriöseste bestände im Ankauf von Staatsanleihen durch die Bürger oder die vermögensverwaltenden Institutionen in den USA aus Sparguthaben; angesichts der seit Jahren festzustellenden "Entsparungstendenz", für die es noch keinen Hinweis auf die erforderliche Umkehr des Sparverhaltens gibt, ist diese Quelle wenn überhaupt nur von sehr untergeordneter Bedeutung. Von den Unternehmen, von denen sich die überwiegende Mehrheit in einem mehr oder minder stark restriktivem Umfeld bewegt, werden hier wohl keine Wunder erwartet werden können.
Eine ebenfalls für die Geldwertstabilität seriöse Liquiditätsversorgung resultiert aus dem Vertrauen internationaler Anleger und Notenbanken, die ihre liquiden Mittel in der Reservewährung US-Dollar d.h. in der Regel in soliden (wenn man sie so bezeichnen will) Staatstiteln investieren.
Die dritte und schlechteste Lösung für die Anhänger der Idee stabiler Kaufkraft ist die derzeit in den angelsächsischen Staaten, besonders in Großbritannien und in den USA praktizierte "quantitative easing" Politik, was verkürzt ausgesagt, "Gelddrucken ohne Limit" bedeutet. Hier emittiert der Staat Wertpapiere, die dann von der Notenbank aus frisch geschöpftem Geld angekauft werden In einem früheren Kommentar habe ich diese Politik mit dem Beispiel des Barons von Münchhausen verglichen, der sich und sein Pferd an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen haben soll. Oder anders ausgedrückt: Heilung von der Sucht der grenzenlosen Geldschöpfung durch neue Geldschöpfung. Wenn überhaupt, würde ich diese Therapie als Schocktherapie bezeichnen, die aber meist zu einer Voll- oder zumindest einer Teillähmung führt.
Denkbar wäre noch die vierte Art der Liquiditätsschaffung durch Handelsüberschüsse, aber da soll mir einer erst erklären, was z.B. die USA (außer Waffen, Mais, Weizen und Flugzeuge) - den Autoexport halte ich erst einmal für über Jahre hinaus unmöglich - exportieren kann, um ihre Zahlungsbilanz aufzufrischen? Und: Wie die USA dann den erforderlichen Ankauf der nicht vorhandenen Rohstoffe bezahlen soll. Ich meine, diese Liquiditätshilfe dürfte so schnell nicht eintreten. Eine weitere ist schon voll ausgenutzt: Die US-Unternehmen haben erhebliche Steuervorteile wahrnehmen können, wenn sie Liquidität aus ihren internationalen Tochtergesellschaften repatriiert haben. Diese staatliche "Förderung" hat zum Beispiel Opel nicht gut getan, ist aber inzwischen ausgelaufen, wohl auch deshalb, weil die US-Tochterunternehmen kaum über weitere Liquidität für eine "Heim-ins-Reich-Politik" verfügbar haben.
Was bleibt, ist der Liquiditätszufluss aus dem Ausland und (die übelste Variante) die FED-Politik des die Inflation fördernden "quantitative easing". Ernsthafte Volkswirte dürften sich einig darüber sein, dass nur die erstgenannte Form eines Liquiditätszuflusses im Sinne der angestrebten (man muss sich aber die Frage stellen, ob das wirklich nicht nur Lippenbekenntnisse sind) Geldwertstabilität gelten kann.
Daher ist die regelmäßige Beobachtung dieser Kapitalfluss-Daten so wichtig. Zu Ihrer Information hänge ich an meinen Kommentar eine interne Arbeitsnotiz (PDF), mit der ich monatlich diese wichtigen Daten überwache.
Wenn Sie diese Notiz lesen und durchdenken, sehen Sie, dass ich bei der Vorgabe, wie viel Liquiditätszufluss die USA benötigen, von den in den Vorjahren von mir korrekt geschätzten 900 Mrd. US$ abgewichen bin und ab Januar 2009 nur noch einen Zuflussbedarf von 540 Mrd. US$ angesetzt habe. Das war natürlich schon eine völlig falsche Vorgabe, denn ein Mehrfaches davon wird benötigt. Aber selbst bei dieser fast halbierten Vorgabe können Sie sehen, dass der Zufluss aus dem Ausland nahezu versiegt ist. Gegenüber dem Mindestsoll (das wie oben gesagt, nur einen Bruchteil des Bedarfs darstellt) fehlen heute schon mehr all 440 Mrd. US$.
Fazit: Es hilft nur noch "quantitative easing", d.h. das Generieren von Geld aus "dünner Luft". Wie lange die restliche Welt diese "Problemlösung" der USA akzeptiert, kann man nicht beantworten; es kommt auf die jeweilige Angst des Partners vor den USA und auf die Abhängigkeit und die Leidensfähigkeit des betreffenden Staates an. Aber lange werden die anderen Staaten diesen Zustand nicht ohne Reaktionen, Protektions- und sonstige Gegenmaßnahmen ertragen.
Und dann gilt der alte römische Spruch "vae victis - wehe den Besiegten". Wer sind die (zumindest relativen) Gewinner? Sie werden wohl aus den BRIC-Staaten kommen.
© Dr. Dietmar Siebholz
Wthlz2@gmx.de
Ein Beispiel aus dem wirklichen Wirtschaftsleben zeigt, welche Probleme auftreten können, wenn nicht eine Mindestliquidität vorhanden ist, und das liegt nicht weit weg von uns hier im Landkreis Fürth: Der QUELLE-Insolvenzverwalter braucht 21 Mio. €, um den Herbst-Winter-Katalog drucken zu lassen, ohne den bei QUELLE nichts mehr ginge, denn welcher Versandhauskunde kauft schon ohne Katalog? Sie sehen, dass die Mindestliquiditätsversorgung auch der USA irgendwann einmal, wenn die Zeiten härter werden, von enormer Bedeutung sein wird. Also muss man laufend nach der Qualität und der Sicherstellung der Zahlungsströme stellen. Welche Quellen sind dies nun?
Die seriöseste bestände im Ankauf von Staatsanleihen durch die Bürger oder die vermögensverwaltenden Institutionen in den USA aus Sparguthaben; angesichts der seit Jahren festzustellenden "Entsparungstendenz", für die es noch keinen Hinweis auf die erforderliche Umkehr des Sparverhaltens gibt, ist diese Quelle wenn überhaupt nur von sehr untergeordneter Bedeutung. Von den Unternehmen, von denen sich die überwiegende Mehrheit in einem mehr oder minder stark restriktivem Umfeld bewegt, werden hier wohl keine Wunder erwartet werden können.
Eine ebenfalls für die Geldwertstabilität seriöse Liquiditätsversorgung resultiert aus dem Vertrauen internationaler Anleger und Notenbanken, die ihre liquiden Mittel in der Reservewährung US-Dollar d.h. in der Regel in soliden (wenn man sie so bezeichnen will) Staatstiteln investieren.
Die dritte und schlechteste Lösung für die Anhänger der Idee stabiler Kaufkraft ist die derzeit in den angelsächsischen Staaten, besonders in Großbritannien und in den USA praktizierte "quantitative easing" Politik, was verkürzt ausgesagt, "Gelddrucken ohne Limit" bedeutet. Hier emittiert der Staat Wertpapiere, die dann von der Notenbank aus frisch geschöpftem Geld angekauft werden In einem früheren Kommentar habe ich diese Politik mit dem Beispiel des Barons von Münchhausen verglichen, der sich und sein Pferd an den eigenen Haaren aus dem Sumpf gezogen haben soll. Oder anders ausgedrückt: Heilung von der Sucht der grenzenlosen Geldschöpfung durch neue Geldschöpfung. Wenn überhaupt, würde ich diese Therapie als Schocktherapie bezeichnen, die aber meist zu einer Voll- oder zumindest einer Teillähmung führt.
Denkbar wäre noch die vierte Art der Liquiditätsschaffung durch Handelsüberschüsse, aber da soll mir einer erst erklären, was z.B. die USA (außer Waffen, Mais, Weizen und Flugzeuge) - den Autoexport halte ich erst einmal für über Jahre hinaus unmöglich - exportieren kann, um ihre Zahlungsbilanz aufzufrischen? Und: Wie die USA dann den erforderlichen Ankauf der nicht vorhandenen Rohstoffe bezahlen soll. Ich meine, diese Liquiditätshilfe dürfte so schnell nicht eintreten. Eine weitere ist schon voll ausgenutzt: Die US-Unternehmen haben erhebliche Steuervorteile wahrnehmen können, wenn sie Liquidität aus ihren internationalen Tochtergesellschaften repatriiert haben. Diese staatliche "Förderung" hat zum Beispiel Opel nicht gut getan, ist aber inzwischen ausgelaufen, wohl auch deshalb, weil die US-Tochterunternehmen kaum über weitere Liquidität für eine "Heim-ins-Reich-Politik" verfügbar haben.
Was bleibt, ist der Liquiditätszufluss aus dem Ausland und (die übelste Variante) die FED-Politik des die Inflation fördernden "quantitative easing". Ernsthafte Volkswirte dürften sich einig darüber sein, dass nur die erstgenannte Form eines Liquiditätszuflusses im Sinne der angestrebten (man muss sich aber die Frage stellen, ob das wirklich nicht nur Lippenbekenntnisse sind) Geldwertstabilität gelten kann.
Daher ist die regelmäßige Beobachtung dieser Kapitalfluss-Daten so wichtig. Zu Ihrer Information hänge ich an meinen Kommentar eine interne Arbeitsnotiz (PDF), mit der ich monatlich diese wichtigen Daten überwache.
Wenn Sie diese Notiz lesen und durchdenken, sehen Sie, dass ich bei der Vorgabe, wie viel Liquiditätszufluss die USA benötigen, von den in den Vorjahren von mir korrekt geschätzten 900 Mrd. US$ abgewichen bin und ab Januar 2009 nur noch einen Zuflussbedarf von 540 Mrd. US$ angesetzt habe. Das war natürlich schon eine völlig falsche Vorgabe, denn ein Mehrfaches davon wird benötigt. Aber selbst bei dieser fast halbierten Vorgabe können Sie sehen, dass der Zufluss aus dem Ausland nahezu versiegt ist. Gegenüber dem Mindestsoll (das wie oben gesagt, nur einen Bruchteil des Bedarfs darstellt) fehlen heute schon mehr all 440 Mrd. US$.
Fazit: Es hilft nur noch "quantitative easing", d.h. das Generieren von Geld aus "dünner Luft". Wie lange die restliche Welt diese "Problemlösung" der USA akzeptiert, kann man nicht beantworten; es kommt auf die jeweilige Angst des Partners vor den USA und auf die Abhängigkeit und die Leidensfähigkeit des betreffenden Staates an. Aber lange werden die anderen Staaten diesen Zustand nicht ohne Reaktionen, Protektions- und sonstige Gegenmaßnahmen ertragen.
Und dann gilt der alte römische Spruch "vae victis - wehe den Besiegten". Wer sind die (zumindest relativen) Gewinner? Sie werden wohl aus den BRIC-Staaten kommen.
© Dr. Dietmar Siebholz
Wthlz2@gmx.de