Keinen Ausstieg für Ben Bernanke
07.08.2009 | Peter Schiff
In einem Kommentar aus der vorletzten Montagsausgabe des Wall Street Journals (einige Tage später auch in einer Ansprache vor dem Kongress) versicherte der Chairman der US-Notenbank, Ben Bernanke, dass er dank seiner akkuraten Voraussicht und durch konsequenten Griff in die Werkzeugkiste der Fed eine nahezu Null-Prozent-Zinspolitik für einen ausgedehnten Zeitraum aufrechterhalten konnte, ohne dass dies zu Inflation geführt hätte. In Anbetracht dieser übernatürlichen Kräfte fragt man sich nur, warum Bernanke nicht bei der Liga der Gerechten angestellt ist, sondern eben bei der US-Notenbank.
Bens Spiel ist sichtbar einfach: Sobald er feststellt, die Wirtschaft hat wieder festen Boden unter den Füßen, wird er die monetäre Variante des Superman-Laser-Blicks einsetzen und all die überschüssige Liquidität, die er in der letzten Zeit geschaffen hatte, verdampfen lassen - und alles, ohne die wirtschaftliche Erholung in Gefahr zu bringen. Versucht das bloß nicht zu Hause, Kinder!
Bernanke versichert uns - so wie er es schon vor Jahren machte, als das Subprime-Fiasko seinen Lauf nahm - die Inflation sei unter Kontrolle. Und damit liegt er heute wieder genauso falsch wie damals.
Die Vorstellung, der Inflationsgeist könnte problemlos wieder in die Flasche gesperrt werden, kann durch kein einziges Beispiel aus der Geschichte gestützt werden. Selbst Mainstream-Ökonomen, denen noch jedes neue Stimuluspaket willkommen war, sind sich einig, dass die Zentralbanken präventiv gegen Inflation vorgehen müssen. Bernanke meint nun, die neuen Liquiditätswerkzeuge, hastig entwickelt während der Panik Ende 2008, werden nun die entgegengesetzte Wirkung entfalten. Aber Liquidität hat sehr viel mit Flüssigkeit gemeinsam: Es ist viel einfacher zu verschütten als aufzuwischen. Chairman Bernanke glaubt, mit seinen neuen technischen Spielereien ein Meisterstück monetärer Zauberkunst vollführen zu können, welches noch keinem anderen Zentralbanker vor ihm gelang. So oft hat er in der Vergangenheit schon falsch gelegen, warum sollten wir davon ausgehen, dass er es diesmal richtig anstellt?
Unterm Strich verfügt Bernanke über keine Ausstiegsstrategie. Er kann erzählen, was er will, wenn die Zeit gekommen ist, den Schalter umzulegen, werden seine Nerven schwach. Die derzeitige Kommunikationskampagne ist einfach nur ein Versuch, die Märkte zu beruhigen. Ich bezweifle, dass auch nur ein paar Bürger oder Kongressmitglieder überhaupt gehofft hatten, den von Bernanke beschriebenen Ausstiegsmechanismus verstehen zu können. Viele vertrauen anscheinend voll und ganz darauf, Bernanke würde auch die detailliertesten Finanzfragen meistern. Ähnlich der sagenumwobenen "Politik des starken Dollars" besteht die aktuelle Strategie des Chairmans traurigerweise wohl aus nicht mehr als vertrauensvollem Zuspruch.
Er spürt, unten im Dorf - bei den Währungshändlern und Bond-Markt-Vigilantes - kommt jetzt langsam Unruhe auf. Um ihre Gemüter zu besänftigen, muss er vorgeben, er hätte die Situation unter Kontrolle. Wie Jack Nicholson in "Eine Frage der Ehre" weiß auch er, dass die Märkte "die Wahrheit gar nicht vertragen können".
Doch täuschen Sie sich nicht, um all die überschüssige Liquidität aufsaugen zu können, wird die US-Notenbank die Zinssätze deutlich erhöhen müssen, um im Ausland den Kauf von Bonds, die das Finanzministerium verkaufen muss, attraktiver zu machen. Die Funktionäre der US-Notenbank wissen, dass unsere Wirtschaft voll und ganz von billigem Geld und grenzenlosem Kredit abhängig ist und weder den Verlust des einen noch des anderen tolerieren kann. Klar ist: Je länger der Geldhahn offen bleibt, desto abhängiger werden wir von niedrigen Zinssätzen und desto härter wird es, sich vom Gewohnten loszureißen. Wenn die US-Notenbank schon nicht fähig war, den Punsch in den Jahren vor dem Einbruch vom Tisch zu nehmen, wie will sie es dann schaffen, wenn die Wirtschaft weitaus schwächer ist. Und gesetzt dem Fall, sie läuten diesen Prozess ein, so wäre die "Erholung" unverzüglich in Gefahr und die US-Notenbank würde die Gelddusche wieder aufdrehen.
Schaut man allein nur auf die aufgeblähten Bilanzen der Notenbank, so müssten hier toxische Anlagen in Höhe von mehreren hundert Milliarden Dollar - zum Beispiel in Form von Bonds, die mit Subprime-Hypotheken, Kreditkartenschulden sowie Auto- und Studentenkrediten besichert sind - zurück in den Markt verkauft werden. Käufer für solchen Klärschlamm zu finden, ohne dabei den Markt zu zerstören, ist ein Trick, an dem sich wohl selbst Houdini nicht versucht hätte. Bei der US-Notenbank geht man davon aus, diese Anlagen werden dann, wenn sie verkauft werden sollen, nicht mehr toxisch; diese Annahme ist eine Farce. Die Wirtschaft im Großen und Ganzen hat bisher noch nicht unter der vollen Last der Rezession gelitten, weil die US-Notenbank diese Anlagen größtenteils unter Quarantäne gestellt hat. Sollten diese Toxine wieder zurück in die Wirtschaft gelangen, käme es zu einer tödlichen Reaktion.
Bernanke verbreitete zudem fälschlicherweise Optimismus, das Wiedererstarken der Weltwirtschaft werde bei der Erholung helfen. Es ist aber leider so, dass ein globales Wiedererstarken Bernanke zu antiinflationärem Handeln zwingen würden, was der US-Wirtschaft noch größeren Schaden zufügen würde.
Nur Wenige wissen wirklich zu schätzen, wie sehr die USA von der globalen Panik 2008 profitierten, denn diese führte zu einer Flucht in den US-Dollar und in US-Staatsanleihen. Die einsetzende Umverteilung von Kapitalflüssen drosselte die Verbraucherpreise und hielt die Zinssätze niedrig. Wenn das Wachstum im Ausland wieder einsetzt, kehrt sich diese Umverteilung wieder um; Verbraucherpreise und auch Zinssätze werden steigen.
Da die aktuelle Politik zudem die Korrektur struktureller Ungleichgewichte in unserer Wirtschaft verhindert, werden die Arbeitslosenzahlen auch weiter steigen. Höhere Zinssätze, steigende Verbraucherpreise und der Elendsindex (Inflation+Zinssätze+Arbeitslosigkeit) werden ein großes Thema bei den Zwischenwahlen 2010 sein und ein noch größeres im Jahr 2012.
Für eine weiterführende Analyse unserer Finanzprobleme und der damit einhergehenden Gefahren für die US-Wirtschaft und $-Investitionen, lesen sie Peter Schiffs Buch "How to Profit from the Coming Economic Collapse." und auch seine Neuerscheinung "The Little Book of Bull Moves in Bear Markets."
© Peter Schiff
www.europac.net
Dieser Artikel erschien am 24.07.09 auf www.safehaven.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Bens Spiel ist sichtbar einfach: Sobald er feststellt, die Wirtschaft hat wieder festen Boden unter den Füßen, wird er die monetäre Variante des Superman-Laser-Blicks einsetzen und all die überschüssige Liquidität, die er in der letzten Zeit geschaffen hatte, verdampfen lassen - und alles, ohne die wirtschaftliche Erholung in Gefahr zu bringen. Versucht das bloß nicht zu Hause, Kinder!
Bernanke versichert uns - so wie er es schon vor Jahren machte, als das Subprime-Fiasko seinen Lauf nahm - die Inflation sei unter Kontrolle. Und damit liegt er heute wieder genauso falsch wie damals.
Die Vorstellung, der Inflationsgeist könnte problemlos wieder in die Flasche gesperrt werden, kann durch kein einziges Beispiel aus der Geschichte gestützt werden. Selbst Mainstream-Ökonomen, denen noch jedes neue Stimuluspaket willkommen war, sind sich einig, dass die Zentralbanken präventiv gegen Inflation vorgehen müssen. Bernanke meint nun, die neuen Liquiditätswerkzeuge, hastig entwickelt während der Panik Ende 2008, werden nun die entgegengesetzte Wirkung entfalten. Aber Liquidität hat sehr viel mit Flüssigkeit gemeinsam: Es ist viel einfacher zu verschütten als aufzuwischen. Chairman Bernanke glaubt, mit seinen neuen technischen Spielereien ein Meisterstück monetärer Zauberkunst vollführen zu können, welches noch keinem anderen Zentralbanker vor ihm gelang. So oft hat er in der Vergangenheit schon falsch gelegen, warum sollten wir davon ausgehen, dass er es diesmal richtig anstellt?
Unterm Strich verfügt Bernanke über keine Ausstiegsstrategie. Er kann erzählen, was er will, wenn die Zeit gekommen ist, den Schalter umzulegen, werden seine Nerven schwach. Die derzeitige Kommunikationskampagne ist einfach nur ein Versuch, die Märkte zu beruhigen. Ich bezweifle, dass auch nur ein paar Bürger oder Kongressmitglieder überhaupt gehofft hatten, den von Bernanke beschriebenen Ausstiegsmechanismus verstehen zu können. Viele vertrauen anscheinend voll und ganz darauf, Bernanke würde auch die detailliertesten Finanzfragen meistern. Ähnlich der sagenumwobenen "Politik des starken Dollars" besteht die aktuelle Strategie des Chairmans traurigerweise wohl aus nicht mehr als vertrauensvollem Zuspruch.
Er spürt, unten im Dorf - bei den Währungshändlern und Bond-Markt-Vigilantes - kommt jetzt langsam Unruhe auf. Um ihre Gemüter zu besänftigen, muss er vorgeben, er hätte die Situation unter Kontrolle. Wie Jack Nicholson in "Eine Frage der Ehre" weiß auch er, dass die Märkte "die Wahrheit gar nicht vertragen können".
Doch täuschen Sie sich nicht, um all die überschüssige Liquidität aufsaugen zu können, wird die US-Notenbank die Zinssätze deutlich erhöhen müssen, um im Ausland den Kauf von Bonds, die das Finanzministerium verkaufen muss, attraktiver zu machen. Die Funktionäre der US-Notenbank wissen, dass unsere Wirtschaft voll und ganz von billigem Geld und grenzenlosem Kredit abhängig ist und weder den Verlust des einen noch des anderen tolerieren kann. Klar ist: Je länger der Geldhahn offen bleibt, desto abhängiger werden wir von niedrigen Zinssätzen und desto härter wird es, sich vom Gewohnten loszureißen. Wenn die US-Notenbank schon nicht fähig war, den Punsch in den Jahren vor dem Einbruch vom Tisch zu nehmen, wie will sie es dann schaffen, wenn die Wirtschaft weitaus schwächer ist. Und gesetzt dem Fall, sie läuten diesen Prozess ein, so wäre die "Erholung" unverzüglich in Gefahr und die US-Notenbank würde die Gelddusche wieder aufdrehen.
Schaut man allein nur auf die aufgeblähten Bilanzen der Notenbank, so müssten hier toxische Anlagen in Höhe von mehreren hundert Milliarden Dollar - zum Beispiel in Form von Bonds, die mit Subprime-Hypotheken, Kreditkartenschulden sowie Auto- und Studentenkrediten besichert sind - zurück in den Markt verkauft werden. Käufer für solchen Klärschlamm zu finden, ohne dabei den Markt zu zerstören, ist ein Trick, an dem sich wohl selbst Houdini nicht versucht hätte. Bei der US-Notenbank geht man davon aus, diese Anlagen werden dann, wenn sie verkauft werden sollen, nicht mehr toxisch; diese Annahme ist eine Farce. Die Wirtschaft im Großen und Ganzen hat bisher noch nicht unter der vollen Last der Rezession gelitten, weil die US-Notenbank diese Anlagen größtenteils unter Quarantäne gestellt hat. Sollten diese Toxine wieder zurück in die Wirtschaft gelangen, käme es zu einer tödlichen Reaktion.
Bernanke verbreitete zudem fälschlicherweise Optimismus, das Wiedererstarken der Weltwirtschaft werde bei der Erholung helfen. Es ist aber leider so, dass ein globales Wiedererstarken Bernanke zu antiinflationärem Handeln zwingen würden, was der US-Wirtschaft noch größeren Schaden zufügen würde.
Nur Wenige wissen wirklich zu schätzen, wie sehr die USA von der globalen Panik 2008 profitierten, denn diese führte zu einer Flucht in den US-Dollar und in US-Staatsanleihen. Die einsetzende Umverteilung von Kapitalflüssen drosselte die Verbraucherpreise und hielt die Zinssätze niedrig. Wenn das Wachstum im Ausland wieder einsetzt, kehrt sich diese Umverteilung wieder um; Verbraucherpreise und auch Zinssätze werden steigen.
Da die aktuelle Politik zudem die Korrektur struktureller Ungleichgewichte in unserer Wirtschaft verhindert, werden die Arbeitslosenzahlen auch weiter steigen. Höhere Zinssätze, steigende Verbraucherpreise und der Elendsindex (Inflation+Zinssätze+Arbeitslosigkeit) werden ein großes Thema bei den Zwischenwahlen 2010 sein und ein noch größeres im Jahr 2012.
Für eine weiterführende Analyse unserer Finanzprobleme und der damit einhergehenden Gefahren für die US-Wirtschaft und $-Investitionen, lesen sie Peter Schiffs Buch "How to Profit from the Coming Economic Collapse." und auch seine Neuerscheinung "The Little Book of Bull Moves in Bear Markets."
© Peter Schiff
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Dieser Artikel erschien am 24.07.09 auf www.safehaven.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.