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Sicherheitsstrategie zum Zweiten

16.08.2009  |  Manfred Gburek
Es ist schon mehr als merkwürdig, wie die Rezession in Deutschland seit dem vergangenen Donnerstag erst im Internet und Fernsehen, einen Tag später in den Tageszeitungen und schließlich in den üblichen Fernsehquatschrunden für beendet erklärt wurde. Das Ganze auch noch, obwohl Deutschland vor einer der größten Entlassungswellen der Nachkriegszeit steht, zumal der Notstopfen Kurzarbeit zwangsläufig mit Entlassungen enden wird. Dabei kommt erschwerend hinzu, dass die Rezession dieses Mal die stark vom Export abhängigen deutschen Schlüsselindustrien trifft: Auto, Chemie, Maschinenbau und Elektro. Hier wirkt sich die Globalisierung aus, jetzt - im Gegensatz zur Zeit bis Mitte 2008 - mit negativen Folgen. Welches Fazit Sie als Anleger daraus ziehen sollten, folgt zum Schluss.

Bereiten Sie sich darauf vor, dass die deutsche Wirtschaft nach der Bundestagswahl ganz anders aussehen wird, als man es Ihnen jetzt noch weismachen will: Die erwähnte Entlassungswelle wird dann erst richtig ins Rollen kommen, das Betriebsklima in den Unternehmen wird schlechter werden, das menschenunwürdige Mobbing zunehmen. Unternehmen werden auf einem immer größeren Teil ihrer Forderungen sitzen bleiben, Vermieter ihre zahlungsunwilligen oder -unfähigen Mieter zunehmend mithilfe von Gerichtsvollziehern aus den Wohnungen treiben lassen müssen. Viel schlimmer noch: Es droht ein - bisher von der breiten Öffentlichkeit noch zu wenig beachteter - sozialer Kampf Arm gegen Reich, Arbeitslose gegen Beschäftigte, Links gegen Mitte, alle gegen Rechts, Jung gegen Alt, Ausländer gegen Deutsche usw., das alles natürlich auch auf Gegenseitigkeit.

Die nächstliegenden Folgen für die Politiker sind absehbar: Sie werden es den Mehrheiten in der Bevölkerung mithilfe von Steuererhöhungen recht zu machen versuchen, um beim nächsten Urnengang wieder gewählt zu werden. Also werden sie sich beispielsweise mehr auf die Seite der armen Mehrheit schlagen als auf die der reichen Minderheit. Doch schon dann wird es für opportunistische Politiker kritisch. Denn die Wählerstimmen von Arbeitslosen werden in Zukunft nicht zu unterschätzen sein, sodass sie mit denen der Beschäftigten abzuwägen sind. Dass man allenthalben gegen Rechts schimpft, kann nicht davon ablenken, dass Links viel mehr Stammwähler hat, deren Empfänglichkeit für antikapitalistische Parolen ziemlich ausgeprägt ist. Beim Thema Jung gegen Alt verstehen es die meisten Politiker immer wieder, mit Worten mehr Bildung für junge Leute zu fordern, aber mit Riesenbeträgen Rentner zu fördern. Was die Bildung betrifft, ist eine diesbezügliche Integration der Millionen in Deutschland lebenden Ausländer längst überfällig, doch auch hier dominieren die Worte anstelle der Taten.

Alles wird noch viel schlimmer kommen, bevor die nächste Bundesregierung durchgreifende Reformen in Angriff nimmt. Dazu einige Überlegungen: Bisher hat fast jedes Unternehmen in Schieflage diese offiziell auch oder sogar zum größten Teil auf die Finanzkrise zurückgeführt. Dagegen gab so mancher Vorstandschef hinter vorgehaltener Hand zu, selbst Fehler gemacht zu haben. Solche Fehler bestanden überwiegend im Wachstumswahn, in zu niedrigem Eigenkapital, Bilanztricks, unzureichender Risikovorsorge, in der Raffgier des Managements statt der Orientierung am Unternehmenserfolg, im falschen Geschäftsmodell und Spieltrieb (die beiden Letzteren vor allem bei Banken).

Die Folgen dieser Fehler sind längst noch nicht ausgestanden. Das heißt, obwohl ein Fall wie Hypo Real Estate mit all seinen Konsequenzen einmalig sein mag, werden sich Fälle wie Bayern LB, Schiesser, Escada, Arcandor, Quelle und Sal. Oppenheim anderswo wiederholen. Daraus folgt: Statt sich primär um Umsatz und Gewinn zu kümmern, werden die Chefs der meisten Unternehmen in den nächsten Jahren überwiegend mit Reparaturarbeiten beschäftigt sein. Ihren Kollegen in anderen westlichen Ländern wird es ähnlich ergehen.

So gesehen, macht die hier vor einer Woche vorgeschlagene Sicherheitsstrategie für Anleger sehr viel Sinn. Dazu gehört auch ein hoher Anteil an Gold, Silber und Edelmetallaktien, wie hier seit Monaten immer wieder empfohlen. Manche Leser fragen nun, 1. wie lange sie noch warten sollen, bis der Preisknoten bei den Edelmetallen platzt, und 2. wie sich die Empfehlung für Edelmetalle mit der für Bundesanleihen reimt. Um gleich klipp und klar zu antworten: Der Knoten wird in diesem Herbst platzen, weil immer mehr Anleger in die Edelmetalle und deren Aktien drängen, sodass man den jüngsten Sprung des Silberpreises über 15 Dollar trotz des anschließenden heftigen Rücksetzers am Freitag fast schon als Vorboten des Goldpreissprungs über 1000 Dollar ansehen kann, obwohl auch der Goldpreis am Freitag zurückging. Die Empfehlung für Edelmetalle einerseits und Bundesanleihen andererseits reimen sich, weil in beiden Fällen die Sicherheit als Anlagemotiv dominiert und weil die Rendite von Bundesanleihen dahin tendiert, wo die der Edelmetalle ist: null.

Zugegeben, der Vergleich hinkt ein wenig, weil die Preise von Gold und Silber und erst recht die Kurse der Edelmetallaktien ungleich heftiger schwanken als die Notierungen für Bundesanleihen. Doch davon abgesehen, muss man sich die Frage stellen: Welcher Faktor bewegt die Anleger zurzeit am meisten? Und da drängt sich vor dem eingangs beschriebenen, nicht nur in Deutschland dominierenden Rezessionssznario die Antwort auf: Sicherheit. Diese wird aus Anlegersicht bis auf Weiteres von den Edelmetallen und den Anleihen positiv bewerteter Emittenten wie dem deutschen Staat verkörpert. Erst wenn Anleger in ihrer Mehrheit steigende Inflationsraten erwarten, werden sie zumindest die Langläufer unter den Anleihen verkaufen. Dann - voraussichtlich 2010 oder 2011 - sollte man sich vorsorglich von Anleihen trennen. Gold, Silber und Edelmetallaktien werden in diesem Zeitraum bereits kräftig nach oben abgehoben haben.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).




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