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Bio-Schwefel: Lebensstoff der Organismen

29.08.2009  |  Hans Jörg Müllenmeister
Edelmetalle machen in Bälde Furore. In physischer Form schützen sie unser Vermögen vor Verlusten. Schwefel, das "Element der Hölle", vor allem seine organischen Derivate, erhält und schützt unser höchstes Gut: unsere Gesundheit. Kaum ein anderes Element kann sich so mit nahezu allen anderen Elementen verbinden. Schwefel ist ein universeller Puzzlebaustein des Periodensystems, im Organischen wie auch im Anorganischen. In einer fremden Welt könnte der Schwefel durchaus - ebenso wie hier der Kohlenstoff - die Basis allen Lebens sein.

Zur Gruppe der Erzbildner - den Chalkogenen - gehört Schwefel wie Sauerstoff, Selen, Tellur und Polonium. Durchschnittlich enthält eine Tonne Erdgestein 500 Gramm Schwefel. Gediegen kommt die Substanz in der Natur relativ selten vor; Vulkanausbrüche setzen allerdings das Element aus dem "Höllenschlund" in riesigen Mengen frei. Davon werden jährlich 35 Millionen Tonnen abgebaut. Den größten Anteil macht heute die Produktion aus Erdöl und Pyrit: Aus diesen Quellen stammen etwa 50 Millionen Tonnen pro Jahr. Die wichtigsten Salze, also Sulfate der Schwefelsäure sind Gips/Calciumsulfat, Bittersalz/Magnesiumsulfat, Schwerspat/Bariumsulfat und Glaubersalz/Natriumsulfat.

Weitverbreitetes Schwefelmineral ist der Schwefelkies FeS2, bekannt als Pyrit oder Katzengold; das goldverheißende Mineral tritt in 60 verschiedenen Kristallformen auf. Schwefelhaltiger Bleiglanz PbS ist ein wichtiges Bleierz, ebenso ist Kupferkies CuFeS2 ein Erzträger. Oft bilden Bleiglanz und Zinkblende ZnS eine mineralogische Gemeinschaft. Durch Zerreiben von ZnS auf einer Porzellantafel entsteht Schwefelwasserstoff; diesen typischen Geruch von Stinkbomben kennen Sie ja aus der Jugendzeit.

Schwefel ist ein unverzichtbares mineralisches Element des Stoffwechsels. Im menschlichen Organismus stecken insgesamt etwa 150 Gramm Schwefel. Vor allem Nägel (bis 4%), Haare und Knorpelsubstanz, aber auch die Muskulatur (1%) birgt eine hohe Schwefelkonzentration. Verschiedene Aminosäuren und die aus ihnen aufgebauten Eiweiße nutzen Schwefel als "Legobaustein". Auch in Coenzymen und im Vitamin B pflanzlicher und tierischer Organismen genießt Schwefel Hausrechte. Pflanzen nehmen Schwefel über die Wurzeln in Form von Ionen auf, die dann reduziert und anschließend zur Cystein und anderen organischen Schwefelverbindungen umgebaut werden.

Auch die Kreuzblütengewächse Senf und Raps besitzen schwefelhaltige pilztötende Inhaltsstoffe - die Glucosinolate. In Brokkoli findet sich Sulforophan, übrigens ein schwefelhaltiger Inhaltsstoff, der das Risiko mindert, an Prostatakrebs zu erkranken. Das Lauchgewächs Bärlauch enthält wichtige Schwefelverbindungen, die unseren Körper von Schwermetallen und anderen Schadstoffen reinigen – vor allem der Darm wird dabei stark entgiftet. Diese schwefelhaltigste Pflanze Europas nutzt man seit Jahrhunderten als heimische Nahrungspflanze. Der Bärlauch enthält 7,8 mg Schwefel in 100 g seiner Trockenmasse.

Lange bevor der Mensch den pharmazeutischen Nutzen erkannte und Schwefel als Abführmittel einnahm oder als Salbenrezeptur (Sulfonamide) bei bakteriellen Hautinfektionen einsetzte, entdeckten Cyanobakterien eine Art von Photosynthese - und das schon vor über drei Milliarden Jahren. Sie verwendeten Schwefelwasserstoff oder elementaren Schwefel als Energiequelle statt Wasser für die Reduktion von Kohlendioxid. Dieser Kreislauf funktionierte ohne Sauerstoff, denn damals war die Atmosphäre frei von Sauerstoff.

Reinen Schwefel verwendet man zur Herstellung von Zündhölzern, Schwarzpulver, Feuerwerkskörpern, zur Herstellung von Kunststoffen und Farbstoffen, zur Vulkanisation von Kautschuk und Gummi, zum Schwefeln von Weinfässern oder als Bleichmittel für Wolle und Seide. In der Schwerindustrie ist Schwefel als Zugabe für Stahl gefragt, denn schwefellegierter Stahl führt zu erhöhtem Spanbruch; das ist eine erwünschte Eigenschaft beim Zerspanen von Automatenstählen. Schwefel ist ein bedeutender Rohstoff in der chemischen Industrie. Schwefelsäure ist die meist genutzte Chemikalie der Welt, gleichzeitig ist Schwefel als Nährstoffsubstanz am wenigsten erforscht. Fast alle Produkte der Chemie-Industrie machten auf ihrem Entstehungsweg rege Bekanntschaft mit Schwefelsäure.

Mit schwefelhaltigen Salben versucht man Hautkrankheiten wie Akne, Ekzeme, Krätze oder Schuppenflechte zu Leibe zu rücken. Schwefelbäder helfen gegen Rheuma, Gicht oder Ekzeme. Von Casanova berichtet man, das er die schwefelhaltigen bis zu 74°C heißen Thermalquellen im römischen "Aquae Granni" - dem heutigen Bad Aachen - aufsuchte, um zumindest eines seiner liebeslüsternen Glieder auszukurieren. Der Allrounder Schwefel ist vielseitig: Im Wein- und Gartenbau macht Schwefel Spinnmilben und den pilzbefallenen Pflanzen (Mehltau) den Garaus. Ausgerechnet für das verlockende Kaffee- oder Kakao-Aroma zeichnet der Oberstinker mit seinen Verbindungen verantwortlich.

Überhaupt sind Pflanzen wichtige Mitspieler im Kreislauf des Schwefels auf der Erde. Der zentrale Stoffwechselprozess dabei ist die Assimilation. Es kommt dabei zur Reduktion von Sulfat zu Sulfid und zum Einbau von Schwefel in die Aminosäure Cystein. Dieser Weg des Stoffwechsels ist entscheidend für das Wachstum und den Ernährungswert der Pflanze.

So wie es den Wasserkreislauf gibt, so existiert auch ein Kreislauf des Schwefels in der Natur. Abermillionen Tonnen Schwefel wandern durch Bodenerosion in die Ozeane: das Plankton entzieht dem Wasser Schwefel und bildet organische Salzverbindungen. Diese werden in den Ozeanen in das flüchtige Dimethylsulfid, kurz DMS, umgewandelt. Als Gas entweicht es in die Hochatmosphäre: Ozon und hochenergetisches UV-Licht wandeln es in DMSO und MSM um. Dadurch bilden sich Kondensationskeime, an denen die Wolken entstehen. Ihr Abregnen über dem Festland schliesst den Kreislauf und führt den Böden erneut organische Schwefelverbindungen zu. Pflanzen nehmen diese mit der Nahrung aus dem Boden auf und konzentrieren sie um etwa das Hundertfache in ihrem Organismus.




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