Silber: Große Rally im Herbst!
31.08.2009 | Adam Hamilton
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Falls Sie ganz genau verstehen wollen, warum Gold während der Aktienmarktpanik schwach war, lesen Sie mein Essay, in dem ich beschreibe, inwieweit der Aktienmarkt Gold antreibt. In aller Kürze: Verkäufe am Markt für festverzinsliche Wertpapiere und anschließend auch am Aktienmarkt führten dazu, dass sich die Flut aus Fluchtkapital in den US-Dollar ergoss - um kurzfristige US-Staatsanleihen zu kaufen. Auf dem Weg zum Sicheren Hafen wurde die seither größte und schnellste US-Dollar-Rally angetrieben. Die Gold-Futures-Händler sahen, dass der Dollar durch die Decke ging und ließen Gold links liegen. Und als Gold fiel, bekamen es die Händler im Silbermarkt richtig mit der Angst zu tun. Die Panik am Aktienmarkt verstärkte ihre Ängste umso mehr.Verängstigte Trader sind emotionale Trader, und deshalb wurde Silber diesmal viel offensiver verkauft, als irgendwann zuvor in diesem langfristigen Bullenmarkt. Im Juli 2008, vor dieser surrealen Angstblase, lag Silber im Durchschnitt bei 18 $. Im November 2008, mitten in der Aktienmarktpanik, lag Silber dann durchschnittlich bei weniger als 10 $. Auf dem Tiefpunkt hatte Silber ganz unglaubliche 53% seines Wertes verloren und das in nur vier Monaten! Es war ein episches Blutbad und verständlicherweise brach es dem Willen vieler Silberinvestoren, weiter zu machen.
Doch obgleich auch Gold von der gewaltigen, panikgetriebenen Dollar-Erholung getroffen wurde, erscheint der Sell-Off beim Gold unbedeutend, verglichen mit dem Sell-Off beim Silber. Gold erreichte schlimmstenfalls ein 14-Monate-Tief. Aber Silber fiel einfach immer tiefer und trudelte immer weiter abwärts. Auf dem Höhepunkt der Panik erreichte Silber ein Niveau, auf dem es 34 Monate zuvor das letzte Mal gelegen hatte! Silber verstärkt die Bewegungen von Gold, aber das Ausmaß dieses Panik-Sell-Offs ist einfach nur lachhaft. Es widerstrebt aller Logik und Vernunft.
Im Panikzeitraum September bis Dezember stürzte der Silber-Determinationskoeffizient (Bestimmtheitsmaß) mit Gold auf 52,5%. Das heißt mit anderen Worten, dass nur die Hälfte der täglichen Silberpreisbewegungen mit denen des Goldes statistisch zu erklären war. In Anbetracht der eisernen Beziehung zwischen Silber und Gold ist dies einfach nur Wahnsinn gewesen. Das hat es niemals zuvor gegeben. Silber fiel nicht nur weit aus dem Rahmen, was seine Verstärkung des Gold-Sell-Offs betrifft, als Haupttriebkraft für die Stimmung am Silbermarkt wurde Gold zudem nahezu ausgeschaltet.
Provokanterweise rissen nun die Aktienmärkte die Führerschaft über Silber an sich. Inmitten der Panik, im Oktober und November, fiel Silber an sechs verschiedenen Handelstagen auf neue Paniktiefs. Ganze 4 davon waren Tage, an denen der S&P 500 (SPX) ebenfalls neue Paniktiefs erreichte. Es ist kaum zu glauben, aber Silber erreichte an keinem der Tage neue Tiefs, an denen Gold neue Tiefstände erreichte! Und auch als Gold Mitte November seine Talsohle erreichte, kam Silber immer noch nicht zur Ruhe. Dazu kam es erst über eine Woche später - am selben Tag, an dem auch der SPX sein Paniktief erreicht hatte.
Die Vorstellung, die Aktienmärkte könnten den Silberpreis anführen, scheint schon sehr eigenartig, aber in dieser panischen Situation aus extremer Angst und Stress machte es schon irgendwie Sinn. Im Gegensatz zu Gold, das für gewöhnlich als solide Investition und Sicher Hafen angesehen wird, betrachtet man Silber vorrangig als Spekulation. Es ist ein hypervolatiles Metall, das stark von den Launen der spekulativen Gunst abhängt. Und die Spekulanten waren während der Panik derart verängstigt, dass die Spekulationslust insgesamt negativ wurde. Spekulanten verließen alle risikoreichen Anlagen - gleich in welchem Markt.
Da Silber schon in seinen besten Zeiten zu jenen Anlagen gehörte, die auf kurze Sicht hoch spekulativ waren, bekam es nun in den schlechtesten Zeiten auch die Hauptlast der insgesamt anti-spekulativen Grundstimmung zu spüren. Die Trader wollten unbedingt raus - um jeden Preis. Und diese Panikstimmung führte direkt zur Silberanomalie, die wir auch heute noch traden. Schwaches Gold zusammen mit extremer Angst, erzeugt durch die einbrechenden Aktienmärkte - all das legte die zuvor bullischen Stimmung am Silbermarkt in Trümmer.
Was aber eine Anomalie zu einer Anomalie macht, ist ihr kurzfristiges Wesen. Je extremer die Psychologie ist, die die Preise aus dem Gleichgewicht bringt, desto schneller wird sie sich auch abnutzen, und die Anomalie wird wieder Richtung Normalität umkehren. Nach Ende der Panik war das beim Silber im Grunde auch beobachten. Unterm Strich stieg das Metall stark an - von weniger als 10 $ auf 14 $ - und erholte sich innerhalb eines schönen Aufwärtstrends.
Diese Umkehrung ist jedoch noch nicht vorbei. Gold erreichte zum Beispiel recht schnell wieder seine Niveaus aus der Zeit vor der Panik, die ungefähr zwischen 875 $ und 975 $ lagen. Und dort bewegt es sich nun größtenteils seit Beginn des Jahres 2009. Gleichzeitig ist Silber aber noch weit von den Vor-Panik-Niveaus bei 17 $ bis 19 $ entfernt. Doch nach und nach kommt es dem seit Jahrzehnten bestehenden Verhältnis mit Gold wieder näher. Bis jetzt konnte der Silber-Determinationskoeffizient mit Gold wieder zurück auf 81,5% steigen.
Auch wenn man mit dem ersten Chart ganz gut zeigen kann, dass Silber im Vergleich zu Gold stark unterbewertet ist, so ist er doch weniger präzise als ein echter SGR-Chart. Der folgende, aktualisierte Chart wird also die Fortschritte im SGR zeigen, so wie ich ihn schon seit Februar regelmäßig anpasst habe. Das SGR in blau wurde über den Silberpreis in rot gelegt.
Da das eigentliche SGR-Ergebnis sperrig wäre und mit vielen Dezimalstellen dargestellt werden müsste (wie 0,01464), drehe ich das SGR lieber um, um es besser erfassen zu können. Die Umkehrung des eigentlichen SGR ergibt 63,3, was auch sinnvoller ist (technisch betrachtet haben wir hier das Gold/ Silber-Ratio, aber aus der Sicht von Silber betrachtet). Anstatt sich zu denken, dass Silber 0,01464 Unzen Gold entspricht, ist es dahingehend einfacher 68,3 Unzen Silber zu nehmen, die einer Unze Gold entsprechen. Deswegen ist die SGR-Achse unten umgedreht; dieses Maß steigt also, wenn Silber besser abschneidet als Gold und umgekehrt.