Opel: Das kommt davon!
31.08.2009 | Prof. Dr. Max Otte
Sehr geehrte Frau Dr. Merkel, Sehr geehrter Herr Dr. Steinmeier, Sehr geehrter Herr Steinbrück, Sehr geehrter Herr Dr. zu Guttenberg,
vor einigen Wochen haben Sie ein anscheinend sicheres Wahlkampfthema für sich entdeckt: die Opel-Rettung. Keiner von Ihnen wollte zurückstehen, als es darum ging, Wohltaten zu verteilen. Sie, Herr zu Guttenberg, brachten zwar einige Bedenken ein, letztlich haben Sie den Plan aber mitgetragen. Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen! Ein Feigenblatt an Bedenken nützt da nichts.
Wie ein Schauspiel inszenierten Sie die Vorauswahl der Bewerber um die Opel-Übernahme und unterhielten damit die deutsche Öffentlichkeit einige Wochen über die Medien. Der Titel des Schauspiels: "Hier wird gehandelt, hier wird hohe Politik gemacht!" Im November 2008 machten Sie, Frau Dr. Merkel, die Opel-Rettung zur Chefsache und sprachen mit den Spitzen des Konzerns. Sogar mit dem amerikanischen Präsidenten haben Sie telefoniert.
Dabei durften Sie vor allem eines, werte Bundesregierung: Geld herausrücken. Die inszenierte "Vorentscheidung" der Bundesregierung war und ist keinen Pfifferling wert. Bis zu 4,5 Milliarden Euro an Steuergeldern und Bürgschaften kann die Rettung kosten.
Sie haben sich einseifen lassen. Sie hätten wissen müssen: In Geschäftsverhandlungen mit Amerikanern erhaltene Zusagen sind meistens keinen Pfifferling wert, solange sie nicht niet- und nagelfest vertraglich festgelegt sind. Wir Deutschen mögen viele Schwächen haben, aber ehrlich sind wir zumeist. In anderen Teilen der Welt, so auch in Amerika, gelten oft andere Sitten. Zusagen in Verhandlungen sind Positionen, mehr nicht. Erst was im Vertrag steht zählt. Wenn der eine Fußball spielt und der andere American Football, kann es nichts werden. Gerne hätte ich Ihnen mein Buch „Amerika für Geschäftsleute“ geschickt, aber Sie hätten es ja doch nicht gelesen.
Ich erinnere mich an den Tag, als Sie nachts, alle zusammen, im Kanzleramt standen. Ein Fotograf hielt durch das Fenster fest, wie Sie von einem Vertreter niedrigen Ranges der amerikanischen Seite locker düpiert wurden.
Und nun die neueste Entwicklung: Vielleicht behält General Motors Opel ja doch. Das Nachsehen hat der deutsche Michel. Das deutsche Geld wollte man, aber auf die zwischendurch mal gemachten Zusagen pfeift man.
Das kommt davon, wenn man mit den großen Jungs spielen will!
Etwas weniger Schauspiel wäre angebracht. Widmen Sie sich doch den dringenden Themen der Regulierung der Finanzmärkte! Zeigen Sie da Mut, wo es vielleicht auch einmal unangenehm ist und nicht sofort in den Medien gefeiert wird.
Die Eigenkapitalregeln nach Basel II sind zum Beispiel ursprünglich auf Drängen der Amerikaner für alle Banken und Unternehmen in Europa eingeführt worden. Sie belasten unsere Unternehmen - insbesondere die kleinen - mit einem extremen, bürokratischen Aufwand und sie verstärken die Krise. Im den USA werden diese Regeln nur zu einem geringen Teil umgesetzt, was der amerikanischen Wirtschaft einen massiven Vorteil verschafft. Ich diskutierte das Thema mit Hannes Rehm, bevor er Chef des SoFFin wurde. Er sprach von einer "regulatorischen Asymmetrie". Ich nannte es "Wirtschaftskrieg". Als ich Herrn Westerwelle auf einer Konferenz fragte, wie er mit dem Thema umgehen würde, bekam ich auch nicht viel Ermutigendes zu hören.
Wann hören Sie auf, sich einseifen zu lassen? Deutschland ist die drittgrößte Nettosparnation der Welt. Das bedeutet ein enormes internationales Machtpotential. China - ebenfalls eine Sparnation - sowie die arabischen Staaten haben das erkannt. Deutschland und Japan hingegen schlafen einen Dornröschenschlaf.
In der EU setzen sich schon wieder die laxen englischen Vorstellungen zur Regulierung der Finanzmärkte durch. Kein Wunder, England muss ein Hedgefonds im Gewand eines Landes bleiben, denn an Realwirtschaft gibt es da nicht mehr viel. Auch in der EU laufen Sie Gefahr, sich über den Tisch ziehen zu lassen.
Wachen Sie auf! Vertreten Sie deutsche und kontinentaleuropäische Interessen! Deutschland ist in die Weltwirtschaft verflochten. Wir wollen exportieren und uns um internationale wirtschaftliche Kooperation bemühen, ja sogar Vorbild sein. Aber über den Tisch ziehen lassen müssen wir uns nicht!
Mit vorzüglicher Hochachtung,
Ihr
© Prof. Dr. Max Otte
vor einigen Wochen haben Sie ein anscheinend sicheres Wahlkampfthema für sich entdeckt: die Opel-Rettung. Keiner von Ihnen wollte zurückstehen, als es darum ging, Wohltaten zu verteilen. Sie, Herr zu Guttenberg, brachten zwar einige Bedenken ein, letztlich haben Sie den Plan aber mitgetragen. Mitgegangen, mitgefangen, mitgehangen! Ein Feigenblatt an Bedenken nützt da nichts.
Wie ein Schauspiel inszenierten Sie die Vorauswahl der Bewerber um die Opel-Übernahme und unterhielten damit die deutsche Öffentlichkeit einige Wochen über die Medien. Der Titel des Schauspiels: "Hier wird gehandelt, hier wird hohe Politik gemacht!" Im November 2008 machten Sie, Frau Dr. Merkel, die Opel-Rettung zur Chefsache und sprachen mit den Spitzen des Konzerns. Sogar mit dem amerikanischen Präsidenten haben Sie telefoniert.
Dabei durften Sie vor allem eines, werte Bundesregierung: Geld herausrücken. Die inszenierte "Vorentscheidung" der Bundesregierung war und ist keinen Pfifferling wert. Bis zu 4,5 Milliarden Euro an Steuergeldern und Bürgschaften kann die Rettung kosten.
Sie haben sich einseifen lassen. Sie hätten wissen müssen: In Geschäftsverhandlungen mit Amerikanern erhaltene Zusagen sind meistens keinen Pfifferling wert, solange sie nicht niet- und nagelfest vertraglich festgelegt sind. Wir Deutschen mögen viele Schwächen haben, aber ehrlich sind wir zumeist. In anderen Teilen der Welt, so auch in Amerika, gelten oft andere Sitten. Zusagen in Verhandlungen sind Positionen, mehr nicht. Erst was im Vertrag steht zählt. Wenn der eine Fußball spielt und der andere American Football, kann es nichts werden. Gerne hätte ich Ihnen mein Buch „Amerika für Geschäftsleute“ geschickt, aber Sie hätten es ja doch nicht gelesen.
Ich erinnere mich an den Tag, als Sie nachts, alle zusammen, im Kanzleramt standen. Ein Fotograf hielt durch das Fenster fest, wie Sie von einem Vertreter niedrigen Ranges der amerikanischen Seite locker düpiert wurden.
Und nun die neueste Entwicklung: Vielleicht behält General Motors Opel ja doch. Das Nachsehen hat der deutsche Michel. Das deutsche Geld wollte man, aber auf die zwischendurch mal gemachten Zusagen pfeift man.
Das kommt davon, wenn man mit den großen Jungs spielen will!
Etwas weniger Schauspiel wäre angebracht. Widmen Sie sich doch den dringenden Themen der Regulierung der Finanzmärkte! Zeigen Sie da Mut, wo es vielleicht auch einmal unangenehm ist und nicht sofort in den Medien gefeiert wird.
Die Eigenkapitalregeln nach Basel II sind zum Beispiel ursprünglich auf Drängen der Amerikaner für alle Banken und Unternehmen in Europa eingeführt worden. Sie belasten unsere Unternehmen - insbesondere die kleinen - mit einem extremen, bürokratischen Aufwand und sie verstärken die Krise. Im den USA werden diese Regeln nur zu einem geringen Teil umgesetzt, was der amerikanischen Wirtschaft einen massiven Vorteil verschafft. Ich diskutierte das Thema mit Hannes Rehm, bevor er Chef des SoFFin wurde. Er sprach von einer "regulatorischen Asymmetrie". Ich nannte es "Wirtschaftskrieg". Als ich Herrn Westerwelle auf einer Konferenz fragte, wie er mit dem Thema umgehen würde, bekam ich auch nicht viel Ermutigendes zu hören.
Wann hören Sie auf, sich einseifen zu lassen? Deutschland ist die drittgrößte Nettosparnation der Welt. Das bedeutet ein enormes internationales Machtpotential. China - ebenfalls eine Sparnation - sowie die arabischen Staaten haben das erkannt. Deutschland und Japan hingegen schlafen einen Dornröschenschlaf.
In der EU setzen sich schon wieder die laxen englischen Vorstellungen zur Regulierung der Finanzmärkte durch. Kein Wunder, England muss ein Hedgefonds im Gewand eines Landes bleiben, denn an Realwirtschaft gibt es da nicht mehr viel. Auch in der EU laufen Sie Gefahr, sich über den Tisch ziehen zu lassen.
Wachen Sie auf! Vertreten Sie deutsche und kontinentaleuropäische Interessen! Deutschland ist in die Weltwirtschaft verflochten. Wir wollen exportieren und uns um internationale wirtschaftliche Kooperation bemühen, ja sogar Vorbild sein. Aber über den Tisch ziehen lassen müssen wir uns nicht!
Mit vorzüglicher Hochachtung,
Ihr
© Prof. Dr. Max Otte