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Greenspans ausweglose Lage

17.05.2005  |  Dr. Marc Faber
Wenn sich die Fed ein weiteres Mal darauf einlässt, Geld zu drucken, wird der fallende US-Dollar zu steigenden Importpreisen führen, die Konsumentenpreisinflation beschleunigen und zu höheren Zinsen führen. Sicher kein günstiges Umfeld für den hoch bewerteten und hoch gehebelten amerikanischen Aktien- und Immobilienmarkt.

In den späten 1990ern unterschieden zahlreiche Ökonomen und Strategen zwischen "Old Economy" und "New Economy".

Unternehmen der "Old Economy" waren Unternehmen, die Geld verdienten, vernünftige Aktienmarktbewertungen hatten und über eine relativ hohe Ertragssicherheit verfügten. Unternehmen der "New Economy" andererseits waren in neuen und unerprobten Industrien tätig, in welchen die Geschwindigkeit der technologischen Innovation extrem schnell war und deshalb auch deren Wertverlust.

Des Weiteren musste der gesamte Gewinn und einiges mehr in Forschung und Entwicklung reinvestiert werden. Unternehmen der „New Economy“ wurden außerdem durch sehr hohe Bewertungen charakterisiert (im März 2000 stand der NASDAQ bei 5000) und fast keiner Gewinnaussicht.

Gut, wir wissen heute, was mit dem dann so populären Schlagwort "New Economy" passierte, aber, um fair zu sein, es gibt in der Tat eine neue Ökonomie in der Welt. Sie ist nur anders als das, was die Visionäre erwartet haben.

Diese neue Ökonomie ist charakterisiert durch den Aufstieg Chinas, Indiens und in gewisser Hinsicht auch von Russland als globale Spieler in Wirtschaft und Geopolitik. Aus heiterem Himmel und sicherlicht total unerwartet für die amerikanischen Visionäre hat China die USA in vielen Märkten wie Stahl, Eisenerz und Kupfer überholt, von der Produktion von Anwendungen und Konsumentenelektronik gar nicht zu sprechen. Währenddessen verbrachten die amerikanischen Visionäre ihre Tage damit, ihre Internetaktien zu bewerten.

Jedoch weit wichtiger ist, dass diese "Newest Economy" durch schier endlose Blasen charakterisiert ist, eine Großzügigkeit des Mannes der mehr dazu beigetragen hat den Wert von Papiergeld zu zerstören als irgendjemand anderer vor ihm in den letzten 200 Jahren der Geschichte des Kapitalismus: Herr Alan Greenspan.

Die Zerstörung des Papiergeldes als Wertaufbewahrungsmittel - die wichtigste Eigenschaft, die Papiergeld haben sollte - passiert nur durch einen Weg und dieser ist die schnellere Erhöhung der Papiergeldmenge als das reale BIP wächst.

Zu manchen Zeiten führt dieses exzessive Geldmengenwachstum zu real stark steigenden Gehältern wie in den 1960ern, oder zu steigenden Rohstoff- und Konsumentenpreisen wie in den 1970ern. Aber exzessives Geldmengenwachstum kann auch zur gefährlichsten Form der Inflation führen. Diese ist die Asset-Price-Inflation, welche zu manchen Zeiten die Aktienpreise in luftige Höhen katapultiert (1980 in Kuwait, 1989 in Japan, 1990 in Taiwan, 2000 an der NASDAQ, etc.) und die die Immobilienbewertungen ins Land der Narren jagt (1990 in Tokio, 1997 in Hong Kong und nun in den angelsächsischen Ländern).

Der Begründung, warum die Asset-Price-Inflation so gefährlich ist, ist, dass Zentralbanker - gewöhnlich unbrauchbar in jedem anderen Bereich (nicht mal als Kellner) - nur die Konsumentenpreisinflation beachten. Daher drucken Sie, wenn die Konsumentepreise nicht steigen, zum Beispiel aufgrund von internationalem Wettbewerb (wie es gerade der Fall ist), Geld wie Heu.

Mit dem Eintritt von China und Indien in die globale Wirtschaft hatten wir weltweit geringe Konsumentenpreisanstiege - obwohl sie höher liegen als die Statistiker in den USA unter politischen Druck errechnen, kalkulieren und verschleiern. Und dies veranlasste Herrn Greenspan dazu, nachdem er die NASDAQ-Investment-Manie mit billigem Geld angeheizt hatte, eine weitere gigantische Blase zu erzeugen: die Immobilienblase.


Wie man Blasen erkennt

Es gibt viele Wege wie man Blasen erkennt. Einer der verlässlichsten Indikatoren, dass eine Investmentmanie im Laufen ist, ist sehr hoher Umsatz. Im Falle der US-Eigenheime ist es die Anzahl der Eigenheimverkäufe in Prozent der Haushalte, die zeigt, wie spekulativ der Markt geworden ist.

Die jährlichen Eigenheimverkäufe in Prozent aller Haushalte liegen nun auf einem Allzeithoch. Ich behaupte nicht, dass die US-Eigenheime nicht noch überhitzter werden können, aber wir sind ganz eindeutig nicht mehr nahe am Tief wie es 1971, 1982 und 1992 der Fall war. Des Weiteren steigen die Wohnbauaktien seit 1994 tatsächlich mehr als der NASDAQ zwischen 1994 und 2000.

Aktuell gibt es einige interessante Entwicklungen am Wohnbaumarkt. In Großbritannien steigen die Eigenheimpreise nicht mehr weiter und der Umsatz ist rückläufig. In Australien fallen die Preise für Eigenheime in vielen Märkten bereits und in den USA verfehlten die Wohnbauaktien, nach Rekordverkäufen bei den Eigenheimen im März, ein neues Hoch zu markieren.

Wenn normalerweise ein neues Hoch in einem realen Markt von den Aktien des betreffenden Sektors nicht bestätigt wird - das ist dann wenn dort eine Divergenz in der Performance zwischen realem und Finanzmarkt auftritt, wir nennen das eine Nicht-Bestätigung.

Wenn diese Nicht-Bestätigigung auftritt, führt dies oft zu sehr scharfen Kehrtwendungen, wobei ein Aufwärtstrend von einem Preiskollaps und ein Abwärtstrend von einer Preisexplosion gefolgt wird.

Es gibt eine weitere Begründung negative gegenüber den amerikanischen Wohnbauaktien eingestellt zu sein. Die Wohnbauunternehmen haben eine Kopf-Schulter-Formation herausgebildet, welche ein wichtiges Umkehrmuster ist. Ich muss betonen, dass es Gelegenheiten gibt, wo der Preis aus einer Kopf-Schulter-Formation nach oben ausbricht, aber gewöhnlich steigt er nicht höher als zum Kopf des Kopf-Schulter-Musters steigt

Danach drehen sie sehr schnell und brechen fast vertikal ein. Jedoch gibt es noch eine weitere Begründung, warum ich geneigt bin zu glauben, dass der Eigenheimboom sich seinem Ende nähert: Die internationale Liquidität (FRODOR) hat sich verringert.

FRODOR ist eine Kreation meines Freundes Ed Yardeni und steht laut ihm für "Foreign Official Dollar Reserves of Central Banks" (= Offizielle ausländische Dollarreserven von Zentralbanken) und entspricht der Summe der von ausländischen Zentralbanken gehaltenen amerikanischen Staatsanleihen.

Es ist vermutlich die beste Möglichkeit zur Messung der Weltliquidität, da ausländische Zentralbanken dazu tendieren, die amerikanische Geldpolitik global zu übertragen und auszudehnen (Betonung hinzugefügt). Die jährliche Wachstumsrate von FRODOR ist extrem prozyklisch. Sie tendiert dazu, während globaler wirtschaftlicher Expansion zu wachsen du während Rezessionen zu fallen.

Wenn FRODOR expandiert, tendieren die Anlagemärkte inklusive Aktien, Rohstoffe und Immobilien zu einer guten Performance während der US-Dollar zur Schwäche neigt. Umgekehrt kommen die Anlagemärkte, wenn sich das Wachstum von FRODOR abschwächt, unter Druck, während der US-Dollar Stärke zeigt. Auch die Rohstoffpreise und die Ölnachfrage korrelieren sehr eng mit der Änderungsrate von FRODOR.

Da der Anstieg der Rohstoffpreise im Jahr 2000 mit dem der Wohnbauaktien zusammenfiel, nehme ich an, dass die schrumpfende globale Liquidität nicht nur auf die Preise der Industrierohstoffe - inklusive Öl - eine negative Auswirkung haben wird, sondern auch auf andere Anlagemärkte wie die Eigenheime.

Nun, ich gestehe, dass es immer möglich ist, dass Mr. Greenspan die Zügel wieder einmal massiv lockern wird, wenn die Wirtschaft Schwäche zeigt. Das sollte nahezu sicher der Fall sein, wenn die Preise sich abzuschwächen beginnen, da die Wohnbauinflation den Konsum angetrieben hat bzw. passender bezeichnet, in den letzten paar Jahren Überkonsum erzeugte.

Doch dies ist möglicherweise einer der seltenen Momente in der Finanzgeschichte, in denen Geld zu drucken vollkommen nutzlos wird, weil jede Lockerungsbewegung den Bondmarkt treffen würde.

Warum würde das so sein, wenn die Wirtschaft sich abschwächt? Weil die Rohstoffpreise steigen und der US-Dollar abstürzen würden, da die Investoren ein für alle mal erkennen würden, dass Papiergeld unter der Führung der Zentralbanker nicht länger ein Wertaufbewahrungsmittel sondern ein Mittel zur Verarmungs ist. Und dies wegen des ständigen Kaufkraftverlustes des Papiergeldes.

Unnötig anzumerken, dass, wenn die Fed ein weiteres Mal die Druckmaschinen anwirft, der Einbruch des US-Dollars zu steigenden Importpreisen, einer beschleunigten Konsumentenpreisinflation und höheren Zinsen führen wird. Sicher kein günstiges Umfeld für den hoch bewerteten und hoch gehebelten amerikanischen Aktien- und Immobilienmarkt.


Shorte im Mai und verschwinde dann

Ich gestehe, dass meine Erwartung vor einem Monat, als ich von einer Aktienmarktrallye im April ausging, schlechthin falsch war (Es gab eine Rallye, aber sie dauerte nur für einen Tag an und puschte den Dow um 200 Punkte).

Dennoch waren einige Aktien rund um die Welt kurzfristig überverkauft und stiegen in den ersten zwei Wochen des Mai stark an. Ich glaube, dass sich nun eine bessere Gelegenheit bietet, leerzuverkaufen und dass die Aktienmärkte in der zweiten Hälfte des Mai und im Juni erneut Schwäche zeigen werden. Ich bin davon überzeugt, dass es für die meisten Aktienmärkte sehr schwer werden wird neue Hochs im Jahr 2005 zu erreichen.

Beim S&P 500 gibt es einen starken Widerstand zwischen 1195 und 1230 Punkten und zahlreiche Aktien sind bereits eingebrochen und verursachten ernsthafte technische Schäden am Gesamtmarkt. Daher würde ich jede Stärke nutzen, um die Aktienpositionen weltweit zu liquidieren. Das Verhältnis von Risiko zu Ertrag bleibt ungünstig. Des weiteren würde ich aufgrund des Wachstumsrückganges der FRODOR alle Industrierohstoffe inklusive Öl meiden.

Letztlich wird es faszinierend sein zu beobachten, ob die "Newest Economy", welche sich durch ihre vielen Blasen auszeichnet und welche eine Kreation des Vernichters des Papiergeldes, Mr. Alan Greenspan, ist, längern andauern wird, als die "New Economy" in den späten 1990ern!


© Dr. Marc Faber



Der Originaltext ist am 14. Mai 2005 auf www.ameinfo.com erschienen. Diese Übersetzung wurde mit freundlicher Genehmigung von Dr. Marc Faber (Marc Faber Ltd. / Hong Kong ) auf GoldSeiten.de veröffentlicht.



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