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Wo kommt bloß das ganze Geld her?

25.05.2005  |  Redaktion
Diese Frage habe ich mir heute Morgen gestellt. Und wieder einmal habe ich mich schon vor lachen gekugelt, noch ehe ich meinen ersten Kaffee getrunken hatte, weil es in den Zeitungen so viele Absurditäten gab.

Besonders fiel mir eine Sache auf einer Werbeseite im International Herald Tribune ins Auge. Allan Schneider Associates verkaufen Eigentum in Hamptons, Shelter Island und in North Fork, New York. Ich bin mir sicher, dass es sehr angenehm sein muss, an diesen Orten zu leben. Dennoch denke ich, dass die momentanen Preise eher durch das Maß an Geld und Kredit in den Vereinigten Staaten bestimmt werden, als durch die Menge der Endorphine im Trinkwasser.

Es gibt dort zum Beispiel ein Foto von einem durchschnittlich aussehenden, kleinen Landhaus, von der Art, wie man Ferienhäuser in den Fünfzigern gebaut und in den Achtzigern modernisiert hat. Es liegt auf einem knappen Morgen Land in Wainscott. Ich weiß nicht, wie knapp der Morgen ist. Vielleicht muss man noch andere Zusätze ins Wasser tun. Es hat vielleicht noch den Charme des Mittelmaßes. Nur am Preis ist nichts Mittelmäßiges - 2,4 Millionen Dollar. Und es ist das billigste Haus auf dieser Seite.

Gegenüber, in Amagansett, bezahlt man 10.250.000 Dollar für ein zufrieden stellendes Haus, keinesfalls extravagant auf zwei weniger knappen Morgen. Und in Mecox Bay gibt es ein Haus "im Scheunenstil" mit einer Küche auf zwei Ebenen - "die einen Chefkoch erfreuen würde" (ich habe keine Ahnung, was so erfreulich daran ist, wenn man die Treppen rauf und runter laufen muss, um einen Hamburger zuzubereiten.) ... das Grundstück umfasst drei Morgen ... zum Preis von 14 Millionen Dollar. Warum jemand eine Scheune für 14 Millionen Dollar kaufen wollen sollte, ist ein Geheimnis, das nur die Götter selbst lösen können. Leser, die die Gelegenheit noch nutzen wollen, ehe die Blase platzt, können sich solche Seiten im Internet anschauen.

Und wieder frage ich mich, wo kommt das ganze Geld her?

Ich finde in einem Artikel von Richard Duncan Antworten.

Anfang 2002, musste sich das amerikanische System der imperialen Finanzen einer Herausforderung stellen. Amerika schien in eine Depression von japanischem Ausmaß abzusinken. Der NASDAQ hatte 70% seines Wertes eingebüßt. In der heimischen Wirtschaft gab es eine Rezession. Die Zentralbank war alarmiert. Man wusste, wie man eine Inflation bekämpft. Man konnte die Zinssätze um mehr als hundert Prozent anheben, wenn man wollte. Aber man kannte kein einfaches Hilfsmittel gegen eine Deflation. Die Bank of Japan hatte es mit den üblichen Heilmittelchen probiert. Über Nacht stand in Japan viel Geld zur Verfügung. Zweijährige Kredite waren für ein Zehntel Prozent Zinsen zu haben. Noch dazu musste die Regierung so viele öffentliche Beschäftigungsprogramme starten, dass beinahe das ganze Land unter einer Zementdecke verschwand.

Die Bank unter Alan Greenspan kannte keine Lösung. Der Senator der Bank, Ben Bernanke schlug in einer Rede im November die "weltweite Zusammenarbeit" vor. Dann, im Mai 2003, ging er nach Japan, um zu einer abgestimmten Handlungsweise zu drängen. Die Zentralbank war bereit, die Zahlungsfähigkeit der Verbraucher zu opfern, sagte man den Japanern. Steuerkürzungen und niedrige Zinssätze würden sie auch weiterhin dazu bringen, Dinge, die sie nicht brauchen, von Geld, das sie nicht haben, zu kaufen. Aber die Japaner mussten dabei helfen, die amerikanischen Zinssätze unten zu halten - indem sie den Dollar und Vermögenswerte, die auf den Dollar ausgestellt waren, kauften. Insbesondere amerikanische Schatzanleihen.

Danach passierte laut Mr. Duncan folgendes:

"Im Jahr 2003 und im ersten Quartal von 2004 führte Japan das außergewöhnliche Experiment der Geldpolitik aus - außergewöhnlich war es sowohl in Hinblick auf seine Auswirkungen auf die Weltwirtschaft, als auch, weil es fast unbemerkt von der Finanzpresse vonstatten ging. Innerhalb dieser 15 Monate erzeugten die Geldautoritäten in Japan 35 Billionen Yen. Um das in einen Kontext zu stellen, 35 Billionen Yen entsprechen ungefähr einem Prozent des jährlichen weltweiten Outputs. Es ist ungefähr die Größenordnung von Japans jährlichen Steuereinnahmen oder fast so groß wie das Kreditbuch der UFJ, einer von Japans größten Banken. 35 Billionen Yen entsprechen 2.500 Dollar pro Person in Japan und es entspräche 50 Dollar pro Person, wenn man es gleichmäßig über die Weltbevölkerung verteilte. Kurz gefasst, handelt es sich hierbei um eine Geldschöpfung in einer Größenordnung, die es noch nie zuvor zu Friedenszeiten gegeben hat."

Warum haben die Japaner so viel Geld geschaffen? Weil sie die Dollar von der Bevölkerung kaufen mussten, die diese verdient hatten, als sie ihre Produkte an die Amerikaner verkauften. Wenn sie das nicht getan hätten, wäre ihre Währung gestiegen - und ihre Produkte hätten im Wettbewerb auf dem amerikanischen Markt schlechter dagestanden. Wenn sie es nicht getan hätten, dann wäre der Dollar im Vergleich zu anderen Währungen noch stärker gefallen. Wenn sie es nicht getan hätten, hätten die Japaner das Geld nicht gehabt, um die amerikanischen Schatzanleihen zu kaufen. Und wenn sie nicht so viele Schatzanleihen gekauft hätten, wären die Zinssätze in Amerika gestiegen ... und das hätte eventuell für die gesamte Welt eine wirtschaftliche Krise bedeutet.

"Ob absichtlich oder nicht", fährt Duncan fort "durch die Schaffung und Verleihung eines Betrags, der 320 Milliarden Dollar entspricht, hat die Bank von Japan und das japanische Wirtschaftministerium einem Run auf den Dollar im privaten Bereich entgegengewirkt und zugleich die amerikanischen Steuerkürzungen finanziert, was dazu führte, dass die Weltwirtschaft wieder angekurbelt wurde und das in einer Zeit, in der die langfristigen Erträge auf US-Staatsanleihen auf historisch niedrigem Niveau lagen."

"2004 wuchs die Weltwirtschaft schneller als irgendwann sonst in den letzten 30 Jahren. Die Geldschöpfung der japanischen Zentralbank auf einem nie da gewesenen Niveau ist vielleicht der entscheidende Faktor für dieses Wachstum. Vielleicht haben dieses 35 Billionen den Unterschied zwischen Ankurbelung und Deflation bedeutet. Wie seltsam, dass niemand etwas gemerkt hat."


© Bill Bonner
Quelle: Auszug aus dem kostenlosen Newsletters "Investor"s Daily"




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