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Gold ist Geld - sonst nichts

28.11.2009  |  Frank Meyer
"Mist!", könnte man in dieser Woche rufen können, wenn man dem ganzen Blasengeschwätz in den letzten Jahren Glauben geschenkt und einen extra großen Bogen um Edelmetalle gemacht hat. Dabei wird immer wieder die Frage gestellt, ob Gold eine Blase ist. Echte Blasen vermute ich dort, wo die meisten Anstrengungen um ihren Erhalt getätigt werden, ob verbal oder durch Interventionen. "Gold ist Geld - und sonst nichts", sagte 1907 der legendäre Banker J. P. Morgan. Wer hätte gedacht, dass er rund 100 Jahre später immer noch recht behalten sollte. Alan Greenspan hatte hatte ebenfalls einen guten Riecher und wohl auch noch Verstand, als er 1966 in einem Aufsatz Gold und Freiheit untrennbar miteinander in Verbindung brachte. Vielleicht hat er sich später gewünscht, dass er das nie öffentlich geschrieben hätte, doch Papier ist bekanntlich geduldig.

Gerade in diesen Tagen bekommt man zuweilen Schaum vor dem Mund, wenn man all diese Experten hört. Verglichen mit dem, was sie in den letzten Jahren sagten, scheint eher die Wendehalsgrippe stärker Furore zu machen als diese ominöse Schweinegrippe. Doch man möge bedenken, dass die Lernkurven auch bei den Experten zugenommen hat. So blind kann man doch wirklich nicht sein, auch wenn einige dabei so weit denken wie dicke Sauen hopsen. Selbst Chefvolkswirte sind auf der goldenen Kaufseite, erfährt man aus sicheren Quellen, die ich hier nicht preisgeben mag. Die Geldsysteme sind inzwischen so ungeheuerlich groß geworden, und die Bemühungen von Notenbanken und Regierungen so offensichtlich, dass sich auch die Herren in den Analyseabteilungen fragen müssen, wie dieses Spiel ausgehen könnte.

Schaden kann es nicht, zumindest einen Teil des Ersparten in Sicherheit zu bringen, sagen sie. Dabei ist es einfach herauszufinden, wer in den letzten Jahren die heutigen Goldstände vorher gesagt hat. Kaum einer. Und diejenigen, die Gold als Anlage bzw. Versicherung empfahlen, wurden unangespitzt in den Boden gerammt, lächerlich gemacht und als Anhänger irgend welcher Verschwörungstheorien ausgepfiffen.

In der Tat, Gold befindet sich auf Rekordniveau. Es wird seine Gründe haben. Ob in Dollar, Euro, Pfund, Rupien oder anderen Währungen - hier bewegt sich etwas, was inzwischen unübersehbar ist. Für eine Unze Gold muss der US-Amerikaner jetzt 1.180 USD auf den Tisch blättern, wenn er überhaupt noch soviel übrig haben sollte und er auch noch dazu auf die Idee käme. Dafür arbeitet Uncle Sam jetzt knapp 9,5 Tage. Durchschnittlich macht er das in der Industrie 33 Stunden in der Woche und erhält dafür durchschnittlich 18,67 USD pro Stunde. Brutto. Vor vier Jahren lagen die durchschnittliche Wochenarbeitszeit bei 34,5 Stunden und der Lohn bei 15,86 USD/Stunde. Gold kostete im Jahr 2005 rund 450 USD/oz. Nach "nur" 4,1 Tagen Plackerei hatte man eine Unze zusammen.

Mit jedem weiteren Rekord stellt sich für mehr Leute die Frage, warum denn dem so sein könnte. Gold befindet sich auf hitzigem Rekordniveau, aber wohl kaum in einem finalen Blasenstadium - und wenn ja, bläst es sich auf, weil andere Dinge wie der weltweite Kredit-, Anleihe-, Devisen- oder Derivatemarkt längst schon überirdische Dimensionen angenommen haben. Gold reagiert nur. Und zwar auf das, was rings um das gelbe Metall herum alles angestrebt und angestellt wird. In einem See aus Liquidität hebt es eben jedes Boot ...


Blasengerede

Blasen haben die Eigenschaft, jederzeit platzen zu können. Blasen sind gekennzeichnet von einer intensiven Medienberichterstattung und von Diskussionen unter Freunden und an Stammtischen. Doch wer hat heute schon Gold als Anlage, im Vergleich zu denen, die auf Schulden basierte Versprechen monatlich als Altersvorsorge besparen und deren Rückzahlung mit immer mehr Fragezeichen zu versehen wäre? Apropos Altersvorsorge. Im dritten Quartal wurden in Deutschland 21,3 Tonnen Goldmünzen und Goldbarren verkauft. Vor einem Jahr waren es noch 71 Tonnen. Rechnet man diese 21,3 Tonnen aus dem dritten Quartal 2009 auf die Bevölkerung um, sind das 0,26 Gramm Gold pro Nase im Gegenwert von 6,50 Euro. In keinem europäischen Land werden mehr Goldbarren und Goldmünzen gekauft als Deutschland. Abgesehen davon, kann sich ein immer größerer Teil der Bevölkerung hierzulande kein einziges Gramm im Jahr leisten. Von einer Blase zu sprechen ist aberwitzig.


Zahlenwerke

In den ersten neun Monaten erhöhte sich der weltweite Ausstoß der Minen um sieben Prozent auf 1766 Tonnen. Zum aktuellen Preis von 1171 US-Dollar je Unze kostet ein Kilogramm 37.553 Dollar. Die Gesamtsumme aus dem Output beträgt damit 66,5 Mrd. Dollar. Allein in dieser Woche begibt das US-Schatzamt neue Anleihen in Höhe von 145 Mrd. Dollar, mehr als das Doppelte der Summe des neu geförderten Goldes. Wo es auf der Welt "bubbelt", scheint damit beantwortet zu sein. Allein die deutsche Netto-Neuverschuldung entspricht in diesem Jahr der gesamten geförderten Goldmenge in den ersten neun Monaten. Yes we can auch!

Auf dem Goldmarkt tauchen neben den Kleinkäufern zunehmend Anlagevehikel auf, die mit Gold hinterlegt sind. Man möchte es zumindest hoffen, dass echtes Gold dahinter steckt. Zweifel seien erlaubt. Neu ist auch, dass auch die Zentralbanken als Nettokäufer unterwegs, nebst einer europäischen Zentralbank, die laut vorletztem Ausweis der EZB für eine Million Euro Goldmünzen gekauft hat. Ha! Vielleicht als Weihnachtsgeschenk für verdiente Mitarbeiter?

Eine richtige Unze kostet im Moment über 800 Euro. Es soll auch falsche geben... Kein Wunder, dass bei diesen Preisen die angebotene Menge Altgold ansteigt. Auffällig sind die vielen Ankaufschilder in den Städten bei Juwelieren. In den ersten neun Monaten kamen weltweit 37 Prozent mehr altes Gold auf den Markt - insgesamt 1200 Tonnen, schreibt das World Gold Council im letzten Bericht. Auch bei den Münzhändlern werden gerade viele Schätzchen mit teils dickem Gewinn in Papiergeld umgetauscht. Sollte man bei diesen Rekordpreisen Gold kaufen? Ich weigere mich. Nein. Ich warte auf einen Einbruch, einen so richtigen. Und wenn er nicht kommt? So beachtlich der Kurssturz am Freitag von immerhin 60 USD/oz zwischen 6 und 9 Uhr am Morgen war, so beachtlich war auch die Gegenreaktion. "Buy on dips" in einem Bullenmarkt, ist ein Spruch von alten Börsenhändlern. Was früher und auch jetzt bei Aktien gilt, hat sich nun auch beim Gold herumgesprochen.

Das Zocken mit Optionsscheinen, Zertifikaten und Aktien überlasse ich den Experten. Ich schreibe über Gold als Versicherung, nicht als Zockerei. Kein schnell rein und schnell wieder raus, solange die weltweite Schuldenfrage nicht geklärt ist. Und sie ist nicht zu klären. Die Alternative zum "teuren" Gold gäbe es das jetzt 64-mal preiswertere Silber. Verkauft man heute sein Gold, wechselt man vom Goldmarkt in den Markt der Baumwolle. Aus diesem Stoff sind unsere Papierscheine gefertigt. Im Fall der Fälle reichte es sogar noch für eine warme Stube. An der US-Terminbörse Comex liegen die Netto-Shortposition bei bei jetzt rekordverdächtigen 281.549 Kontrakten oder 28,15 Mio. Unzen. Das entspricht rund 900 Tonnen Gold beziehungsweise einem Drittel der weltweiten Jahresförderung. Es wäre nicht verwunderlich, wenn der Preis in Kürze nochmal schlagartig einbrechen sollte, vor allem wenn die Carry-Währungen mal wieder Ärger machen. Ob und von welchem Niveau aus, kann wirklich keiner vorhersagen.

Wenn die Dinge so weiter laufen wie bisher, wird es irgendwann später mal eine richtige Goldblase geben, die alle bisherigen Blasen in den Schatten stellen könnte. Da die natürlichen Vorkommen bei einer Förderung von 160.000 Tonnen in der Menschheitsgeschichte bei sieben Milliarden Menschen gerade 25 Gramm ausmachen, stünde das alles auch dem Markt zur Verfügung, auch der güldene Trinkbecher von Benedetto. Apropos, der Vatikan hat vor einem Jahr im September eine Tonne Gold gekauft, vielleicht sogar auf Gottes Rat. Der Verteilungskampf um die Reste scheint inzwischen eingesetzt zu haben. Von zwischenzeitlichen Einbrüchen abgesehen, kann ich mir nicht vorstellen, dass Papiergeld im Vergleich zu Gold aufwerten wird. Dazu sind die Dinge inzwischen zu verfahren, und das bei wachsender Suche nach Stabilität und Sicherheit - nicht nur beim kleinen Geld, sondern jetzt auch beim so genannten "Big Money".


© Blog von Frank Meyer



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