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Verlorene Dekade oder Generation?

05.12.2009  |  Klaus Singer
Japan erlebte zwischen 1999 und 2005 eine deflationäre Phase, nachdem das Land Ende der 1980er Jahre in eine Immobilien- und Bankenkrise gestürzt war. Jetzt ist die Deflation in Japan zurück und Beobachter glauben, dass das keine kurze Episode wird. Die Nachfrage ist angesichts der höchsten Arbeitslosenquote seit dem zweiten Weltkrieg schwach und was in den 1990er Jahren Japan noch stützte, nämlich eine prosperierende Weltwirtschaft, fällt heute weg.

Aus der berühmten "verlorenen Dekade" könnte so auch eine "verlorene Generation" werden. Und das nicht nur für Japan: Da in den USA und anderswo dieselbe Art Krise mit denselben Mitteln bekämpft wird, gilt diese Befürchtung auch für die anderen entwickelten Industrieländer, allen voran den USA und Europa.

Einen recht guten historischen Vergleich liefert dazu der Chart "Schulden-induzierte Wirtschaftsprobleme" (siehe Chart!). Schwierigkeiten aus Verschuldung drohen nach diesem einfachen Modell immer dann, wenn die Schuldenquote am nominalen BIP schneller wächst als das BIP selbst. Dies führte 1982 zum Tief in der damaligen Kreditkrise und momentan fährt die US-Wirtschaft wieder ins Tal der Tränen (Schulden). 1997, 1998, 1999 war die Wirtschaft aus Sicht der Schuldenrelation auf dem Höhepunkt ihrer "Gesundheit", dann platzte der Technologie-Hype.

Die privatwirtschaftlichen Schulden wuchsen unaufhörlich weiter, erst seit Jahresanfang stagnieren sie, zuletzt sanken sie sogar etwas. Das BIP-Wachstum war schon seit 2004 langfristig gesehen unterdurchschnittlich; dann begann 2008 ein schneller Fall, schließlich schrumpfte das BIP sogar deutlich und machte alles noch schlimmer. Nun ist die US-Wirtschaft in diesem einfachen Modell hinsichtlich Schuldenproblematik nahezu da, wo sie auch 1982 war. Der Abstand zwischen "Berg" und "Tal" beträgt in einem Schuldenzyklus offenbar 15 bis 17 Jahre, demnach sind es noch ein paar Jahre hin, bis die Entwicklung einen Boden gefunden hat.

Deutsch-Banker Ackermann tutet derweil: "Der schlimmste Teil der Finanzkrise scheint hinter uns zu liegen". Hingegen warnt die Bundesbank in ihrem jährlichen Finanzstabilitätsbericht, allein die 17 größten Banken deutschen Banken müssten bei Anlagen in besicherten Papieren und Krediten bis Ende 2010 etwa 90 Mrd. Euro abschreiben. Nun rechnet man mit Verlusten von noch einmal 10 bis 15 Mrd. Euro. Und bei den Abschreibungen auf klassische, an Unternehmen und Verbraucher ausgegebene, in der Krise notleidend werdende Kredite kommt der Löwenanteil noch: Die Bundesbank veranschlagt für 2010 hier 50 Mrd. bis 75 Mrd. Euro.

Die 14 größten, international tätigen deutschen Banken haben Verbindlichkeiten von 5,3 Bill. Euro angehäuft. Die zerfallen in 1,1 Bill. Euro gegenüber anderen Banken, 1,8 Bill. Euro gegenüber Nichtbanken und 1,1 Bill. Euro an verbrieften Verbindlichkeiten (v.a. Anleihen). Die vor der Krise günstig aufgenommenen Kredite werden in den nächsten Jahren fällig und müssen dann zu deutlich schlechteren Konditionen refinanziert werden.

Die deutschen Banken stehen bei der EZB mit 221 Mrd. Euro in der Kreide. Der Zinssatz beträgt ein %, anlegt zu 4% kämen fast 7 Mrd. Euro risikoarmer Gewinn pro Jahr heraus, wie Jahnke vorrechnet. Die Banken haben ihre Gewinne vor allem den Hilfen der Notenbanken und Regierungen zu verdanken. Doch das wird in nicht allzu ferner Zeit zu Ende sein. Den Verbindlichkeiten der 14 größten deutschen Banken steht ein Eigenkapital von 175 Mrd. Euro entgegen. Ob diese Quote von 3,3% angesichts der noch ausstehenden Belastungen ausreicht, muss doch sehr bezweifelt werden.

Einstweilen wollen die Märkte nichts wissen von solchen Überlegungen. Einstweilen wollen die Märkte nichts wissen von solchen Überlegungen. Nachdem schon "Dubai" schnell als Nichtigkeit abgeschüttelt worden war, werden heute die US-Arbeitsmarktdaten gefeiert: Statt der für November erwarteten gut 100.000 abgebauten Stellen werden nur 11.000 gemeldet. Außerdem sank die Arbeitslosenquote von 10,2 auf 10%. Die Aktienindices sprangen hoch und das Szenario, das vor 14 Tagen an dieser Stelle umrissen wurde, nimmt Gestalt an.

Schon einige Tage zuvor begann der Yen Schwäche zu zeigen. Japans Offizielle zeigten sich zunächst unzufrieden mit der Stärke der eigenen Währung, dann kündigte die BoJ Maßnahmen im Bereich des "quantitative easing". Das stärkt Inflationserwartungen und schwächt darüber cet. par. die betreffende Währung. Da der japanische Zins historisch niedrig bleibt, war das eine Einladung an Carry-Trader. Mit ihren Aktivitäten schwächen sie den Yen weiter und solange diese Bewegung anhält, kann man schon am bloßen Kredit verdienen. Und wenn es rund läuft, an den damit finanzierten Assets erst recht. Der Dollar/Yen konnte die lange Bodenlinie bei 88,50 wieder zurückerobern, diese Absicherung stützt die Erwartung weiter steigender Parität zusätzlich.

Euro/Dollar hingegen hat gezeigt, dass oberhalb von 1,5050 anscheinend keinDurchkommen ist. Da nach den US-Arbeitsmarktdaten Dollar/Yen sich stärker entwickelt hat als Euro/Yen kam Euro/Dollar unter Druck. Aber anders als zuvor, als die Assetmärkte ziemlich empfindlich auf einen schwächeren Euro/Dollar reagierten, scheint das jetzt kein Thema mehr zu sein. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass der hier erwartete Pferdewechsel bei Carry-Trades im Gange ist.

Parallel dazu verlieren Edelmetalle an Wert, während Rohstoffe, z.B. Öl, fester tendieren. Das war im Artikel "Pferdewechsel bei Carry-Trades? Und makroökonomische Unbill" genauso erwartet worden wie ein wieder erstarkender Nikkei, der vom nachgebenden Yen und den angekündigten geldpolitischen Maßnahmen in Japan profitiert.

Mit der Entwicklung heute wird eine Jahresend-Rally ein Stück greifbarer. Allerdings kommt es darauf an, dass jetzt Anschlusskäufer auftreten. Sonst geschieht das gleiche wie gestern in der letzten US-Handelsstunde, als die Indices unvermittelt Luft ablassen mussten. Solange Dollar/Yen sich weiter
festigt, dürften die Bullen vorne bleiben.

Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de











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