Gold reaktivieren, um die Weltwirtschaft zu retten!
14.12.2009 | Prof. Antal E. Fekete
Ein offener Brief an Paul Volcker, Chairman der Federal Reserve von 1979-1987 und Vorsitzender des Beirats für wirtschaftliche Erholung unter Präsident Obama.
Lieber Paul,
In 35 Jahren haben sich unsere Wege jetzt zum zweiten Mal gekreuzt. In den Jahren 1974/75 waren wir beide Gastprofessoren an der Princeton University. Heute, 2009, besuchen wir beide auf Einladung Bob Mundells die Santa Colomba Conference aus Anlass der aktuellen Schuldenkrise.
1975 führtest du ein Seminar zum internationalen Geldsystem durch und ludst mich ein, einen Aufsatz über Gold beizusteuern, was ich auch machte. Das waren vergleichsweise glückliche Tage. Nach den Turbulenzen des Jahres 1971 gelang es den Vereinigten Staaten, die internationale Position des Dollars erfolgreich zu konsolidieren; das 42 Jahre alte Verbot von Goldbesitz und -handel konnte getrost aufgehoben werden. Am 31. Dezember 1974 setzte in New York und Chicago der Handel mit Gold-Futures-Kontrakten ein. Er wies einen robusten Kontango bei vollen Zusatzkosten auf; die Goldbasis (die Differenz zwischen Futures-Preis und Barpreis) befand sich sozusagen auf ihrem Höhepunkt.
Das deutete darauf hin, dass Gold wirklich im Überfluss vorhanden war, mit dem man jegliche Nachfrage hätte decken können. Es zeigte, dass die Gold-Futures-Märkte als Dreh- und Angelpunkt bei der Bestimmung eines Gleichgewichts zwischen Goldangebot und -nachfrage dienen konnten. Sie konnten als Sicherheitsventil funktionieren und gelegentlich Druck abführen, welcher ohne Papiergold zu einer Bedrohung für das Geldsystem hätte werden können. Es sah ganz so aus, als wäre das Goldproblem ein für allemal gelöst worden.
Aber wie ich schon befürchtet hatte, und wie die dazwischenliegenden 35 Jahre gezeigt haben, kommen wir keinem Gleichgewicht näher, sondern haben uns, wie sich an der Goldbasis abzeichnet, kontinuierlich davon wegbewegt. Die seit Langem schwindende Goldbasis ist ein überaus beunruhigendes Gefahrensignal. Es zeigt, dass das monetäre Gold zunehmend fehlt und dass im Fall einer Krise nicht mehr auf diesen Rettungsanker vertraut werden kann. Die Basis setzte bei 100 Prozent der üblichen Verzinsung an, glitt aber anschließend kontinuierlich bis auf heute null Prozent ab. Eine permanente Gold-Backwardation (negative Goldbasis) starrt uns heute ins Gesicht. Die Goldbasis will uns etwas sagen. Sie kündet von der größten monetären Krise aller Zeiten. Sie warnt vor dem möglichen Kollaps des internationalen Geld- und Zahlungssystems.
Ich will auch erklären warum. Gold ist der ultimative Schuldenlöscher. Es existieren natürlich auch andere Schuldenlöscher, aber sie sind nicht ultimativ, denn bei ihnen existiert immer auch eine Gegenpartei, die sich irgendwo in den Bilanzspalten für Verbindlichkeiten eines anderen niederschlägt. Am Gold hängen keine solchen Verbindlichkeiten. Beim Gold macht all das Halt. Und diese Eigenschaft macht Gold so einzigartig als Finanzanlage.
Historisch betrachtet, wurde Gold seiner Aufgabe als ultimativer Schuldenlöscher über die Goldklausel gerecht, die vor 1933 auf US-Staatanleihen schriftlich fixiert war. Dieser Funktion konnte Gold, allerdings nur unzureichend, auch unter dem Goldwechselkursstandard von 1934 gerecht werden, der die Auszahlung in Gold noch für ausländische Bondhalter vorsah. Noch unzureichender war das im Jahr 1971 eingeführte System der flexiblen Goldpreise, da jetzt Papiergold Gültigkeit erlangte. So unzureichend diese Listen auch waren, mit ihnen konnten die Anleihemärkte befriedet werden.
Wie aber die Bedrohung durch permanente Backwardation zeigt, könnten alle Angebote, mit denen dem internationalen Geldsystem Gold zur Verfügung gestellt wird, plötzlich zurückgezogen werden. In einem solchen Fall gäbe es keinen ultimativen Schuldenlöscher mehr. Die Welt ist völlig unvorbereitet auf eine solche monumentale Entwicklung. Ich frage dich: Existieren im US-Finanzministerium und in der Federal Reserve Notfallpläne, wie man vorzugehen hat, wenn Gold durch Backwardation zur indirekten Begleichung von Schulden nicht mehr zur Verfügung steht?
Die Botschaft an die Halter von Schuldtitel würde schließlich "Rette sich, wer kann!" lauten. Jeder würde versuchen rauszukommen und man würde sich auf dem Weg dahin gegenseitig zu Tode treten. Die Schuldenkrise von 2008 war eine Generalprobe. Sie hat der Welt einen Vorgeschmack gegeben. Diese Krise ist eine Goldkrise. Diese Krise verweist auf die Bedrohung, die mit einer Knappheit des ultimativen Schuldenlöschers einhergeht, ohne den unser rasant wachsender Schuldenturm zum Einsturz verurteilt ist. Wenn er fällt, wird er die Weltwirtschaft unter seinem Geröll begraben, so wie die 2001 die darin arbeitenden Menschen unter sich begruben.
Es wurden alle erdenklichen Arten vorschneller Erklärungen für die Schuldenkrise geliefert. Aber die wahre Erklärung ist, dass sich Gläubiger aus Angst vor einer Gold-Backwardation um Liquidität raufen. Es wird keine Erholung geben, solange keine Vorkehrungen für eine ordentliche Schuldenbegleichung getroffen werden, die über einen Mechanismus funktioniert, bei dem Gold in seiner Rolle als ultimativer Schuldenlöscher eingesetzt wird. Die Alternative ist eine Große Depression schlimmer als die der 1930er Jahre. Um dies zu begreifen, müssen wir einfach nur den weltweiten Schock vorstellen, sollte offenkundig werden, dass die Schulden der US-Regierung tatsächlich uneinlösbar sind. Der Kaiser ist nackt.
Solange Bonds über eine Goldklausel verfügen, oder der Bond-Markt durch den Handel von Papiergold unterstützt wird, werden Bonds als einlösbar erachtet. Aber sobald Gold durch permanente Backwardation unerhältlich wird, werden Schulden in den Augen des Halters uneinlösbar. US-Bonds nach Fälligkeitsdatum in Banknoten der Federal Reserve auszuzahlen, stellt keine Einlösbarkeit dar. Denn die letzteren sind nur Belege für Schulden, denen erstere als Schuldensicherheit dienen, woran sich zeigt, dass Bonds nicht wirklich einlösbar sind. Ein zinstragendes Anleihepapier wird durch ein nicht zinstragendes Anleihepapier - ein minderwertiges Instrument - ersetzt. Dabei werden nur verschiedene Formen uneinlösbarer Schulden durchmischt. Wenn die Welt von dieser Fingerfertigkeit erfährt, wird das internationale Geldsystem nicht in der Lage sein, die Schockwellen zu überleben. Das Chaos, das dann die Welt durchziehen wird, ist haarsträubend.
Die Lösung ist relativ einfach. Das monetäre Gold der Welt müsste reaktiviert werden. Das könnte dadurch geschehen, dass der US-Münzprägeanstalt die freie und unbegrenzte Prägung von Goldmünzen zugestanden wird. Es dürfte dann keine Versuche geben, den Dollarpreis von Gold zu fixieren, zu drücken oder anderweitig zu kontrollieren. Die Goldmünzen der Vereinigten Staaten sollten den Bondbesitzern, falls sie das wünschen, zum Zwecke einer ordentlichen Schuldbegleichung zugänglich gemacht werden. Wenn sie schließlich überzeugt sind, dass ihnen dank der unbegrenzten Verfügbarkeit des Goldzahlungsmittels auch dieser Weg offen steht, wird das Rennen um Liquidität langsam auslaufen und Stabilität zurückkehren.
Sollten sich andere große Nationen anschließen wollen und ihre Präganstalten für die freie und unbegrenzte Goldprägung öffnen, umso besser. Eigentlich müsste die US-Regierung über die Macht und Scharfsinnigkeit verfügen, diese Krise einzudämmen und einen entschiedenen Schritt in Richtung einer vollständigen Erholung zu gehen, indem sie der U.S. Mint, wie von der Verfassung verlangt, die freie Goldprägung eröffnet.
Gold ist eine großartige Weltressource. Es wäre dumm, würden wir es aus engstirnigen oder ideologischen Gründen nicht schaffen, Gold für wirtschaftliche Entwicklung allgemein nutzbar zu machen - auch ohne große Krise. Aber in Anbetracht der aktuellen Krisensituation ist die Reaktivierung des Goldes zwingend erforderlich.
Mit freundlichen Grüßen
Fekete, Santa Colomba, 10. Juli 2009
© Antal E. Fekete
Professor of Money and Banking San Francisco School of Economics
aefekete@hotmail.com
Dieser Artikel wurde am 10. Juli 2009 auf www.professorfekete.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Lieber Paul,
In 35 Jahren haben sich unsere Wege jetzt zum zweiten Mal gekreuzt. In den Jahren 1974/75 waren wir beide Gastprofessoren an der Princeton University. Heute, 2009, besuchen wir beide auf Einladung Bob Mundells die Santa Colomba Conference aus Anlass der aktuellen Schuldenkrise.
1975 führtest du ein Seminar zum internationalen Geldsystem durch und ludst mich ein, einen Aufsatz über Gold beizusteuern, was ich auch machte. Das waren vergleichsweise glückliche Tage. Nach den Turbulenzen des Jahres 1971 gelang es den Vereinigten Staaten, die internationale Position des Dollars erfolgreich zu konsolidieren; das 42 Jahre alte Verbot von Goldbesitz und -handel konnte getrost aufgehoben werden. Am 31. Dezember 1974 setzte in New York und Chicago der Handel mit Gold-Futures-Kontrakten ein. Er wies einen robusten Kontango bei vollen Zusatzkosten auf; die Goldbasis (die Differenz zwischen Futures-Preis und Barpreis) befand sich sozusagen auf ihrem Höhepunkt.
Das deutete darauf hin, dass Gold wirklich im Überfluss vorhanden war, mit dem man jegliche Nachfrage hätte decken können. Es zeigte, dass die Gold-Futures-Märkte als Dreh- und Angelpunkt bei der Bestimmung eines Gleichgewichts zwischen Goldangebot und -nachfrage dienen konnten. Sie konnten als Sicherheitsventil funktionieren und gelegentlich Druck abführen, welcher ohne Papiergold zu einer Bedrohung für das Geldsystem hätte werden können. Es sah ganz so aus, als wäre das Goldproblem ein für allemal gelöst worden.
Aber wie ich schon befürchtet hatte, und wie die dazwischenliegenden 35 Jahre gezeigt haben, kommen wir keinem Gleichgewicht näher, sondern haben uns, wie sich an der Goldbasis abzeichnet, kontinuierlich davon wegbewegt. Die seit Langem schwindende Goldbasis ist ein überaus beunruhigendes Gefahrensignal. Es zeigt, dass das monetäre Gold zunehmend fehlt und dass im Fall einer Krise nicht mehr auf diesen Rettungsanker vertraut werden kann. Die Basis setzte bei 100 Prozent der üblichen Verzinsung an, glitt aber anschließend kontinuierlich bis auf heute null Prozent ab. Eine permanente Gold-Backwardation (negative Goldbasis) starrt uns heute ins Gesicht. Die Goldbasis will uns etwas sagen. Sie kündet von der größten monetären Krise aller Zeiten. Sie warnt vor dem möglichen Kollaps des internationalen Geld- und Zahlungssystems.
Ich will auch erklären warum. Gold ist der ultimative Schuldenlöscher. Es existieren natürlich auch andere Schuldenlöscher, aber sie sind nicht ultimativ, denn bei ihnen existiert immer auch eine Gegenpartei, die sich irgendwo in den Bilanzspalten für Verbindlichkeiten eines anderen niederschlägt. Am Gold hängen keine solchen Verbindlichkeiten. Beim Gold macht all das Halt. Und diese Eigenschaft macht Gold so einzigartig als Finanzanlage.
Historisch betrachtet, wurde Gold seiner Aufgabe als ultimativer Schuldenlöscher über die Goldklausel gerecht, die vor 1933 auf US-Staatanleihen schriftlich fixiert war. Dieser Funktion konnte Gold, allerdings nur unzureichend, auch unter dem Goldwechselkursstandard von 1934 gerecht werden, der die Auszahlung in Gold noch für ausländische Bondhalter vorsah. Noch unzureichender war das im Jahr 1971 eingeführte System der flexiblen Goldpreise, da jetzt Papiergold Gültigkeit erlangte. So unzureichend diese Listen auch waren, mit ihnen konnten die Anleihemärkte befriedet werden.
Wie aber die Bedrohung durch permanente Backwardation zeigt, könnten alle Angebote, mit denen dem internationalen Geldsystem Gold zur Verfügung gestellt wird, plötzlich zurückgezogen werden. In einem solchen Fall gäbe es keinen ultimativen Schuldenlöscher mehr. Die Welt ist völlig unvorbereitet auf eine solche monumentale Entwicklung. Ich frage dich: Existieren im US-Finanzministerium und in der Federal Reserve Notfallpläne, wie man vorzugehen hat, wenn Gold durch Backwardation zur indirekten Begleichung von Schulden nicht mehr zur Verfügung steht?
Die Botschaft an die Halter von Schuldtitel würde schließlich "Rette sich, wer kann!" lauten. Jeder würde versuchen rauszukommen und man würde sich auf dem Weg dahin gegenseitig zu Tode treten. Die Schuldenkrise von 2008 war eine Generalprobe. Sie hat der Welt einen Vorgeschmack gegeben. Diese Krise ist eine Goldkrise. Diese Krise verweist auf die Bedrohung, die mit einer Knappheit des ultimativen Schuldenlöschers einhergeht, ohne den unser rasant wachsender Schuldenturm zum Einsturz verurteilt ist. Wenn er fällt, wird er die Weltwirtschaft unter seinem Geröll begraben, so wie die 2001 die darin arbeitenden Menschen unter sich begruben.
Es wurden alle erdenklichen Arten vorschneller Erklärungen für die Schuldenkrise geliefert. Aber die wahre Erklärung ist, dass sich Gläubiger aus Angst vor einer Gold-Backwardation um Liquidität raufen. Es wird keine Erholung geben, solange keine Vorkehrungen für eine ordentliche Schuldenbegleichung getroffen werden, die über einen Mechanismus funktioniert, bei dem Gold in seiner Rolle als ultimativer Schuldenlöscher eingesetzt wird. Die Alternative ist eine Große Depression schlimmer als die der 1930er Jahre. Um dies zu begreifen, müssen wir einfach nur den weltweiten Schock vorstellen, sollte offenkundig werden, dass die Schulden der US-Regierung tatsächlich uneinlösbar sind. Der Kaiser ist nackt.
Solange Bonds über eine Goldklausel verfügen, oder der Bond-Markt durch den Handel von Papiergold unterstützt wird, werden Bonds als einlösbar erachtet. Aber sobald Gold durch permanente Backwardation unerhältlich wird, werden Schulden in den Augen des Halters uneinlösbar. US-Bonds nach Fälligkeitsdatum in Banknoten der Federal Reserve auszuzahlen, stellt keine Einlösbarkeit dar. Denn die letzteren sind nur Belege für Schulden, denen erstere als Schuldensicherheit dienen, woran sich zeigt, dass Bonds nicht wirklich einlösbar sind. Ein zinstragendes Anleihepapier wird durch ein nicht zinstragendes Anleihepapier - ein minderwertiges Instrument - ersetzt. Dabei werden nur verschiedene Formen uneinlösbarer Schulden durchmischt. Wenn die Welt von dieser Fingerfertigkeit erfährt, wird das internationale Geldsystem nicht in der Lage sein, die Schockwellen zu überleben. Das Chaos, das dann die Welt durchziehen wird, ist haarsträubend.
Die Lösung ist relativ einfach. Das monetäre Gold der Welt müsste reaktiviert werden. Das könnte dadurch geschehen, dass der US-Münzprägeanstalt die freie und unbegrenzte Prägung von Goldmünzen zugestanden wird. Es dürfte dann keine Versuche geben, den Dollarpreis von Gold zu fixieren, zu drücken oder anderweitig zu kontrollieren. Die Goldmünzen der Vereinigten Staaten sollten den Bondbesitzern, falls sie das wünschen, zum Zwecke einer ordentlichen Schuldbegleichung zugänglich gemacht werden. Wenn sie schließlich überzeugt sind, dass ihnen dank der unbegrenzten Verfügbarkeit des Goldzahlungsmittels auch dieser Weg offen steht, wird das Rennen um Liquidität langsam auslaufen und Stabilität zurückkehren.
Sollten sich andere große Nationen anschließen wollen und ihre Präganstalten für die freie und unbegrenzte Goldprägung öffnen, umso besser. Eigentlich müsste die US-Regierung über die Macht und Scharfsinnigkeit verfügen, diese Krise einzudämmen und einen entschiedenen Schritt in Richtung einer vollständigen Erholung zu gehen, indem sie der U.S. Mint, wie von der Verfassung verlangt, die freie Goldprägung eröffnet.
Gold ist eine großartige Weltressource. Es wäre dumm, würden wir es aus engstirnigen oder ideologischen Gründen nicht schaffen, Gold für wirtschaftliche Entwicklung allgemein nutzbar zu machen - auch ohne große Krise. Aber in Anbetracht der aktuellen Krisensituation ist die Reaktivierung des Goldes zwingend erforderlich.
Mit freundlichen Grüßen
Fekete, Santa Colomba, 10. Juli 2009
© Antal E. Fekete
Professor of Money and Banking San Francisco School of Economics
aefekete@hotmail.com
Dieser Artikel wurde am 10. Juli 2009 auf www.professorfekete.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.