Währungs-Turbulenzen
19.12.2009 | Klaus Singer
Seit Tagen markiert der Dollar/Yen Stärke (siehe Chart!). Er war am 4. Dezember über die langfristig wichtige Marke bei rund 88,40 ausgebrochen, vor einigen Tagen dorthin zurückgekehrt. Die aufkommende Schwäche im Yen war begleitet von Äußerungen der japanischen Notenbank und japanischer Politiker, alles zu tun, um die deflationären Tendenzen im Land zu bekämpfen. Ein staatliches Anreizprogramm wurde schon neu aufgelegt, weitere Maßnahmen in dieser Richtung angekündigt.
Als am Mittwoch dieser Woche der Fed über ihre Zinspolitik beratschlagte, bekam Dollar/Yen neuen Schub. Die Fed beließ zwar den Leitzins auf dem bekannten historischen Tief und schwor zum x-ten Male, die Zinsen weiter tief zu halten. Allerdings sollen die meisten "special liquidity facilities" (z.B. Ankaufprogramm für hypothekenbesicherte Papiere im Volumen von 1,25 Bill. Dollar) zur Stützung des Bankensystems früh in 2010 auslaufen. Das verstimmte die Akteure, weil sie ein Teil der kostenlosen liquiden Mittel, mit denen es sich so herrlich an der Börse zocken ließ, "flöten" gehen sehen.
Dass die Märkte eine Verknappung oder Verteuerung im Dollar-Raum antizipieren, ergibt sich auch aus dem Kursverlauf eines ETFs, der die Rendite einer täglich rollierten Einlage zur Federal Funds Effective Rate abbildet. Seit eben jenem 4. Dez steigt der Kurs steil an (siehe Chart!).
Der starke Dollar/Yen führte in Verbindung mit dem zuletzt dahindümpelnden Euro/Yen zu einer Belastung des Währungspaares Euro/Dollar. Das sackte in den vergangenen immer tiefer ab, konnte sich schließlich gestern gerade noch an einer leichten Unterstützung 1,4350 festhalten, heute morgen gelingt keine überzeugende Absetzbewegung. Das u.a. deshalb, weil Dollar /Yen weiter nach oben läuft, während und Euro/Yen wenig Dynamik zeigt, sich von der wichtigen Marke 129 weg zu bewegen.
Meiner Meinung nach läuft hier, was ich vor einigen Wochen an dieser Stelle mit "Pferdewechsel bei Carry-Trades" bezeichnet hatte. Interessanterweise laufen Dollar/Yen und der Kurs des genannten ETFs seit Mitte April recht gut zusammen abwärts und seit Anfang Dezember aufwärts (siehe Chart!): Mit sinkenden Geldmarktrenditen (=immer billigerem Geld) werden Carry-Trades in Yen auf gelöst, was den Yen gegen Dollar stärkt. Seit die Erträge in einer Fed Funds Rate Anlage steigen (also kurzfristige Mittel teurer werden), geht das Spiel genau andersherum und Dollar/Yen wird durch neue Carry-Trades fester.
Solche Verlagerungen bringen natürlich immer Friktionen mit sich - überhaupt ist die gewohnte Landschaft der Intermarket-Korrelationen ziemlich durcheinander (siehe Chart!). Damit einher gehen dürften auch Verlagerungen zwischen den einzelnen Segmenten der Finanzmärkte. So dürften trotz relativer Dollar-Stärke Rohstoffe und insbesondere auch Öl zunächst noch teurer werden. Beim CRB-Index kommt der wichtige Pegel bei 285 ins Visier, Öl dürfte zunächst noch Potenzial bis rund 80 Dollar haben. Edelmetalle hingegen bleiben in der positiven Korrelation zu Euro/Dollar "gefangen", weswegen der Goldpreis aktuell auch Unterstützung an einer bei etwas über 1.100 notierenden steilen Aufwärtslinie suchte.
Auch innerhalb der Aktienmärkte dürfte es zu Rotationen kommen: So scheinen BTK, SOX und DJT zunächst einmal ihre Hochpunkte gesehen zu haben. Im Sinne der Dow-Theorie wäre aufkommende Schwäche im Transport-Index auf Sicht einiger Wochen ein bärisches Omen.
Was die Aktienmärkte insgesamt angeht, bleibt der Eindruck, dass sie in einer "running consolidation" laufen zwischen 1.080 und 1.120 im S&P500. 1.120 wären das primäre Ziel der Bärenmarktrallye (Mitte zwischen Hoch und Tief der vergangenen 12 Jahre. Die nervöse Seitwärtsbewegung mit Fehlausbrüchen dürfte noch weitergehen. Sie könnte die Plattform bilden für einen Schub früh in 2010 Richtung des nächsten Ziels von 1220. Die aktuelle Seitwärtsphase ohne dynamische Richtung macht die Märkte empfindlich für externe Nachrichten. Kommt in einer solchen Phase ein externer Schock, kann sich eine solche Phase auch als Topp entpuppen.
Der DAX probt derweil den Ausbruch über eine wichtige Linie bei rund 5810. Die Abkopplung von den US-Indices ist zwar bemerkenswert aber meiner Meinung nach nicht von Dauer.
Ein nachhaltige Kontraktion der Finanzmärkte insgesamt sehe ich noch nicht. Im großen Zeitfenster allerdings ist ein nachhaltig sinkender Euro/Dollar hierfür ein wichtiger Indikator. Der wird allerdings so lange überspielt, so lange Dollar/Yen fest bleibt.
Ein paar Meldungssplitter mögen verdeutlichen, dass in 2010 einiges an "Unbill" auf uns zukommt: So glaubt etwa die Ratingagentur S&P, dass im kommenden Jahr zwischen 55 und 75 westeuropäische Unternehmen mit Non-Investmentgrade-Rating Zahlungsstörungen aufweisen könnten. In 2010 soll die Ausfallrate immer noch mehr als doppelt so hoch wie der historische Schnitt liegen. Die nur langsame wirtschaftliche Erholung werde wahrscheinlich nicht ausreichen, um viele hochverschuldete Unternehmen mit einer schwachen Geschäftsentwicklung zu verschonen. Seit Januar 2009 wurden 15 Ausfälle von Unternehmen mit einem öffentlichen Rating verzeichnet.
Der Verband Öffentlicher Banken unterstützt die Idee eines europäischen Notfallfonds, wie ihn Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann vorgeschlagen hatte. Dabei sei eine öffentliche Anschubhilfe sinnvoll, die nach und nach durch Einzahlungen von Banken abgelöst werden soll. Gleichzeitig wird vor einer Überregulierung der Branche und in der Folge vor einer ernsthaften Kreditverknappung gewarnt. Der Verband wendet sich unter anderem gegen eine, das Verhältnis von Bilanzsumme zu Eigenkapital begrenzende Leverage Ratio. Außerdem müssten auch bestimmte Kapitalformen wie stille Einlagen weiter als vollwertiges Eigenkapital akzeptiert werden. Ansonsten fehle allein den Landesbanken Kapital in zweistelliger Milliardenhöhe. Das Kreditvolumen könnte sich dann um mehr als das Zehnfache davon reduzieren - also um mehr als 100 Mrd. Euro. (Realität, Drohgebärde oder Erpressungsversuch?)
Notenbanken und internationale Aufsichtsbehörden wollen der Finanzbranche Zeit bei der Umsetzung neuer Vorschriften lassen. Der Basler Ausschuss hat offenbar keine engen Fristen für die Umsetzung härterer Auflagen ins Auge gefasst. Der Ausschuss will die Branche auf mehr und qualitativ besseres Eigenkapital verpflichten und ihre Verschuldung begrenzen. Der aus 30 Staaten gebildete Ausschuss hält daran fest, die neue Regulierung 2012 einzuführen. Zuvor war sogar von einer zehnjährigen Übergangsfrist die Rede, was einem Aufschub gleichkäme.
Immer mehr US-Ökonomen glauben, dass mit der Schulden/BIP-Quote Richtung 100% die Versuchung für die Politik steigt, zu inflationieren, um die Schulden zu entwerten. Wenn die US-Inflation über vier Jahre bei 6% liegt, ergibt sich eine Reduktion der Rate um 20%, haben Joshua Aizenman und Nancy Marion ausgerechnet. Das wäre ein ähnliches Szenario wie nach dem zweiten Weltkrieg. Die Frage ist allerdings wohl nicht, ob die Politik ein solches Szenario möchte (und dann nutzt), sondern, ob es überhaupt dazu kommen kann.
RGE/Roubini ist für den Goldpreis negativ gestimmt und führt an: (1) Voraussichtliche Auflösung von Carry Trade-Positionen. (2) Zentralbanken verabschieden sich von lockerer Geldpolitik und den damit einhergehenden Niedrigstzinsen. (3) Verstärkte weltweite Risikoaversion, damit verbunden eine Flucht in den liquiden Dollar und ein Ausstieg aus weniger liquiden Rohstoffen. (4) Wegen der Geldschwemme ist eine weltweite Vermögensblase entstanden. (5) Gold konkurriert mit Währungen und alles was für den Dollar bullisch ist, ist für Gold bärisch.
Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: http://www.timepatternanalysis.de/comments/MB20091218.html
© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de
Als am Mittwoch dieser Woche der Fed über ihre Zinspolitik beratschlagte, bekam Dollar/Yen neuen Schub. Die Fed beließ zwar den Leitzins auf dem bekannten historischen Tief und schwor zum x-ten Male, die Zinsen weiter tief zu halten. Allerdings sollen die meisten "special liquidity facilities" (z.B. Ankaufprogramm für hypothekenbesicherte Papiere im Volumen von 1,25 Bill. Dollar) zur Stützung des Bankensystems früh in 2010 auslaufen. Das verstimmte die Akteure, weil sie ein Teil der kostenlosen liquiden Mittel, mit denen es sich so herrlich an der Börse zocken ließ, "flöten" gehen sehen.
Dass die Märkte eine Verknappung oder Verteuerung im Dollar-Raum antizipieren, ergibt sich auch aus dem Kursverlauf eines ETFs, der die Rendite einer täglich rollierten Einlage zur Federal Funds Effective Rate abbildet. Seit eben jenem 4. Dez steigt der Kurs steil an (siehe Chart!).
Der starke Dollar/Yen führte in Verbindung mit dem zuletzt dahindümpelnden Euro/Yen zu einer Belastung des Währungspaares Euro/Dollar. Das sackte in den vergangenen immer tiefer ab, konnte sich schließlich gestern gerade noch an einer leichten Unterstützung 1,4350 festhalten, heute morgen gelingt keine überzeugende Absetzbewegung. Das u.a. deshalb, weil Dollar /Yen weiter nach oben läuft, während und Euro/Yen wenig Dynamik zeigt, sich von der wichtigen Marke 129 weg zu bewegen.
Meiner Meinung nach läuft hier, was ich vor einigen Wochen an dieser Stelle mit "Pferdewechsel bei Carry-Trades" bezeichnet hatte. Interessanterweise laufen Dollar/Yen und der Kurs des genannten ETFs seit Mitte April recht gut zusammen abwärts und seit Anfang Dezember aufwärts (siehe Chart!): Mit sinkenden Geldmarktrenditen (=immer billigerem Geld) werden Carry-Trades in Yen auf gelöst, was den Yen gegen Dollar stärkt. Seit die Erträge in einer Fed Funds Rate Anlage steigen (also kurzfristige Mittel teurer werden), geht das Spiel genau andersherum und Dollar/Yen wird durch neue Carry-Trades fester.
Solche Verlagerungen bringen natürlich immer Friktionen mit sich - überhaupt ist die gewohnte Landschaft der Intermarket-Korrelationen ziemlich durcheinander (siehe Chart!). Damit einher gehen dürften auch Verlagerungen zwischen den einzelnen Segmenten der Finanzmärkte. So dürften trotz relativer Dollar-Stärke Rohstoffe und insbesondere auch Öl zunächst noch teurer werden. Beim CRB-Index kommt der wichtige Pegel bei 285 ins Visier, Öl dürfte zunächst noch Potenzial bis rund 80 Dollar haben. Edelmetalle hingegen bleiben in der positiven Korrelation zu Euro/Dollar "gefangen", weswegen der Goldpreis aktuell auch Unterstützung an einer bei etwas über 1.100 notierenden steilen Aufwärtslinie suchte.
Auch innerhalb der Aktienmärkte dürfte es zu Rotationen kommen: So scheinen BTK, SOX und DJT zunächst einmal ihre Hochpunkte gesehen zu haben. Im Sinne der Dow-Theorie wäre aufkommende Schwäche im Transport-Index auf Sicht einiger Wochen ein bärisches Omen.
Was die Aktienmärkte insgesamt angeht, bleibt der Eindruck, dass sie in einer "running consolidation" laufen zwischen 1.080 und 1.120 im S&P500. 1.120 wären das primäre Ziel der Bärenmarktrallye (Mitte zwischen Hoch und Tief der vergangenen 12 Jahre. Die nervöse Seitwärtsbewegung mit Fehlausbrüchen dürfte noch weitergehen. Sie könnte die Plattform bilden für einen Schub früh in 2010 Richtung des nächsten Ziels von 1220. Die aktuelle Seitwärtsphase ohne dynamische Richtung macht die Märkte empfindlich für externe Nachrichten. Kommt in einer solchen Phase ein externer Schock, kann sich eine solche Phase auch als Topp entpuppen.
Der DAX probt derweil den Ausbruch über eine wichtige Linie bei rund 5810. Die Abkopplung von den US-Indices ist zwar bemerkenswert aber meiner Meinung nach nicht von Dauer.
Ein nachhaltige Kontraktion der Finanzmärkte insgesamt sehe ich noch nicht. Im großen Zeitfenster allerdings ist ein nachhaltig sinkender Euro/Dollar hierfür ein wichtiger Indikator. Der wird allerdings so lange überspielt, so lange Dollar/Yen fest bleibt.
Ein paar Meldungssplitter mögen verdeutlichen, dass in 2010 einiges an "Unbill" auf uns zukommt: So glaubt etwa die Ratingagentur S&P, dass im kommenden Jahr zwischen 55 und 75 westeuropäische Unternehmen mit Non-Investmentgrade-Rating Zahlungsstörungen aufweisen könnten. In 2010 soll die Ausfallrate immer noch mehr als doppelt so hoch wie der historische Schnitt liegen. Die nur langsame wirtschaftliche Erholung werde wahrscheinlich nicht ausreichen, um viele hochverschuldete Unternehmen mit einer schwachen Geschäftsentwicklung zu verschonen. Seit Januar 2009 wurden 15 Ausfälle von Unternehmen mit einem öffentlichen Rating verzeichnet.
Der Verband Öffentlicher Banken unterstützt die Idee eines europäischen Notfallfonds, wie ihn Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann vorgeschlagen hatte. Dabei sei eine öffentliche Anschubhilfe sinnvoll, die nach und nach durch Einzahlungen von Banken abgelöst werden soll. Gleichzeitig wird vor einer Überregulierung der Branche und in der Folge vor einer ernsthaften Kreditverknappung gewarnt. Der Verband wendet sich unter anderem gegen eine, das Verhältnis von Bilanzsumme zu Eigenkapital begrenzende Leverage Ratio. Außerdem müssten auch bestimmte Kapitalformen wie stille Einlagen weiter als vollwertiges Eigenkapital akzeptiert werden. Ansonsten fehle allein den Landesbanken Kapital in zweistelliger Milliardenhöhe. Das Kreditvolumen könnte sich dann um mehr als das Zehnfache davon reduzieren - also um mehr als 100 Mrd. Euro. (Realität, Drohgebärde oder Erpressungsversuch?)
Notenbanken und internationale Aufsichtsbehörden wollen der Finanzbranche Zeit bei der Umsetzung neuer Vorschriften lassen. Der Basler Ausschuss hat offenbar keine engen Fristen für die Umsetzung härterer Auflagen ins Auge gefasst. Der Ausschuss will die Branche auf mehr und qualitativ besseres Eigenkapital verpflichten und ihre Verschuldung begrenzen. Der aus 30 Staaten gebildete Ausschuss hält daran fest, die neue Regulierung 2012 einzuführen. Zuvor war sogar von einer zehnjährigen Übergangsfrist die Rede, was einem Aufschub gleichkäme.
Immer mehr US-Ökonomen glauben, dass mit der Schulden/BIP-Quote Richtung 100% die Versuchung für die Politik steigt, zu inflationieren, um die Schulden zu entwerten. Wenn die US-Inflation über vier Jahre bei 6% liegt, ergibt sich eine Reduktion der Rate um 20%, haben Joshua Aizenman und Nancy Marion ausgerechnet. Das wäre ein ähnliches Szenario wie nach dem zweiten Weltkrieg. Die Frage ist allerdings wohl nicht, ob die Politik ein solches Szenario möchte (und dann nutzt), sondern, ob es überhaupt dazu kommen kann.
RGE/Roubini ist für den Goldpreis negativ gestimmt und führt an: (1) Voraussichtliche Auflösung von Carry Trade-Positionen. (2) Zentralbanken verabschieden sich von lockerer Geldpolitik und den damit einhergehenden Niedrigstzinsen. (3) Verstärkte weltweite Risikoaversion, damit verbunden eine Flucht in den liquiden Dollar und ein Ausstieg aus weniger liquiden Rohstoffen. (4) Wegen der Geldschwemme ist eine weltweite Vermögensblase entstanden. (5) Gold konkurriert mit Währungen und alles was für den Dollar bullisch ist, ist für Gold bärisch.
Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: http://www.timepatternanalysis.de/comments/MB20091218.html
© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de