Aktuelle Thesen zu Anleihen, Aktien, Gold und Silber
15.01.2012 | Manfred Gburek
Allmählich müsste sich ja herumgesprochen haben, dass Ratingagenturen mit den Euro-Ländern ein durchsichtiges Spielchen treiben. Wie jetzt Standard & Poor's mit der Ankündigung, die Bonität Frankreichs und anderer Länder des Euro-Raums herabzustufen. Da haben sich Italien und Spanien gerade über Anleihen zu unerwartet günstigen Konditionen frisches Geld besorgt, und schon geraten die Franzosen ins Visier.
Die Nachfrage der Investoren nach den Staatsanleihen der Italiener und Spanier war so groß, dass es beiden Euro-Ländern möglich gewesen wäre, noch mehr Geld zu bekommen. Der Erfolg ihrer Auktion bestätigt den Optimismus im Hinblick auf die Euro-Rettung, den ich hier seit einigen Wochen verbreite, zuletzt mit der Bemerkung, Zentralbanker und Politiker würden sich zu einer gemeinsamen Problemlösung durchwursteln. So weit die gute Nachricht, der Attacke gegen Frankreich zum Trotz.
Bei aller aktuellen Euphorie ist allerdings festzuhalten, dass 1. Anleihen Schuldverschreibungen sind, die in diesem Fall den Schuldenstand beider Länder weiter nach oben treiben, 2. hier wie eine schmerzstillende Spritze nur vorübergehend wirken, während der dauerhafte Heilungsprozess noch aussteht, und 3. die laufenden Zinsen und die späteren Tilgungen der Anleihen irgendwie aufgebracht werden müssen.
Letzteres - ganz abgesehen vom schon bestehenden Schuldendienst - allein mit Steuererhöhungen in Italien und Spanien zu schaffen, ist illusorisch. Denn im Zweifel wird sich die Bevölkerung beider Länder das nicht gefallen lassen und, wie bereits geschehen, demonstrierend durch die Straßen ziehen. Diesbezüglich drängt sich ein Vergleich mit Griechenland auf, wo die Demonstrationen bisher am heftigsten waren: Für Griechenland muss Deutschland keinen großen Scheck zücken, weil das Euro-Schicksal nicht von diesem Land abhängt. Wohl dagegen für Italien und Spanien, falls die Steuer- und sonstigen Reformen in diesen beiden Ländern nicht den erhofften schnellen Erfolg bringen. Denn einen Abschied Italiens oder Spaniens vom Euro würde die Gemeinschaftswährung nicht verkraften.
Was folgt daraus? Allerlei. Bereits gefolgt ist ein Strohfeuer an der deutschen Aktienbörse. Strohfeuer (aber noch kein nachhaltiger Kursanstieg) deshalb, weil Aktien wegen des großen Erfolgs der Anleihenauktion Italiens und Spaniens mehr Konkurrenz durch weitere Staatsanleihen von Euro-Ländern bekommen werden. Das spricht allerdings nicht dafür, dass Anleger jetzt Aktien ganz links liegen lassen, sondern nur für deren weiteren Zickzackkurs. Denn Aktien verkörpern neben Erträgen aus Dividenden auch Sachwertsubstanz, während sich die Substanz von Anleihen auf das Rückzahlungsversprechen der Schuldner beschränkt. Das heißt, ein Portfolio aus fünf bis zehn ertrags- und substanzstarken Aktien kann im Gegensatz zu Anleihen nie ganz an Wert verlieren. Diesen Umstand sollten Sie sich zunutze machen, indem Sie bei den nächsten Schlagzeilen über einen Crash beherzt Aktien kaufen.
Was folgt noch? Gehen wir davon aus, dass das eingangs zitierte Durchwursteln gelingt und vor allem dank finanzieller Unterstützung anderer Euro-Länder durch Deutschland möglich sein wird, drängt sich die Frage auf, welche Konsequenzen die Überstrapazierung des Bundeshaushalts haben wird. Bundesanleihen mit vergleichsweise mickrigen Renditen werden dann jedenfalls nicht mehr die Funktion des sicheren Hafens ausüben. Falls ihre Renditen sich denen der höher rentierenden Anleihen Frankreichs, Italiens, Spaniens usw. nähern sollten (und nicht umgekehrt, was man ausschließen kann), bedeutet das: Die Kurse der Bundesanleihen werden fallen - je länger die Laufzeit, desto stärker.
Nun liegt der Gedanke nahe, dass der deutsche Staat sich das fehlende Geld nicht allein über Anleihen und sonstige Bundespapiere von Anlegern aus dem In- und Ausland besorgen könnte, sondern auch über Steuererhöhungen von seinen Bürgern. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Aber angenommen, die nächste Bundestagswahl findet wie geplant im Herbst 2013 statt, wird die jetzige Koalition einen Teufel tun, indem sie etwa unpopuläre Steuererhöhungen beschließt, die danach den Wahlsieg kosten dürften.
Also wird sie es bis auf Weiteres beim Kleinklein belassen: hier ein bisschen am Steuertarif gedreht, da einige Vergünstigungen gestrichen, den Länderfinanzausgleich marginal geändert, die Reichensteuer zu neuem Leben erweckt - und sei es auf dem Umweg über die zurzeit heiß diskutierte Finanztransaktionssteuer -, hoch verschuldeten Kommunen Überbrückungshilfen gewährt, Steuerhinterzieher dämonisiert usw. Außer ein ganz außergewöhnliches Ereignis (große Naturkatastrophe, längerer Stromausfall, Attentat, gewalttätige Demonstrationen) zwingt die Bundesregierung auf dem Umweg über Bundestag und Bundesrat zu einem steuerlichen Schnellschuss, der sich dann leicht mit dem Appell an die Solidarität (wie seinerzeit beim Solidaritätszuschlag) ohne allzu großen Popularitätsverlust realisieren ließe.
Nachdem wir heute Anleihen (uninteressant) und Aktien (nach stärkeren Kurseinbrüchen kaufen) aufs Korn genommen haben, fehlen noch einige Anmerkungen zu den in letzter Zeit wieder freundlicheren Edelmetallen. Sie führen aus Anlegersicht ja nicht etwa ein Eigenleben, sondern sind Bestandteile der ganzen Anlagepalette unter Beachtung der Währung, mit der man sie kauft oder verkauft. Was den letzten Punkt betrifft, können in Euro abrechnende Anleger sich freuen, wenn sie größere Bestände an Gold und Silber besitzen. Denn der zeitweise unter 1,27 Dollar gerutschte Euro hat sie etwas reicher gemacht als die in Schweizer Franken oder in Dollar abrechnenden Anleger, die im Wesentlichen nur vom leichten Preisanstieg beider Edelmetalle profitieren konnten.
Für die Entscheidung, ob die Edelmetalle weiter haltens- und damit kaufenswert sind, ist natürlich der Preistrend ausschlaggebend, während für Euro-Abrechner der durch die zeitweise schwache Einheitswährung ausgelöste Zusatzgewinn das Sahnehäubchen obendrauf bildet. Der langjährige Aufwärtstrend des Gold- und des Silberpreises ist seit dem vergangenen Sommer unterbrochen, aber noch nicht zu Ende. Für diese These spricht jetzt vor allem, dass die internationale Staatsschuldenkrise - sie ist ja nicht auf die Euro-Zone beschränkt - weiter schwelt und Anleger weltweit zu Edelmetallkäufen animiert. Daran wird sich auch nichts ändern, nur weil Italien und Spanien zuletzt Anleihen zu günstigen Konditionen platzieren konnten. Zu guter Letzt: Seien Sie nicht überrascht, wenn die Pendelbewegungen der Preise beider Edelmetalle nach der jüngsten Erholung und der Preiskorrektur vom Freitag weiter gehen sollten, ohne dass sie schon bald in eine Aufwärtsbewegung münden. Umso kräftiger wird der Preisanstieg Anstieg im Verlauf des Jahres 2012 sein.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).
Die Nachfrage der Investoren nach den Staatsanleihen der Italiener und Spanier war so groß, dass es beiden Euro-Ländern möglich gewesen wäre, noch mehr Geld zu bekommen. Der Erfolg ihrer Auktion bestätigt den Optimismus im Hinblick auf die Euro-Rettung, den ich hier seit einigen Wochen verbreite, zuletzt mit der Bemerkung, Zentralbanker und Politiker würden sich zu einer gemeinsamen Problemlösung durchwursteln. So weit die gute Nachricht, der Attacke gegen Frankreich zum Trotz.
Bei aller aktuellen Euphorie ist allerdings festzuhalten, dass 1. Anleihen Schuldverschreibungen sind, die in diesem Fall den Schuldenstand beider Länder weiter nach oben treiben, 2. hier wie eine schmerzstillende Spritze nur vorübergehend wirken, während der dauerhafte Heilungsprozess noch aussteht, und 3. die laufenden Zinsen und die späteren Tilgungen der Anleihen irgendwie aufgebracht werden müssen.
Letzteres - ganz abgesehen vom schon bestehenden Schuldendienst - allein mit Steuererhöhungen in Italien und Spanien zu schaffen, ist illusorisch. Denn im Zweifel wird sich die Bevölkerung beider Länder das nicht gefallen lassen und, wie bereits geschehen, demonstrierend durch die Straßen ziehen. Diesbezüglich drängt sich ein Vergleich mit Griechenland auf, wo die Demonstrationen bisher am heftigsten waren: Für Griechenland muss Deutschland keinen großen Scheck zücken, weil das Euro-Schicksal nicht von diesem Land abhängt. Wohl dagegen für Italien und Spanien, falls die Steuer- und sonstigen Reformen in diesen beiden Ländern nicht den erhofften schnellen Erfolg bringen. Denn einen Abschied Italiens oder Spaniens vom Euro würde die Gemeinschaftswährung nicht verkraften.
Was folgt daraus? Allerlei. Bereits gefolgt ist ein Strohfeuer an der deutschen Aktienbörse. Strohfeuer (aber noch kein nachhaltiger Kursanstieg) deshalb, weil Aktien wegen des großen Erfolgs der Anleihenauktion Italiens und Spaniens mehr Konkurrenz durch weitere Staatsanleihen von Euro-Ländern bekommen werden. Das spricht allerdings nicht dafür, dass Anleger jetzt Aktien ganz links liegen lassen, sondern nur für deren weiteren Zickzackkurs. Denn Aktien verkörpern neben Erträgen aus Dividenden auch Sachwertsubstanz, während sich die Substanz von Anleihen auf das Rückzahlungsversprechen der Schuldner beschränkt. Das heißt, ein Portfolio aus fünf bis zehn ertrags- und substanzstarken Aktien kann im Gegensatz zu Anleihen nie ganz an Wert verlieren. Diesen Umstand sollten Sie sich zunutze machen, indem Sie bei den nächsten Schlagzeilen über einen Crash beherzt Aktien kaufen.
Was folgt noch? Gehen wir davon aus, dass das eingangs zitierte Durchwursteln gelingt und vor allem dank finanzieller Unterstützung anderer Euro-Länder durch Deutschland möglich sein wird, drängt sich die Frage auf, welche Konsequenzen die Überstrapazierung des Bundeshaushalts haben wird. Bundesanleihen mit vergleichsweise mickrigen Renditen werden dann jedenfalls nicht mehr die Funktion des sicheren Hafens ausüben. Falls ihre Renditen sich denen der höher rentierenden Anleihen Frankreichs, Italiens, Spaniens usw. nähern sollten (und nicht umgekehrt, was man ausschließen kann), bedeutet das: Die Kurse der Bundesanleihen werden fallen - je länger die Laufzeit, desto stärker.
Nun liegt der Gedanke nahe, dass der deutsche Staat sich das fehlende Geld nicht allein über Anleihen und sonstige Bundespapiere von Anlegern aus dem In- und Ausland besorgen könnte, sondern auch über Steuererhöhungen von seinen Bürgern. Der Phantasie sind da keine Grenzen gesetzt. Aber angenommen, die nächste Bundestagswahl findet wie geplant im Herbst 2013 statt, wird die jetzige Koalition einen Teufel tun, indem sie etwa unpopuläre Steuererhöhungen beschließt, die danach den Wahlsieg kosten dürften.
Also wird sie es bis auf Weiteres beim Kleinklein belassen: hier ein bisschen am Steuertarif gedreht, da einige Vergünstigungen gestrichen, den Länderfinanzausgleich marginal geändert, die Reichensteuer zu neuem Leben erweckt - und sei es auf dem Umweg über die zurzeit heiß diskutierte Finanztransaktionssteuer -, hoch verschuldeten Kommunen Überbrückungshilfen gewährt, Steuerhinterzieher dämonisiert usw. Außer ein ganz außergewöhnliches Ereignis (große Naturkatastrophe, längerer Stromausfall, Attentat, gewalttätige Demonstrationen) zwingt die Bundesregierung auf dem Umweg über Bundestag und Bundesrat zu einem steuerlichen Schnellschuss, der sich dann leicht mit dem Appell an die Solidarität (wie seinerzeit beim Solidaritätszuschlag) ohne allzu großen Popularitätsverlust realisieren ließe.
Nachdem wir heute Anleihen (uninteressant) und Aktien (nach stärkeren Kurseinbrüchen kaufen) aufs Korn genommen haben, fehlen noch einige Anmerkungen zu den in letzter Zeit wieder freundlicheren Edelmetallen. Sie führen aus Anlegersicht ja nicht etwa ein Eigenleben, sondern sind Bestandteile der ganzen Anlagepalette unter Beachtung der Währung, mit der man sie kauft oder verkauft. Was den letzten Punkt betrifft, können in Euro abrechnende Anleger sich freuen, wenn sie größere Bestände an Gold und Silber besitzen. Denn der zeitweise unter 1,27 Dollar gerutschte Euro hat sie etwas reicher gemacht als die in Schweizer Franken oder in Dollar abrechnenden Anleger, die im Wesentlichen nur vom leichten Preisanstieg beider Edelmetalle profitieren konnten.
Für die Entscheidung, ob die Edelmetalle weiter haltens- und damit kaufenswert sind, ist natürlich der Preistrend ausschlaggebend, während für Euro-Abrechner der durch die zeitweise schwache Einheitswährung ausgelöste Zusatzgewinn das Sahnehäubchen obendrauf bildet. Der langjährige Aufwärtstrend des Gold- und des Silberpreises ist seit dem vergangenen Sommer unterbrochen, aber noch nicht zu Ende. Für diese These spricht jetzt vor allem, dass die internationale Staatsschuldenkrise - sie ist ja nicht auf die Euro-Zone beschränkt - weiter schwelt und Anleger weltweit zu Edelmetallkäufen animiert. Daran wird sich auch nichts ändern, nur weil Italien und Spanien zuletzt Anleihen zu günstigen Konditionen platzieren konnten. Zu guter Letzt: Seien Sie nicht überrascht, wenn die Pendelbewegungen der Preise beider Edelmetalle nach der jüngsten Erholung und der Preiskorrektur vom Freitag weiter gehen sollten, ohne dass sie schon bald in eine Aufwärtsbewegung münden. Umso kräftiger wird der Preisanstieg Anstieg im Verlauf des Jahres 2012 sein.
© Manfred Gburek
www.gburek.eu
Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).