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Ein Höllenjahrzehnt

09.01.2010  |  Peter Schiff
Das Time Magazine warf kürzlich einen Blick zurück auf die ersten zehn Jahre dieses Jahrtausends und rief diesen Zeitraum zum "Höllenjahrzehnt" aus. Die Herausgeber argumentierten auf der Grundlage dessen, was sie als die prägenden Ereignisse der letzten 10 Jahre betrachten: in erster Linie das Wüten des Terrorismus, die gescheiterten Kriege und eine Weltfinanzkrise. Zusammengenommen prägten diese Faktoren eine Ära, von der die Time glaubt, sie werde rückblickend als einer der Tiefpunkte unserer Geschichte wahrgenommen.

Und da es die Medien verabscheuen, nur auf dem Negativen herumzureiten, war dieser Kommentar mit optimistischen Anmerkungen hinsichtlich der anstehenden Erholung gespickt. Es ist wohl kaum Zufall, dass man US-Notenbankchef Ben Bernanke gleich in der nächsten Ausgabe den "Mann des Jahres" nannte, vermutlich wegen seiner übermenschlichen Anstrengen, die Wirtschaft am Laufen zu halten, jetzt nachdem wir aus dem Gröbsten heraus sind. Auch wenn sich die Time die Mühe machte anzumerken, die Ehre, "Person des Jahres" zu werden, solle eher das Wirken dieser Person widerspiegeln und nicht als Lobhudelei gedacht sein, so fiel das Profil des Chairmans triumphal aus.

Und selbst wenn Sie die "aus dem Gröbsten raus/ und über’n Berg"-Geschichte der Times glauben, so müsste doch jeder die Ironie erkennen, wenn jetzt Chairman Bernanke, Chefarchitekt der wirtschaftlichen Probleme, die 2007 auftauchten, ein so hohes Ansehen genießen sollte.

Neben der fehlplazierten Ehrerbietung an den Notenbankchef bin ich auch mit der gesamten Einschätzung dessen nicht einverstanden, was die Time jetzt als Geschichte bezeichnet.

Unter keinen Umständen können die vergangenen Jahre als "Höllenjahrzehnt" bezeichnet werden. Was das wirtschaftliche Wohlergehen und Glück betrifft, so sind eher Parallelen zu den Goldenen Zwanzigern zu sehen. Ich würde es als ein Jahrzehnt der Sünde bezeichnen, die den Weg zur Hölle ebnete.

Richtig, wir hatten spektakuläre Probleme wie den 11. September und die Invasion des Iraks - schrecklich für alle Betroffenen. Aber für die meisten Amerikaner war es eine Zeit unerwarteten Reichtums und unverdienten Wohlstands. Die Zeit bis zu den Crash-Tagen am Aktienmarkt wird unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten als Zeit der Refinanzierungsauszahlungen für Millionen von Eigenheimbesitzern, der Ohne-Papiere-Schwindelkredite, des Ohne-Anzahlung-Autokaufens, der achtstelligen Wall-Street-Boni, billiger Chinaimporte und der Tottrampelshopping-Feiertagseinkäufe erinnert werden. Dieses Jahrzehnt hatte uns mit anderen Worten die größte und unverantwortlichste Ausgabenorgie in der Geschichte der USA gebracht. Das vergangene Jahrzehnt war die Party, das nächste wird der Kater sein.

Die Tatsache, dass die Time diese Sachverhalte völlig unerwähnt lässt, zeigt, wie schlecht die Mainstream-Medien jene Kräfte verstehen, die aktuell auf unserer Wirtschaft lasten. Ja, sie sind fähig gewesen, einige der nachteiligen Konsequenzen, die wir in diesem Jahrzehnt erlebt haben, auszumachen. Und das war der leichte Teil. Was jedoch das Erkennen der Ursachen hinter den Folgen angeht, da haben sie keinen Schimmer. Folglich kann es der Time nicht gelingen, die grundlegenden Muster zu erkennen und sie wird unsere Führung ermutigen, die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen - bloß in viel größerem Ausmaß. Bis jetzt sind auch der Kongress und der Präsident genauso ahnungslos wie die Time. Um ihre Entschlossenheit zu zeigen, "den Dingen auf den Grund zu gehen" hat die Obama-Administration eine Kommission einberufen, die die Ursachen der Finanzkrise untersuchen soll. Erwarten Sie nicht, dass die Kommission im Verlauf ihrer Arbeit, die gerade erst anfängt, mit etwas anderem als durch und durch politisch nützlichen Erklärungen aufwarten wird.

Die "unfähigen Aufsichtbehörden" werden ihren Teil der Schuld zugeschoben werden, sie haben versäumt "ein erstes Wort" mit der Industrie, den Banken und den Vorständen großer Gesellschaften zu reden, die das "öffentliche Wohl" für ihre "persönliche Gier" in Geiselhaft nahmen. Keine Hoffnung, dass jemand, der die Krise wirklich kommen sah, nun auch wirklich um seine Einschätzung gebeten wird. Würden man mich fragen, würde ich ihnen allzu gerne in epischer Breite Auskunft geben. Leider wird meine Stimme nur dann von den derzeit Regierenden gehört werden, wenn ich in den Senat gewählt werde - und genau das ist auch mein Plan für nächsten Herbst in meinem Heimatbundesstaat Connecticut.

Für das kommende Jahrzehnt hoffe ich inständig, dass ich der Führung helfen kann, zu Einsichten zu gelangen, zu denen die Time nicht gelangen kann: Wir müssen die ökonomischen Sünden stoppen, die uns in die Hölle bringen, so dass unser Aufenthalt da unten so kurz wie möglich bleibt. Wir müssen erreichen, dass keiner mehr ausgibt, als er verdient. Das gilt nicht nur für einzelnen Bürger, sondern auch für die Regierung. Erst diese Woche hat das Finanzministerium die internen Begrenzungen für Bailout-Gelder an Fannie Mae und Freddie Mac aufgehoben. Zugleich wurde der angeschlagenen GMAC ein weiterer Bailout angeboten. Wenn wir das schlechte Verhalten fortführen, dann könnte es sich nicht nur um eine Jahrzehnt in der Hölle handeln, sondern um mehrere.

Wenn wir es aber schaffen, uns unsere Sünden einzugestehen und schwören, unser Handeln zu ändern, dann wird es vielleicht nur bei einem Jahrzehnt im Fegefeuer bleiben. Vielleicht können wir es in ein Jahrzehnt der Hoffung, der harten Arbeit, der persönlichen Freiheit, der Ersparnisse, der Produktion, der Investition, des soliden Geldes, der Deregulierung, der Exporte, der Budgetüberschüsse, des Kapitalismus, des schlanken Staates und des Respekts vor der Verfassung verwandeln. Diese Merkmale werden uns stark machen, den negativen Konsequenzen unserer rücksichtslosen Vergangenheit standzuhalten.

Bislang häufen sich unsere Probleme lawinenartig an, und ich möchte mehr als keinen Hauch einer Chance haben, wenn wir ein richtiges Höllenjahrzehnt bekommen.

Für eine weiterführende Analyse unserer Finanzprobleme und der damit einhergehenden Gefahren für die US-Wirtschaft und $-Investitionen, lesen sie Peter Schiffs Buch "How to Profit from the Coming Economic Collapse." und auch seine Neuerscheinung "The Little Book of Bull Moves in Bear Markets."


© Peter Schiff
www.europac.net


Dieser Artikel erschien am 30.12.09 auf www.safehaven.com und wurde exklusiv für GoldSeiten übersetzt.



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