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Jahresbericht 2009: "Too big to fail"?

15.01.2010  |  Redaktion
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Einige dieser Institute behaupten bis heute, sie hätten keine staatlichen Rettungshilfen in Anspruch genommen; die Tabelle beweist das Gegenteil.

Die Tatsache, dass in großem Stile auch CDS auf Staatsschulden der Bundesrepublik Deutschland und der USA gehandelt werden, verdeutlicht, wie weit sich das Instrument CDS in den letzten Jahren von der Realwirtschaft abgekoppelt hat. Niemand kann ernsthaft erwarten, im Falle eines solchen Staatsbankrotts noch seinen Schaden ersetzt zu bekommen, es sei denn, Gott hätte die Versicherung geschrieben. Damit rückt die Aussage von Lloyd Blankfein in ein völlig neues Licht.

CDS haben wesentlich zur unkontrollierten Verflechtung innerhalb des Finanzsystems beigetragen. Statt Risiken zu reduzieren, haben sie das Systemrisiko durch den gefürchteten Dominoeffekt erhöht. Um eine erneute Krise zu verhindern, müssen die Dominosteine nicht nur stabiler gemacht, sondern die Abstände zwischen ihnen vergrößert und Trennwände analog zu den Schotts im Schiffbau eingezogen werden.

Um die nächste Gewinnwelle zu kreieren, blasen die Banken schon wieder zum Angriff und verstärken ihre Truppen. Wir vernehmen von mehreren Seiten, dass die Unsitte, Banker mit hohen Garantieboni von anderen Instituten abzuwerben, wieder um sich greift. Ironischerweise gehen die teilweise in Staatsbesitz befindlichen Banken, wie die Citigroup, die Royal Bank of Scottland und die Commerzbank (hier heißen Boni bekanntlich "Mehraufwandspauschalen") dabei am aggressivsten vor. Die Aktionäre dieser Institute schauen diesem Treiben tatenlos zu, obwohl ihre Aktien seit den Höchstständen 85 bis 95 Prozent verloren haben. Bereits für das abgelaufene Jahr dürften die Boni in New York schon wieder das Niveau von 2005 überschreiten. In 2010 könnte es dann einen neuen Rekord geben. Die Risikoasymmetrie, die Gewinne zunächst den Managern zuteil werden lässt und Verluste auf Aktionäre vor allem aber den Staat schiebt, besteht unvermindert fort.

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Grafik 10 (Quelle: Office of the State Comptroller, New York, Schätzung der Bonuszahlungen für 2009: Options Group)


Sondersteuern auf Bankerboni können zwar helfen, Wahlen zu gewinnen, nicht aber die nächste Krise zu vermeiden. Dazu bedarf es weitreichender Reformen:
  • Begrenzung des Kredithebels bzw. ausreichende Eigenkapitalausstattung (EineEigenkapitalquote von z.B. 4 Prozent entspricht einem Kredithebel von 25).
  • Verbot, außerbilanzielle Risiken in sogenannte Special Investment Vehikel zuverschieben.
  • Wiedereinführung des Trennbankensystems.
  • Konservativere Rechnungslegungsvorschriften, die der Verschiebung von Bilanzpositionen und der Vorverlagerung von Gewinnen Einhalt gebieten.
  • Begrenzung von Credit Default Swaps auf die Absicherung tatsächlich vorhandener Kreditrisiken.
  • Verbesserung der Ratingsysteme und mehr Konkurrenz durch nicht-amerikanischeAgenturen.
  • Größere Unabhängigkeit der (US-) Aufsichtsbehörden.

Das Kartell der beiden großen amerikanischen Ratingagenturen, Moody`s und Standard & Poors, gilt als die größte unkontrollierte Macht im Weltfinanzsystem. Bezahlt werden diese Institute von den Schuldnern, deren Bonität sie zu beurteilen haben. Ihre ungerechtfertigt hohen Gütesiegel für toxische Kreditverbriefungen haben wesentlich zur Finanzkrise beigetragen. In einer Anhörung am 24. September 2009 gab sich David Teicher von der Ratingagentur Moody`s deshalb einsichtig und meinte, man solle die Ratings nur als eine (eher unverbindliche) Meinung zur Bonität eines Schuldners verstehen.

Mit diesen unverbindlichen Meinungen wurden tausende Investoren ins Verderben gelockt. Sie bestimmen sogar das Schicksal ganzer Staaten und beeinflussen indirekt die Geldpolitik der Zentralbanken, die für ihre Kredite an Banken nur Staatsanleihen mit einer bestimmten Mindestbonitätsnote akzeptieren. Dies könnte griechischen Banken zum Verhängnis werden, wenn die Bonität Griechenlands weiter abgestuft wird und seine Anleihen von der EZB dann nicht mehr als Sicherheiten akzeptiert werden. Es bedarf dringend (mindestens) einer unabhängigen Ratinginstanz, um die unselige Macht des emittentenfinanzierten US-Ratingkartells zu beenden.

Die US-Notenbank, die den amerikanischen Geschäftsbanken gehört, die Börsenaufsicht SEC und die staatliche Einlagenversicherung FDIC verstehen sich in erster Linie als Erfüllungsgehilfen der Banken. Sie haben die vom Investmentbanking ausgehende Risikoexplosion erst ermöglicht. Dieses Geschäft hat sich von einem risikoarmen Beratungs-, Provisions- und Emissionsgeschäft zu einem Spielkasino entwickelt. So erzielte beispielsweise Goldman Sachs im Jahr 1998 als konservativ gemanagte Partnerschaft 64 Prozent seiner Erlöse aus relativ risikolosen Provisionen und Honoraren und nur 24 Prozent aus riskanten Handelsaktivitäten. Im Rekordjahr 2007 war es genau umgekehrt (27 Prozent gegenüber 65 Prozent). In den ersten drei Quartalen 2009 machte der Handelsgewinn sogar 67 Prozent der Gesamterträge aus.

Eine Reduzierung des Systemrisikos wäre durch die Wiedereinführung des Trennbankensystems unter einheitlicher Aufsicht möglich. Es sieht die Trennung von Investmentbank- (Handels-, Kommissions- und Emissionsgeschäft) und Kreditbankgeschäft (Einlagen und Kredite) vor und wurde 1933 in Folge der großen Finanz- und Wirtschaftskrise mit dem Glass-Steagall Act in den USA eingeführt und 1999 endgültig abgeschafft. In den nächsten Wochen wird der Bankenausschuss des US-Senats über die Wiedereinführung beraten. Findet der Vorschlag eine Mehrheit, droht Großinstituten die Zerschlagung. Angesichts eines globalen Finanzmarktes dürfte ein Trennbankensystem aber nicht auf die USA beschränkt bleiben, sondern müsste weltweit gelten.

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Grafik 11 (Quelle: FvS Research, Bloomberg)






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