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Jahresbericht 2009: "Too big to fail"?

15.01.2010  |  Redaktion
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Die Eigenkapitalunterlegung konnte lange Zeit nicht mit dem Wachstum der Bankbilanzen mithalten. Die rote Linie in Grafik 11 spiegelt die Eigenkapitalquote 13 großer europäischer Institute wider. Erst mit den jüngsten Kapitalmaßnahmen ist sie wieder auf ein Niveau von gut 4 Prozent gestiegen. Angesichts der immer noch erheblichen faulen Positionen in den Bilanzen und des hohen Risikovorsorgebedarfs, ist dies keine wirklich beruhigende Größe.

Im Dezember hat das "Basel Komitee" Vorschläge zur Sicherung des Bankensektors unterbreitet, die eine Vielzahl komplexer Einzelmaßnahmen umfassen. Sie sollen 2010 beschlossen und Ende 2012 eingeführt werden. Es ist zu befürchten, dass selbst diese halbherzigen Vorschläge durch die Lobbyarbeit der Banken aufgeweicht werden. Da die Politik nach dem vermeintlichen Ende der Finanzkrise ihr Augenmerk anderen Themen zuwendet, rückt eine nachhaltige Risikobegrenzung des Bankensektors in weite Ferne.

Die Annahme, dass der Staat alle systemrelevanten Institute, zuletzt sogar die Skandalbank Hypo Alpe Adria, rettet, kann dauerhaft nicht gelten. Das Postulat: "too big to fail" und der daraus resultierende „Moral Hazard“ wird ohne eine nachhaltige Stabilisierung des Finanzsystems "too weak to rescue" lauten.

Die Historie hat gezeigt, dass Bankenkrisen häufig Vorboten von Staatsbankrotten waren. Dann hätten die Bankmanager womöglich auch noch die Demokratie auf dem Gewissen.


"Too weak to rescue"?

Die Kosten der Rettung: Explodierende Staatsschulden


Große Rettungsaktionen können sich die immer höher verschuldeten Staaten nicht mehr leisten. Die Schulden der westlichen Staaten werden in den nächsten Jahren ein bis dato unbekanntes Niveau erreichen.

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Grafik 12 (Quelle: IWF, ab 2009 IWF-Schätzungen)


Wir haben bereits im Sommer letzten Jahres für fast alle Industrienationen den zu erwartenden Anteil der Zinsausgaben ab 2010 und den sogenannten Point of no Return kalkuliert, der angibt, ab welcher Kombination von Zins- und Verschuldungsniveau der Staatsbankrott droht. Damals ahnten wir nicht, dass der schwächste Kandidat unserer Analyse, Griechenland, schon wenige Monate später zum Gegenstand heftiger Bonitätsspekulationen werden würde. Was damals noch wie Schwarzmalerei aussah, erscheint angesichts der jüngsten Entwicklungen sehr viel realistischer. Die folgende Tabelle zeigt den Anteil der Zinsausgaben (ohne Tilgung) an den Steuereinnahmen.

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Tabelle 5 (Quelle: FvS Research, IWF, Bundesfinanzministerium)


Das blaue Feld zeigt den Anteil der Zinsausgaben an den gesamten Steuereinnahmen des Staates per Ende 2010. Griechenland dürfte dann eine Staatsverschuldung von gut 120 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufweisen. Bei einem durchschnittlichen Zinssatz auf alle Staatsschulden von 5 Prozent bedeutet dies, dass die Zinszahlungen 6 Prozent des Sozialprodukts ausmachen (5 Prozent x 120 Prozent). Die Steuerquote beträgt rund 20 Prozent, d.h. die Steuereinnahmen Griechenlands belaufen sich auf ein Fünftel des Sozialprodukts. Damit gehen 30 Prozent der Steuereinnahmen für Zinszahlungen verloren.

Der gesunde Menschenverstand sagt uns, dass ein Staat nur einen Teil seiner Steuereinnahmen für Zinsen ausgeben kann und der größere Teil für Soziales, Bildung, Investitionen und Infrastruktur aufgewendet werden muss. Spätestens bei einem Drittel wird die Lage kritisch (gelbe Zone). Bei mehr als 40 Prozent dürfte der Point of No Return erreicht sein, d.h. eine ordnungsgemäße Bedienung der Staatsschulden erscheint kaum noch möglich (rote Zone), denn der Staat kann dann seinen eigentlichen Aufgaben nicht mehr nachkommen und die Bevölkerung rebelliert. Dann müssen Zinszahlungen und Tilgungen ausgesetzt werden und der Staatsbankrott ist Fakt. Theoretisch könnte sich der Staat durch eine Erhöhung der Steuerquote Luft verschaffen. Aber auch hier gibt es bekanntlich Grenzen.

Die Grafik lässt die enorme Bedeutung des Zinsniveaus erkennen. Müsste Griechenland nur 1 Prozent Zinsen auf seine Schulden zahlen, wie Japan, wäre auch eine weitaus höhere Verschuldung problemlos zu bedienen. Würde das Zinsniveau dagegen auf 8 Prozent steigen, wäre der Staatsbankrott unausweichlich. In den letzten Wochen ist das Zinsniveau für 10-jährige Griechenanleihen bereits auf fast 6 Prozent geklettert, das für 5-jährige Anleihen auf fast 5 Prozent. Entziehen die Investoren Griechenland das Vertrauen und trennen sich von ihren Papieren, würde das Zinsniveau weiter steigen und die in 2010 anstehende Aufnahme von geschätzten 56 Mrd. Euro neuer Schulden (davon 34 Mrd. Euro Tilgung alter Anleihen und 22 Mrd. Nettoneuverschuldung) erheblich verteuern.

Vor diesem Hintergrund ist die Prophezeiung des griechischen Ministerpräsidenten Papandreou: "Entweder wird Griechenland die Schulden verschwinden lassen, oder die Schulden werden Griechenland verschwinden lassen" nur allzu verständlich. Mit kreativer Buchhaltung wird das Land aber nicht noch einmal davon kommen, was die zweite Lösung wahrscheinlicher macht.

Die folgende Übersicht verdeutlicht die Situation anderer Staaten:

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Tabelle 6 (Quelle: FvS Research, IWF, Fitch Ratings, Bloomberg, Bundesfinanzministerium: Monatsbericht Dez. 2009)






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