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Jahresbericht 2009: "Too big to fail"?

15.01.2010  |  Redaktion
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Gold

Der jüngste Rückgang des Goldpreises ist lediglich eine Korrektur in einem langfristig intakten Aufwärtstrend. Das gesamte Anlageumfeld spricht für eine Fortsetzung des Goldpreisanstiegs mit neuen Höchstnotierungen im Jahr 2010. Explodierende Staatsschulden, ein immer noch fragiles Finanzsystem, das extrem niedrige Zinsniveau, der zunehmende Wohlstand in den goldaffinen Schwellenländern und deren enorme Währungsreserven sprechen für eine weiter steigende Nachfrage. Das Angebot bleibt knapp, zumal die Goldverkäufe der Zentralbanken eher abnehmen.

Als treibender Faktor für den Goldpreis dürfte sich die Renaissance des Goldes als Anlageklasse und damit fester Bestandteil der Asset Allokation von Privatvermögen erweisen. Diese "neue" physische Nachfrage nach Gold ist nicht spekulativer Natur, sondern basiert auf dem Wunsch, einen Teil des Vermögens für den Fall der Fälle langfristig in einem sicheren Hafen zu wissen.

Eine vergleichbare Denke scheint sich auch bei Staaten mit hohen Devisenreserven zu etablieren. So hat Indien Anfang November 200 Tonnen Gold vom Internationalen Währungsfonds erworben, was den Goldanteil an den indischen Währungsreserven auf knapp 8 Prozent erhöht hat. Würde China einen ähnlich hohen Anteil anstreben, müsste es rund 4.200 Tonnen hinzu kaufen, was fast dem doppelten der Minenproduktion eines Jahres entspräche. Auch wenn massive Aufstockungen durch die Zentralbanken aufgrund des begrenzten Angebots eher unwahrscheinlich sind, besteht hier zumindest eine hohe latente Nachfrage, die etwaige Preisrückränge begrenzt.

Die folgende Grafik vergleicht den Anteil der größten Reserveländer an den gesamten Weltgold- und Weltwährungsreserven.

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Grafik 18 (Quelle: Bloomberg, World Gold Council, FvS Research)


Die USA verfügen über den größten Goldschatz (27 Prozent), China über die größten Währungsreserven (31 Prozent). China ist der größte Gläubiger der USA. Damit hält China indirekt ein Goldzertifikat in den Händen, dessen Einlösung im Ernstfall aber nur schwer zu erzwingen sein wird.

Aktuell macht Gold 12 Prozent der Weltwährungsreserven aus. 1980 waren es noch 60 Prozent. Seit dem Ende des Goldstandards ist das von der Zentralbank ausgegebene Geld nur noch durch das Versprechen gedeckt, den Geldwert nicht durch eine übermäßige Erhöhung der Geldmenge zu verwässern. Die disziplinierende Größe Gold wurde also durch Selbstdisziplin ersetzt. Die monetäre Basis der USA beträgt aktuell rund 2.100 Mrd. Dollar (Bargeld, Sichteinlagen und Einlagen der Banken bei der Notenbank). Sie hat sich innerhalb der letzten 15 Monate durch die Rettungsmaßnahmen für das Banksystem mehr als verdoppelt.

Die USA besitzen 8.400 Tonnen Gold im Gegenwert von rund 300 Mrd. Dollar. Damit sind 15 Cent pro US-Dollar (indirekt) durch Gold gedeckt. 1980 zu Zeiten der letzten Goldblase betrug dieses Verhältnis 140 Prozent, d.h. es herrschte de facto eine Überdeckung. Seit Freigabe des Goldpreises im Jahre 1971 waren es durchschnittlich ca. 40 Prozent. Dieser Wert wäre erst bei einem Goldpreis von 3.000 Dollar wieder erreicht. Eine hundertprozentige Golddeckung würde sogar einen Preis von 7.300 Dollar implizieren.

Wir sind weder Anhänger eines strikten Goldstandards, noch sollen diese Rechenbeispiele ein Preisziel für Gold zu definieren. Allerdings verdeutlichen sie, wie stark die Weltleitwährung US-Dollar nur noch durch das Vertrauen in die Selbstdisziplin der amerikanischen Regierung und Notenbank gedeckt ist. Ob dies gerechtfertigt ist, wird die Zukunft zeigen.


Fazit:

Die Rettungsmaßnahmen der Regierungen und Notenbanken haben das Finanzsystem vordergründig stabilisiert und den Zins für sichere Anlagen verschwinden lassen. Sie haben aber auch die Staatsverschuldung auf ein nie gekanntes Ausmaß getrieben. Die Staaten brauchen dauerhaft niedrige Zinsen, um ihre Schulden finanzieren und tilgen zu können. Die Notenbanken drücken das Zinsniveau, solange es die Inflation erlaubt. Um ihre Glaubwürdigkeit nicht völlig zu verlieren, müssen sie spätestens dann die Zinsen wieder anheben, wenn die Inflation nicht mehr nur die Preise von Vermögensanlagen steigen lässt, sondern auch die Güterpreise. Die Fragilität des Finanzsystems und die hohen Staatsschulden könnten sich dann als eine kaum noch zu beherrschende Kombination zweier Übel erweisen, die Zweifel an der ultimativen Sicherheit von Staatsanleihen und Bankeinlagen rechtfertigen. Anleger großer Vermögen stehen dann vor einer bis dato unbekannten Herausforderung und dem Risiko, die falschen Schlussfolgerungen zu ziehen. Wie ein Kapitän, der bei einem herannahenden Tsunami den sicheren Hafen ansteuert statt auf hohe See zu flüchten, verwechselt der Anleger Sicherheit mit Risiko.

Für dieses Umfeld gibt es kein Patentrezept. Kritisches, unabhängiges Denken und ein permanentes Abwägen von Chancen und Risiken sind angesichts der bestehenden Herausforderungen unabdingbar. Unsere Leitlinien, die durch die fünf Postulate des FvS-Pentagramms widergespiegelt werden, haben wesentlich dazu beigetragen, dass die von uns betreuten Vermögen die Krise unbeschadet überstanden haben. Vor allem eine kluge Diversifikation und die Wahrung von Flexibilität werden in den nächsten Jahren entscheidend für eine erfolgreiche Anlagestrategie sein. Wir fühlen uns für ein herausforderndes Jahr 2010 gerüstet, das Risiken birgt, aber auch Chancen bietet.


© Bert Flossbach
Flossbach & von Storch AG





Die Informationen beruhen auf Quellen, die wir für zuverlässig halten. Eine Gewähr für die Richtigkeit des Inhaltes und vollständige Darstellung aller wesentlichen Gesichtspunkte kann jedoch nicht übernommen werden.











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