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Die Aktien und das Gold

05.02.2012  |  Manfred Gburek
Ein überaus positiver Bericht zum US-Arbeitsmarkt am Freitag, daraufhin ein Hüpfer der Aktienkurse in den USA und in Europa nach oben, aber die Preise von Gold und Silber reagieren erst einmal negativ. Wie reimt sich das zusammen? Die Antwort ergibt sich aus dem komplexen Zusammenhang von wachsenden Schuldenbergen, Maßnahmen zur Belebung der Konjunktur hüben wie drüben, anhaltenden Versuchen zur Euro-Rettung (nach wie vor mit Griechenland im Fokus) und Investoren, die all das auf ihre Weise mit wechselnder Vorliebe mal für die eine, mal für die andere Anlageklasse quittieren.

Hand aufs Herz, haben Sie sich in letzter Zeit nicht schon häufiger gefragt, warum ausgerechnet das kleine Griechenland immer wieder aufs Neue die Schlagzeilen der Wirtschaftsmedien bestimmt? In meiner Kolumne bei wiwo.de vom vergangenen Donnerstag habe ich eine ausführliche Antwort zu geben versucht. Falls Sie den entscheidenden Satz daraus haben wollen, bitteschön: "Schuldet jemand eine Million Euro, hat er ein Problem; schuldet er dagegen hundert Millionen, hat die Bank ein Problem - im Fall Griechenland mit dem Unterschied, dass hier nicht Millionen im Spiel sind, sondern ein Betrag irgendwo zwischen 350 und 400 Milliarden Euro.“

Die Problemlösung wird dadurch erschwert, dass es viele Griechenland-Gläubiger mit divergierenden Interessen gibt, dass außer den Ratingagenturen auch der Internationale Währungsfonds ständig dazwischenfunkt und dass Griechenland indirekt andere Euro-Länder infizieren kann; Portugal ist diesbezüglich ja auch schon in den Schlagzeilen. All die Gläubiger werden sich nie und nimmer einig, also wird weiter gewurstelt, und der griechische Finanzminister verlangt sogar den Forderungsverzicht der Gläubiger - siehe oben: Die Banken, in diesem Fall also nicht nur eine, haben ein Problem.

Derweil ignorieren Börsianer zumindest vorläufig das ganze Chaos und schicken die Aktienkurse nach oben. In der Eurozone vor allem die deutschen, weil die hiesigen Unternehmen jetzt die Früchte ihrer Strategie ernten, in deren Gefolge jedoch auch die Aktienkurse der Eurozone insgesamt. Ein Widerspruch? Nicht unbedingt, denn institutionelle Anleger richten ihr Augenmerk zurzeit primär auf die guten fundamentalen Daten der Unternehmen und kümmern sich zwischenzeitlich weniger um das Staatsschulden- oder Rezessionsproblem. Und zwar so lange, bis ihnen diese Probleme doch nicht so geheuer vorkommen und sie wieder Abstand von Aktien nehmen. Kurzum, die daraus resultierenden starken mittelfristigen Schwankungen der Aktienkurse werden uns bis auf Weiteres begleiten.

Die Helaba (Landesbank Hessen-Thüringen) hat soeben ein aufschlussreiches Tableau mit den Ergebnissen von sieben verschiedenen Anlageklassen zwischen 2004 bis 2011 veröffentlicht. Daraus ergibt sich zum Beispiel, dass deutsche und Eurozone-Aktien seit 2007 (damals waren die deutschen siegreich) nur noch mittlere bis hintere Plätze einnahmen. Folgerichtig, weil deutsche Unternehmen im Durchschnitt besser wirtschaften als die der Eurozone, belegten Eurozone-Aktien im untersuchten Zeitraum immer Plätze hinter deutschen Aktien; 2008, 2010 und 2011 reichte es für sie hinter den deutschen nur noch zur roten Laterne. Wenn sich jetzt also beide Aktienkategorien eines größeren Zuspruchs erfreuen, dann auch wegen des Nachholbedarfs.

Rohstoffe, gemessen am CRB-Rohstoffindex, sind in dem Tableau drei Mal in der Mitte, ein Mal an dritter, drei Mal an zweiter und ein Mal (2010) an erster Stelle platziert. Nach überschlägiger Rechnung haben Edelmetalle ähnlich abgeschnitten. Alles in allem ist die Entwicklung der Rohstoffe und der Edelmetalle über die Jahre stetiger als die der Aktien, und das, obwohl besonders die Rohstoffpreise im Allgemeinen und die Silberpreise im Besonderen kurz- und mittelfristig starke Schwankungen aufweisen.

In jüngster Zeit ist eine gewisse Stetigkeit besonders beim Goldpreis zu beobachten: Steigt er, dann im Vergleich zu Aktienindizes ohne hektische Sprünge. Geht er vorübergehend zurück, fangen Anleger ihn immer wieder auf. Beides hat viel mit den Kräften zu tun, die auf ihn einwirken: Nach jedem Anstieg wird er durch Gewinnmitnahmen kurzfristig orientierter Spekulanten gebremst, nach jedem Rückgang steigen mittel- bis langfristig agierende Anleger ein.

Letzteres aus zwei Gründen: Zum einen, weil Gold in den meisten großen Portfolios immer noch untergewichtet ist, zum anderen, weil die auf Nullzinsen – folglich auf negative Realzinsen - ausgerichtete Politik der Europäischen Zentralbank und vor allem der Fed in den USA Gold weiterhin attraktiv macht. Das heißt, viele Anleger kaufen das Edelmetall in der Erwartung, dass sein Preisanstieg die Kaufkraftverluste aus negativen Realzinsen kompensiert. Diese Vorgehensweise beruht natürlich auf einer spekulativen Überlegung, doch sie ist sinnvoller als der Kauf von Anleihen mit mickrigen Renditen und demzufolge negativen Realzinsen.

Wie steht es um Aktien, die auf gewisse Weise ja mit dem Gold um die Gunst der Anleger konkurrieren? Klare Antwort: Solange Anleger davon ausgehen, dass Zinsen nahe Null in Verbindung mit positiven Konjunkturaussichten die Aktienkurse nach oben treiben, bleiben sie auf der Käuferseite. Droht aber eine Rezession, trennen sie sich sofort von einem großen Teil ihrer Aktienbestände. Daraus folgt die für die Mehrzahl der Aktien typische Volatilität.

Dass immer noch Rezessionsgefahr besteht, ist nicht von der Hand zu weisen. Setzt man diesen Gedanken fort, drängt sich die Frage auf: Was unternehmen die Zentralbanken, falls ihre Zinspolitik mit der Null vor dem Komma keine Früchte trägt? Fed-Chef Ben Bernanke hat die Antwort bereits gegeben: Er will weiter an der Null festhalten. Aber verpufft dann nicht deren Effekt? Diese Gefahr besteht durchaus.

Insofern ist es ratsam, Aktien und Gold laufend zu verfolgen. Steigen die Aktienkurse in den kommenden Monaten weiter, signalisieren sie, dass die Rezessionsgefahr abnimmt. Tendieren sie seitwärts, sind die Anleger in puncto Rezession unsicher. Fallen sie, naht die Rezession. Im ersten Fall dürfte sich der Goldpreis ähnlich wie in den vergangenen Wochen mit den Aktienkursen nach oben entwickeln, allerdings ohne Schwung. Im zweiten und dritten Fall dürfte er die Aktienkurse outperformen, vorausgesetzt, es droht nicht schon wieder ein Desaster wie nach der Lehman-Pleite im Herbst 2008, als Anleger sich von allem trennten, nur um liquide zu bleiben. Doch das werden die Zentralbanken mit so unglaublichen Mengen an frischem Geld zu verhindern wissen, dass der Goldpreis dann geradezu in die Höhe schießen dürfte.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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