Ist der Euro im Eimer?
15.02.2010 | John Browne
Das europäische Experiment einer transnationalen Währung hat seine erste Feuerprobe zu bestehen. Der heutige Brennpunkt ist Griechenland, wo, sollte es zu keinen Interventionen von außen kommen, ein Schuldenausfall anzustehen scheint. Auch wenn viele Kommentatoren wegen der unmittelbar präsenten Krise aufkreischen, als sei sie das Ende der Welt, möchte ich lieber wieder einen Schritt zurücktreten und einen geschichtlichen Rückblick auf sowie einen Blick in die Zukunft des Euro und seiner Mutter, der europäischen Union, werfen.
Die Einführung des Euros war ein wichtiger Meilenstein in einem sechzigjährigen Prozess der europäischen Föderalisierung. Ökonomische Erwägungen hatten hier schon immer Vorrang gehabt - von der Angleichung der Zölle über eine Freihandelszone bis hin zu einer Zollunion. Und dennoch wurde die Einführung einer paneuropäischen Fiat-Währung sowie Zentralbank, welche nicht auf einem vereinigten politischen Apparat gründen, immer als risikoreicher Schritt erachtet.
Seit seiner Einführung hat der Euro alle Erwartungen übertroffen, er etablierte sich als sekundäre Weltreservewährung und als zweitmeist gehandelte Währung nach dem US-Dollar. Aufgrund dieser kometenhaften Einführung wurde der Euro auch schon als neue primäre Weltreservewährung anstelle des US-Dollars vorgeschlagen. Doch wegen der ungewöhnlichen Basis des Euros ergeben sich Risiken, die den meisten Investoren nicht geläufig sind.
Der Euro wurde im Wesentlichen als Druckmittel geschaffen, um eine vollständige politische Union Europas voranzutreiben und weniger als Währung, die als Bestätigung einer ohnehin schon vereinten Wirtschaft gelten sollte - so wie es beim US-Dollar der Fall war. Jean Monnet, einer der Gründungsväter der EU, soll Folgendes gesagt haben: "Europas Nationen sollen in Richtung eines Superstaats geführt werden, ohne dass die Menschen verstehen, was eigentlich vor sich geht. Dieses Ziel kann Schritt für Schritt erreicht werden, vordergründig scheint jeder Schritt nur einem wirtschaftlichen Zweck zu dienen, zusammen werden sie jedoch unaufhaltsam und unumkehrbar zur Förderation führen."
Unter den politischen Klassen der Mitgliedsländer hat diese Währung im Großen und Ganzen erfolgreich zur Entstehung eines europäisch-föderalen Willens beigetragen. Seit 2005 haben die Staatbürger allerdings wieder und wieder für eine Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit ihrer Länder gestimmt.
Die Mischung aus angespannten Kreditmärkten und einer hohen Schuldenstandsquote ließen die Anleiherenditen jener EU-Mitglieder in die Höhe schnellen, die zusammen unter der Bezeichnung PIGS (Portugal, Irland, Griechenland und Spanien) bekannt sind. In der Folge sieht sich Griechenland jetzt akut von einem offiziellen Schuldenausfall bedroht. Da eine politische Union nie durchgesetzt wurde, kann Griechenland nicht gezwungen werden, sein Budget drastisch zu kürzen, es kann jedoch auch nicht davon ausgehen, dass die Union den fiskalen Zusammenbruch des Landes abwenden wird.
Das erklärt auch, warum Investoren kurzfristige Trades aus dem Euro zugunsten des US-Dollars machen. Zwar liegt die Schuldenstandsquote Griechenlands in etwa genauso hoch wie die Kaliforniens im Jahr 2009, im Fall Kaliforniens kommt jedoch die implizite Garantie (die allerdings noch nie gewährleistet werden musste) zum Tragen: Die Regierung der USA wird im Fall eines Schuldenausfalls eingreifen. Die EU bietet ihren Mitgliedsstaaten allerdings keine solchen Stützungsmaßnahmen. Genaugenommen stammen die Fragen, inwieweit direkte EZB- oder EU-Hilfen für Griechenland überhaupt mit geltendem Recht vereinbar sind, jüngst vom primus inter pares der EU-Mitglieder - Deutschland.
Zwar gehen viele davon aus, dass entweder Deutschland oder eine sich zu diesem Zweck findende Gruppe europäischer Staaten, oder auch der IWF, Griechenland eine Nothilfe verschaffen wird, diese Entscheidung wäre jedoch nur eine vorübergehende Behelfslösung und kein politischer Präzedenzfall. Dieser Schritt würde mehr Fragen aufwerfen als Antworten geben. Wirft man Griechenland den Rettungsring hin, was würde dann mit Portugal und schließlich Spanien passieren, wenn sie ebenfalls berücksichtigt werden wollen? Wird Griechenland der Ausschluss aus der Eurozone auch dann erspart bleiben, wenn der griechische Staat die zur Wiederherstellung der Solvenz notwenigen Sparmaßnahmen nicht unternimmt? Und wie würde man diese Nachricht in Irland aufnehmen, wo man sich, anstatt auf einen Bailout zu warten, für drastische Budgeteinschnitte entschieden hat?
Diese Probleme kommen nicht aus heiterem Himmel. Bei der Durchsetzung ihrer politischen Agenda blendeten die Architekten des Euros gewollt die historische Trennung zwischen den nordischen Ökonomien (welche niedrige Inflation und fiskale Disziplin praktizierten) und den Ökonomien des Mittelmeerraums (hohe Schulden, Easy-Money-Ökonomien) aus. Obgleich es strikte wirtschaftliche, monetäre und budgetäre Kriterien für den Beitritt zum Währungsgebiet gab, so muss man fasst unterstellen, dass deren Durchsetzung lax gehandhabt oder die Zahlen frisiert wurden. Immerhin rutschten die Bilanzen der südlichen Staaten tief in die roten Zahlen ab, kurz nachdem man ihren Beitritt zur Union akzeptierte hatte. Jetzt ist es allerdings so, dass die EZB die Monetisierung ihrer Schulden verhindert.
Wir sehen also gerade die Konsequenzen dieses inhärenten Widerspruchs.
Sollte die EU zu einer "Bailout-Union" werden, einer Freizone, in der die finanziellen Ansprüche Griechenlands von deutschen Steuerzahlern garantiert werden, dann wird sich der Euro stabilisieren, da auch die Verunsicherung der Investoren abnehmen wird. Allerdings wird sich die Union damit auf den Weg des monetären Zusammenbruchs einschießen - einen Weg, den der US-Dollar gerade beschreitet.
Sollte Griechenland mit den Konsequenzen des eigenen verschwenderischen Umgangs selbst zurechtkommen müssen, so wird auch die Integrität des Euros gerettet. Der springende Punkt in diesem Szenario ist die Frage, ob Griechenland im Fall der Zahlungsunfähigkeit die Union verlassen wird. Wenn ja, dann könnte es passieren, dass die schwächeren Wirtschaften eine nach der anderen ausscheiden werden, bis Europa zu einem System nationaler Währungen zurückgekehrt ist - wobei vielleicht ein Rumpf-Euro Bestand hätte, der den nordischen Block umfasst. Sollte Griechenland zahlungsunfähig werden aber im Block bleiben, so wird der kurzfristige Schock weichen und erneutes Vertrauen in den Euro als beständige Reservewährung Einzug halten.
Die Zukunft der EU hat gerade einen schweren Test zu bestehen, was übrigens auch für das Vermögen jener Investoren gilt, die aus Gründen der Investmentdiversifikation in den Euro investiert haben. Diese Krise wird die EU-Mitgliedsstaaten aller Wahrscheinlichkeit nach in einen verdeckten politischen Kampf um die Zukunft Europas ziehen. Da es in dieser Schlacht Höhen und Tiefen geben wird, werden auch der Euro und der US-Dollar mit starker Volatilität zu kämpfen haben. Diejenigen von uns, die im Sicheren Hafen Gold geparkt haben, könnten im starken Maße von diesen transatlantischen Turbulenzen profitieren.
© John Browne
Senior Market Strategist
Der Artikel wurde am 10.02.10 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
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Die Einführung des Euros war ein wichtiger Meilenstein in einem sechzigjährigen Prozess der europäischen Föderalisierung. Ökonomische Erwägungen hatten hier schon immer Vorrang gehabt - von der Angleichung der Zölle über eine Freihandelszone bis hin zu einer Zollunion. Und dennoch wurde die Einführung einer paneuropäischen Fiat-Währung sowie Zentralbank, welche nicht auf einem vereinigten politischen Apparat gründen, immer als risikoreicher Schritt erachtet.
Seit seiner Einführung hat der Euro alle Erwartungen übertroffen, er etablierte sich als sekundäre Weltreservewährung und als zweitmeist gehandelte Währung nach dem US-Dollar. Aufgrund dieser kometenhaften Einführung wurde der Euro auch schon als neue primäre Weltreservewährung anstelle des US-Dollars vorgeschlagen. Doch wegen der ungewöhnlichen Basis des Euros ergeben sich Risiken, die den meisten Investoren nicht geläufig sind.
Der Euro wurde im Wesentlichen als Druckmittel geschaffen, um eine vollständige politische Union Europas voranzutreiben und weniger als Währung, die als Bestätigung einer ohnehin schon vereinten Wirtschaft gelten sollte - so wie es beim US-Dollar der Fall war. Jean Monnet, einer der Gründungsväter der EU, soll Folgendes gesagt haben: "Europas Nationen sollen in Richtung eines Superstaats geführt werden, ohne dass die Menschen verstehen, was eigentlich vor sich geht. Dieses Ziel kann Schritt für Schritt erreicht werden, vordergründig scheint jeder Schritt nur einem wirtschaftlichen Zweck zu dienen, zusammen werden sie jedoch unaufhaltsam und unumkehrbar zur Förderation führen."
Unter den politischen Klassen der Mitgliedsländer hat diese Währung im Großen und Ganzen erfolgreich zur Entstehung eines europäisch-föderalen Willens beigetragen. Seit 2005 haben die Staatbürger allerdings wieder und wieder für eine Aufrechterhaltung der Unabhängigkeit ihrer Länder gestimmt.
Die Mischung aus angespannten Kreditmärkten und einer hohen Schuldenstandsquote ließen die Anleiherenditen jener EU-Mitglieder in die Höhe schnellen, die zusammen unter der Bezeichnung PIGS (Portugal, Irland, Griechenland und Spanien) bekannt sind. In der Folge sieht sich Griechenland jetzt akut von einem offiziellen Schuldenausfall bedroht. Da eine politische Union nie durchgesetzt wurde, kann Griechenland nicht gezwungen werden, sein Budget drastisch zu kürzen, es kann jedoch auch nicht davon ausgehen, dass die Union den fiskalen Zusammenbruch des Landes abwenden wird.
Das erklärt auch, warum Investoren kurzfristige Trades aus dem Euro zugunsten des US-Dollars machen. Zwar liegt die Schuldenstandsquote Griechenlands in etwa genauso hoch wie die Kaliforniens im Jahr 2009, im Fall Kaliforniens kommt jedoch die implizite Garantie (die allerdings noch nie gewährleistet werden musste) zum Tragen: Die Regierung der USA wird im Fall eines Schuldenausfalls eingreifen. Die EU bietet ihren Mitgliedsstaaten allerdings keine solchen Stützungsmaßnahmen. Genaugenommen stammen die Fragen, inwieweit direkte EZB- oder EU-Hilfen für Griechenland überhaupt mit geltendem Recht vereinbar sind, jüngst vom primus inter pares der EU-Mitglieder - Deutschland.
Zwar gehen viele davon aus, dass entweder Deutschland oder eine sich zu diesem Zweck findende Gruppe europäischer Staaten, oder auch der IWF, Griechenland eine Nothilfe verschaffen wird, diese Entscheidung wäre jedoch nur eine vorübergehende Behelfslösung und kein politischer Präzedenzfall. Dieser Schritt würde mehr Fragen aufwerfen als Antworten geben. Wirft man Griechenland den Rettungsring hin, was würde dann mit Portugal und schließlich Spanien passieren, wenn sie ebenfalls berücksichtigt werden wollen? Wird Griechenland der Ausschluss aus der Eurozone auch dann erspart bleiben, wenn der griechische Staat die zur Wiederherstellung der Solvenz notwenigen Sparmaßnahmen nicht unternimmt? Und wie würde man diese Nachricht in Irland aufnehmen, wo man sich, anstatt auf einen Bailout zu warten, für drastische Budgeteinschnitte entschieden hat?
Diese Probleme kommen nicht aus heiterem Himmel. Bei der Durchsetzung ihrer politischen Agenda blendeten die Architekten des Euros gewollt die historische Trennung zwischen den nordischen Ökonomien (welche niedrige Inflation und fiskale Disziplin praktizierten) und den Ökonomien des Mittelmeerraums (hohe Schulden, Easy-Money-Ökonomien) aus. Obgleich es strikte wirtschaftliche, monetäre und budgetäre Kriterien für den Beitritt zum Währungsgebiet gab, so muss man fasst unterstellen, dass deren Durchsetzung lax gehandhabt oder die Zahlen frisiert wurden. Immerhin rutschten die Bilanzen der südlichen Staaten tief in die roten Zahlen ab, kurz nachdem man ihren Beitritt zur Union akzeptierte hatte. Jetzt ist es allerdings so, dass die EZB die Monetisierung ihrer Schulden verhindert.
Wir sehen also gerade die Konsequenzen dieses inhärenten Widerspruchs.
Sollte die EU zu einer "Bailout-Union" werden, einer Freizone, in der die finanziellen Ansprüche Griechenlands von deutschen Steuerzahlern garantiert werden, dann wird sich der Euro stabilisieren, da auch die Verunsicherung der Investoren abnehmen wird. Allerdings wird sich die Union damit auf den Weg des monetären Zusammenbruchs einschießen - einen Weg, den der US-Dollar gerade beschreitet.
Sollte Griechenland mit den Konsequenzen des eigenen verschwenderischen Umgangs selbst zurechtkommen müssen, so wird auch die Integrität des Euros gerettet. Der springende Punkt in diesem Szenario ist die Frage, ob Griechenland im Fall der Zahlungsunfähigkeit die Union verlassen wird. Wenn ja, dann könnte es passieren, dass die schwächeren Wirtschaften eine nach der anderen ausscheiden werden, bis Europa zu einem System nationaler Währungen zurückgekehrt ist - wobei vielleicht ein Rumpf-Euro Bestand hätte, der den nordischen Block umfasst. Sollte Griechenland zahlungsunfähig werden aber im Block bleiben, so wird der kurzfristige Schock weichen und erneutes Vertrauen in den Euro als beständige Reservewährung Einzug halten.
Die Zukunft der EU hat gerade einen schweren Test zu bestehen, was übrigens auch für das Vermögen jener Investoren gilt, die aus Gründen der Investmentdiversifikation in den Euro investiert haben. Diese Krise wird die EU-Mitgliedsstaaten aller Wahrscheinlichkeit nach in einen verdeckten politischen Kampf um die Zukunft Europas ziehen. Da es in dieser Schlacht Höhen und Tiefen geben wird, werden auch der Euro und der US-Dollar mit starker Volatilität zu kämpfen haben. Diejenigen von uns, die im Sicheren Hafen Gold geparkt haben, könnten im starken Maße von diesen transatlantischen Turbulenzen profitieren.
© John Browne
Senior Market Strategist
Der Artikel wurde am 10.02.10 auf www.safehaven.com veröffentlicht und exklusiv für GoldSeiten übersetzt.
Für eine weiterführende Analyse unserer Finanzprobleme und der damit einhergehenden Gefahren für die US-Wirtschaft und Investitionen in US$, lesen Sie Peter Schiffs Bestseller "How to Profit from the Coming Economic Collapse." aus dem Jahr 2008 und seine Neuerscheinung "Crash Proof 2.0: How to Profit from the Economic Collapse."
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