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Wenn die Anleihenblase platzt ...

12.02.2012  |  Manfred Gburek
Eigentlich wollte ich heute das Thema Griechenland ausklammern, weil Sie über die Medien praktisch minütlich mit ihm konfrontiert werden. Bis mir wieder einmal einfiel, dass dieses Land ja Teil einer gigantischen Blase ist, der Staatsschuldenblase, und die wird speziell in Deutschland viel schneller platzen, als den meisten Anlegern bewusst ist. Die letzten Blasen, an die Sie sich bestimmt noch erinnern, gab es bei Aktien um die Jahrtausendwende und bei US-Eigenheimen bis 2007. Jede Blase platzt irgendwann, auch die aktuelle bei den Staatsschulden. Der Knalleffekt: Es besteht höchste Gefahr, dass ausgerechnet deutsche Bundesanleihen, die bis jetzt als Hort der Sicherheit gelten, davon stark betroffen sein könnten und so zu erheblichen Turbulenzen auch bei anderen Anlagen führen würden.

Der Reihe nach. Eine Blase entsteht, wenn der Preis einer Ware, eines Wertpapiers, einer Immobilie usw. immer mehr von ihrem Wert nach oben abweicht. Zwar sind Werte ebenso wie Preise flexible Größen, aber sie bewegen sich stets in einem gewissen Rahmen, während Preise theoretisch bis ins Unendliche steigen können. Nun sind Staatsschulden als solche keine Preise, sondern nur Verbindlichkeiten, denen Forderungen von Gläubigern gegenüberstehen. Doch solche Forderungen sind mit direkten und indirekten Krediten verbunden, und die indirekten sind nichts anderes als Anleihen aller Art. Eben auch Bundesanleihen, deren Kurse, also Preise, bis vor kurzem ein geradezu erschreckend hohes Niveau erreicht haben.

Dieses Niveau ließe sich halten, falls im Euro-Raum alles beim Alten bliebe. Aber die Zeiten ändern sich. Zunächst ist festzustellen, dass Bundesanleihen ihren Sonderstatus zu einem erheblichen Teil dem Umstand zu verdanken haben, dass Deutschland weniger verschuldet ist als die meisten anderen Euro-Länder, dass es sich folglich nicht um einen absoluten, sondern nur um einen relativen Vorteil handelt.

Der ist besonders gut zu erkennen, wenn man zum Beispiel eine Grafik betrachtet, in der die Spreads (Abweichungen) der Renditen von Anleihen anderer Euro-Länder und der Renditen von Bundesanleihen abgetragen sind. Diese Spreads waren etwa von 2001 bis 2008 sehr gering und zum Teil gar nicht vorhanden. Danach dehnten sie sich immer weiter aus. Dass sie auf das alte Niveau zurückfallen, ist wegen der steigenden Verschuldung der schwachen Euro-Länder ausgeschlossen. Dass es bei ihrer aktuellen Höhe bleibt, allerdings auch, weil ein gemeinsamer Euro-Währungsmarkt sich damit nicht verträgt.

Was also ist zu erwarten? Markus Mezger, führender Kopf von Tiberius Asset Management, hat dazu schon vor einigen Monaten die passende Antwort gegeben: Deutsche Kreditgarantien seien beachtlich, die mittelbaren Haftungsrisiken auf dem Umweg über den Rettungsfonds EFSF, über Staatsanleihenkäufe der Europäischen Zentralbank und über Bundesbank-Notenbankkredite ebenfalls. Allein diese Haftungsrisiken haben nach den Berechnungen von Mezger bereits im vergangenen Jahr den stolzen Betrag von über 700 Milliarden Euro erreicht. Falls Deutschland für sie aufkommen muss, ist die Top-Bonität dahin und der Weg für die Kurse von Bundesanleihen in den Keller frei. Oder bezogen auf deren Renditen: Aufwärts, und zwar dort hin, wo sich schon die Renditen hoch verschuldeter Euro-Länder befinden.

Aber warum haben internationale Anleger den Kursen der Bundesanleihen bis zuletzt einen so starken Schub verliehen? Weil sie deren relativen Vorteil gesehen haben (siehe oben). Sobald sich dieser Vorteil im Zuge der Einlösung der deutschen Kreditgarantien in nichts auflöst, werden Anleger in Scharen aus dem deutschen Anleihenmarkt fliehen.

Davon werden ohne Zweifel auch die - nicht allein deutschen - Aktienkurse betroffen sein, allerdings nur für eine überschaubare Zeit von wenigen Monaten, vielleicht sogar nur Wochen. Das hat, abgesehen von dem in solchen Fällen üblichen Schock, mit der gegenseitigen Abhängigkeit der Aktien und Anleihen zu tun, die sich unter anderem in den Renditen manifestiert: Steigen die Renditen von Anleihen, erscheinen sie - vorausgesetzt, ihre Schuldner stehen nicht kurz vor der Pleite - günstiger als die Dividendenrenditen der Aktien. Die unmittelbare Folge: Die Aktienkurse fallen, sodass die Dividendenrenditen rein rechnerisch steigen und sich damit den höheren Anleihenrenditen anpassen.

Spannende Frage: Wie verhält sich Gold und mit ihm Silber in so einer Phase? Sein Preis wird in größerem Maß nur dann negativ betroffen sein, wenn es zu einer allgemeinen Liquiditätskrise wie im Herbst 2008 kommen sollte. Doch das ist unwahrscheinlich, weil alle Verantwortlichen in der Politik, in den Zentralbanken und internationalen Gremien aus der damaligen Krise gelernt haben und sofort mit aller Macht, mit Geld und neuen Staatsschulden gegensteuern werden. Folglich wird die Entwicklung dieses Mal anderes verlaufen als 2008.

Aber wie? Auf der Suche nach einer plausiblen Antwort bin ich zwar auf viele interessante Statistiken, fundierte Analysen und gescheite Meinungsäußerungen gestoßen, aber letzten Endes immer wieder bei den Charts gelandet. Die sagen Folgendes aus: Seit dem vergangenen Sommer bilden die Preise von Gold und Silber Formationen aus, die noch nicht abgeschlossen sind und auf zwei Alternativen hinauslaufen: 1. Würde man die Kurven glätten, erhielte man charttechnisch formuliert den ersten Teil einer Untertasse, deren zweiter Teil sich indes noch in den kommenden Monaten ausbilden müsste. 2. Oder man interpretiert die seit Sommer 2011 leicht abwärts gerichteten Preise charttechnisch als Kanal, aus dem der Ausbruch noch nicht erfolgt ist.

Beide Alternativen sind realistisch, und sobald der Preis beim Gold wie beim Silber aus der Untertasse oder aus dem Abwärtskanal nach oben ausbrechen sollte, ergäbe sich ein großes Preispotenzial über die bisherigen Höchststände vom Sommer 2011 hinaus. Noch ist es aber nicht so weit, sodass Käufe oder Nachkäufe sich bis auf Weiteres nur in zwischenzeitlichen Schwächephasen der Preise empfehlen. Das Ganze ist für Halter und für potenzielle Käufer ein Geduldsspiel.

Aber kann es nicht auch anders kommen, etwa indem die Preise nach unten ausbrechen? Nicht, solange die internationale Schuldenorgie anhält. Eher purzeln die deutschen Anleihenkurse in die Tiefe und nehmen für Wochen oder Monate die Aktienkurse nach unten mit. Danach wird viel davon abhängen, wie attraktiv den internationalen Großanlegern Aktien im Vergleich zu Edelmetallen erscheinen. Ich bin fest überzeugt, dass sie im Wechsel beide so lange favorisieren werden, bis Ruhe an der Schuldenfront einkehrt. Also ziemlich lange.


© Manfred Gburek
www.gburek.eu

Herr Gburek ist Fachjournalist und Buchautor. Seine letzten Werke waren: "Das Goldbuch" (2005), das Wörterbuch "Geld und Gold klipp und klar von A bis Z" (2007) und "Die 382 dümmsten Sprüche der Banker" (2008).



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