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Euro unter Beschuss - Fed strafft Geldpolitik

20.02.2010  |  Klaus Singer
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Passend zur Diskussion über Staatsschulden kommt wieder das Thema "Inflation" auf. Nach Ansicht des Chefs der Fed von Kansas City und dem in diesem Jahr stimmberechtigten FOMC-Mitglied, Thomas Hoenig, kann die Fed in einem Umfeld steigender Staatsverschuldung ihre beiden Zielvorgaben, Preisstabilität und ein nachhaltiges Wachstum zu sichern, nicht erfüllen. Hohe Schulden würden die Politiker dazu verleiten, die Fed zum Anwerfen der Notenpresse zu drängen, das gefährde ihre Unabhängigkeit. Der Fokus der Politik müsse auf der Vermeidung weiterer Schulden liegen, statt dessen steuern die USA im laufenden Haushaltsjahr auf ihr höchstes Defizit seit dem Zweiten Weltkrieg zu. Historisch betrachtet habe eine derartige Politik zu steigender Inflation geführt, betont Hoenig.

IWF-Chefvolkswirt Blanchard rät da gleich, die Notenbanken sollten ihr Inflationsziel von zwei auf vier Prozent verdoppeln. Höhere Inflationsraten sollten gezielt angestrebt werden, um den Spielraum für die Geldpolitik im Fall von Schocks zu erhöhen. Die seien ausgehend vom Finanzsektor möglich oder auch als Folge einer Pandemie oder eines Terroranschlags auf ein wichtiges Finanzzentrum denkbar.

Und laut Kenneth Rogoff müssten die USA die Steuern um bis zu 50 Prozent erhöhen, um den Staatshaushalt halbwegs zu sanieren. Das sei aber politisch nicht durchsetzbar und so dürfte die Regierung bestrebt sein, mittels hoher Inflationsrate die Schuldenlast zu entwerten.

Da kommen die jüngsten Inflationsdaten wie gerufen: Die US-Erzeugerpreise sind im Januar um 1,4% gestiegen. Erwartet wurde ein Anstieg im Bereich von 0,8 bis 0,9% nach plus 0,4% im Vormonat. Auch in der Euro-Zone wurde ein überraschend hoher Anstieg der Produzentenpreise gemeldet. Die Verbraucherpreise sind im Jan hingegen nur um 0,2 % gestiegen, die Kernrate sogar unerwartet um 0,1% gefallen.

Die Fed hat zur Krisenbewältigung rund eine Billion Dollar in die amerikanische Finanzindustrie gepumpt. Preistreibend beginnt das erst dann zu wirken, wenn die Geldmenge in den Gütersektor schwappt. Die Fed hatte es unter Greenspan nach 2001 mit dem "Trick" der billigen Hypothekenkredite geschafft, Liquidität aus dem Finanzsektor in den Realsektor zu schleusen. Dieser Trick ist verbraucht. Zusätzlich befindet sich die Wirtschaft bestenfalls auf Erholungskurs von den Panik-Tiefs 2008/2009 und die Verbraucher sind immer noch hoch verschuldet. Da ist der Spielraum für "Geldmengen-Transfers" und deren Auswirkung auf die Preise beschränkt.

In Zusammenhang mit Inflation spielen TBonds (lange Zinsen) und Gold als Zeiger eine wichtige Rolle. Aktien profitieren gewöhnlich, weil sie als dingliche Werte gelten und damit als Schutz vor Geldentwertung. Das gilt zumindest so lange, so lange die Inflation sich gemäßigt entwickelt.

Kommen wir zum anderen Teil der Erklärung der Euro-Schwäche, dem Thema "Zinsdifferential". Die Fed hat gestern nach Börsenschluss angekündigt, den Diskontsatz sofort von 0,5 auf 0,75% zu erhöhen. Zur Begründung wird auf die Normalisierung der finanz- und realwirtschaftlichen Verhältnisse verwiesen. Der Schritt kam zwar überraschend, aber es war seit Dezember 2009 zu erwarten, dass die Geldpolitik der Fed gestrafft wird. Ich hatte dies hier schon erörtert - schön zu sehen am Kursverlauf eines ETF auf die effektive Fed Funds Rate. Äußerst interessant auch, dass unmittelbar nach Bekanntwerden der Entscheidung der Dollar gegen den Yen aus einer kurzfristigen Konsolidierung nach oben ausbrach - hier wird die Liquiditätsbeschaffung umgestellt auf Yen-Carry-Trades (siehe Chart!).

Auch wenn sich die Aktionäre durch den Schritt der Fed, den Diskontsatz zu erhöhen, kurzfristig verschreckt zeigten: Die Rahmenbedingungen für weitere Kursavancen sind gut. Nachdem sich in den vergangenen Tage schon eine Short-Squeeze manifestierte (siehe Chart!), die fast immer am Anfang einer bullischen Bewegung steht, ist gestern auch die Volumenverteilung im S&P 500 von Distribution auf Akkumulation umgesprungen (siehe Chart!). Die fraktalen Oszillatoren der TimePatternAnalysis zeigen zügigen Abbau kontraktiver, gepaart mit dem Ausbau expansiver Positionen (siehe Chart!). Zunächst dürfte das Ziel im S&P 500 bei rund 1125 liegen, der Mitte der Kursspanne zwischen dem Tief aus März 2009 und dem Hoch aus Oktober 2007. Diese Zone konnte im Januar nur zeitweilig überwunden werden, jetzt stehen die Chancen besser, hier durchzubrechen.

Ein Gutes hat die Euro-Schwäche: Die Konkurrenzsituation europäischer Exporteure verbessert sich. Das dürfte die innere Wachstumsschwäche zumindest zum Teil ausgleichen und den notleidenden Staatssäckeln ein paar Euro an Steuergeldern bescheren. Es sei denn, eine Steuerreform steht dagegen...

Erwähnte Charts können über diesen Link eingesehen werden: www.timepatternanalysis.de/comments/MB20100219.html


© Klaus G. Singer
www.timepatternanalysis.de










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