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Griechenland: Vor der Staatspleite?

25.02.2010  |  Redaktion
Seit einigen Wochen dominiert das Thema "Staatsbankrott" alle anderen Nachrichten, die normalerweise die Kapitalmärkte bewegen. Anleger befürchten, dass nach der Pleite der US-Investmentbank Lehman Brothers im Herbst 2008 der nächste "große Unfall" droht, der das internationale Banken- und Finanzsystem in seinen Grundfesten erschüttern könnte. Schon seit dem Sommer 2009 ist zu beobachten, dass sich die Risikoprämien für bestimmte Staatsanleihen deutlich ausgeweitete haben. In der Sprache der Finanzmärkte ist von der zunehmenden Ausfallwahrscheinlichkeit der "PIGS", also Portugals, Irlands, Griechenlands und Spaniens die Rede (oder alternativ auch der PIIGS, wenn man zudem Italien in den Kreis der gefährdeten Länder aufnimmt).

All diese Länder zeichnet aus, dass die Wirtschaftskrise zu einem im europäischen Vergleich überdurchschnittlich starken Anstieg der Budgetdefizite und der Schuldenstandsquoten geführt hat. Gründe hierfür sind die expansiven Fiskalpolitik sowie die umfangreichen staatlichen Garantien und Bürgschaften, die diese Länder in den vergangenen Monaten gegeben haben. Die dauerhafte Tragfähigkeit der öffentlichen Finanzen scheint also ernsthaft gefährdet zu sein.

Im Falle Griechenlands kommt erschwerend hinzu, dass die Finanzmärkte das Vertrauen in die griechische Finanzpolitik verloren haben, nachdem das Land in den vergangenen Jahren mehrmals fehlerhafte Angaben zur öffentlichen Verschuldung gemacht hat. Auch der Eintritt in die Europäische Währungsunion gelang nur mittels manipulierter und falscher Daten. Obwohl die Regierung in Athen vor Kurzem angekündigt hat, Maßnahmen zu ergreifen, um die öffentlichen Ausgaben in den nächsten Jahren strikt zu begrenzen und das Haushaltsdefizit von mehr als 12% des Bruttoinlandsproduktes im vergangenen Jahr auf weniger als 3% im Jahr 2012 zu reduzieren, sind die Renditen griechischer Staatsanleihen in den vergangenen Monaten deutlich angestiegen.

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Betrug die Rendite für eine Staatsanleihe mit einer Laufzeit von 10 Jahren im Oktober 2009 noch 4,4%, hatte sich dieser Wert bis Ende Dezember auf fast 6% erhöht, und Ende Januar war die Rendite sogar auf über 7% angestiegen.

Aber wie wahrscheinlich ist es, dass Griechenland Bankrott geht? Die Staatsverschuldung ist mit mehr als 100% des BIP eine der höchsten in Europa, nur Italien weist einen noch ungünstigeren Wert auf. Sollte es Griechenland in den nächsten Jahren nicht gelingen, sein Budgetdefizit auf etwa 3% zu reduzieren, würde die Schuldenquote immer weiter ansteigen. Denn allein die höheren Zinsen, die Anleger verlangen, um griechische Staatsanleihen zu kaufen, führen zu einer höheren Zinslast und damit zu höheren Staatsausgaben. Rückt man die aktuelle Entwicklung in die historische Perspektive, so verliert der scharfe Renditeanstieg der vergangenen Monate etwas an Dramatik.

Zum einen musste der griechische Staat vor dem Eintritt in die Europäische Währungsunion im Jahr 2001 deutlich höhere Zinsen bezahlen als es derzeit der Fall ist, zum anderen ist der Anteil der Zinszahlungen am Bruttoinlandsprodukt von über 12% Mitte der 1990er Jahre auf gut 4% zurückgegangen (zum Vergleich: In Deutschland belaufen sich die Zinsausgaben im Bundeshaushalt auf rund 40 Milliarden Euro, dies entspricht etwa 1,5% des BIPs).

Sollten die Renditen in Griechenland allerdings über einen längeren Zeitraum auf dem höheren Niveau verharren, würde dies in den kommenden Jahren unweigerlich zu einer steigenden Zinsbelastung führen und damit automatisch die übrigen haushaltspolitischen Ausgabemöglichkeiten beschränken.

Derzeit sind die meisten Anleger der Meinung, dass die Staatsschulden in Zukunft immer weiter ansteigen werden. Die Trends der jüngsten Vergangenheit werden also einfach fortgeschrieben. Solche Annahmen haben sich in der Vergangenheit jedoch schon häufig als falsch herausgestellt. Bestes Beispiel: Im Jahr 2000 wurde an den Finanzmärkten die Frage diskutiert, ob es bald keine US-Staatsanleihen mehr geben würde und wie sich eine derartige Entwicklung auf das Zinsniveau auswirken könnte. Schließlich war es der Clinton-Administration einige Jahre in Folge gelungen, einen Haushaltsüberschuss zu erwirtschaften und die Staatsverschuldung der USA deutlich zu reduzieren. Nicht einmal 10 Jahre später hat sich das Vorzeichen dieser Diskussion komplett gedreht.





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